Mülheim. Weil Testen unpragmatisch ist, greifen viele Händler an der Saarner Shoppingmeile auf Click & Collect zurück. Werbegemeinschaft plant Teststation.
Wenn Einzelhändlerin Vera Gebauer eine Zeitschrift verkaufen will, ist das nach wie vor kein Problem. Fragt ein Kunde aber nach Dekorativem, welches das Saarner Geschäft an der Düsseldorfer Straße ebenfalls anbietet, braucht er dafür gleich einen Schnelltest. Ein Raum, zwei Welten, getrennt durch rotweißes Absperrband – das ist der schizophrene Zustand, in dem Gebauer lebt, aber auch mancher Saarner Händler. Eine eigene Teststation für die Einkaufsmeile – das wäre für nicht wenige die Lösung.
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Click & Collect statt Testen, lautet die pragmatische Lösung
Bis es jedoch dazu kommt, haben die meisten Läden hier Konsequenzen gezogen und sind zurückgegangen zum besser kontrollierbaren „Click and Collect“-Verfahren. „Wie soll ich einen Kunden auf Corona testen, wenn ich allein im Geschäft bin?“, fragt sich Gudrun to Baden vom Modegeschäft Aust ganz pragmatisch. Mitarbeiter müsste sie dafür schulen lassen. An der Verlässlichkeit von sogenannten Schnelltests, die ein Händler unter eigener Kontrolle seinen Kunden vor Ort anbieten könnte, hat die Geschäftsfrau ohnehin Zweifel.
Sie greift deshalb auf „Click and Meet“ zurück: Die Kundinnen suchen sich etwas aus und kommen auf Termin ins Geschäft. Auch dabei allerdings müssen sie einen gültigen Negativ-Test vorweisen. Ähnlich ist es auch bei Harders Fashion: „Mit bestätigtem negativen Corona-Test könnt ihr gerne mit einer Terminvereinbarung nach Herzenslust shoppen“, heißt es im Eingang. Im Geschäft sieht man am Donnerstagmittag jedoch keinen Kunden.
Jeans gegen Test? Auch die Kunden sind skeptisch
Die schärferen Corona-Regeln lassen die Laufkundschaft drastisch schwinden. „Dabei lief es vor den Verschärfungen eigentlich gut“, schildert to Baden. Jetzt aber seien viele Stammkunden verunsichert und wissen oft nicht, wo sie sich testen lassen können.
Für Thomas Verhoeven, der am Donnerstagmittag just ein Rezept an der Apotheke abholt, kommt das Testen gegen Shopping ohnehin nicht in Frage: „Ich brauche jetzt nicht unbedingt eine Jeans“, hebt er sich das für die wichtigen Dinge im Leben auf, „Frühstücken mit unserer Tochter. Wir testen, um sie zu schützen, weil sie schwanger ist“. Seine sonstige Strategie: Einkaufen nach 19 Uhr, wenig Kontakte. „Bis das vorbei ist“, sagt er, die Leute seien wegen der Situation ohnehin viel zu aggressiv.
Die dicke Luft bestätigt auch Vera Gebauer: Die Menschen seien eben genervt vom Schlangestehen und der notwendigerweise schnellen Abfertigung in den Geschäften. Ein Pläuschen, wie es früher einfach dazugehörte zum Lottoschein, würden viele vermissen. Zwei Menschen dürfen in den Zeitschriftenladen - wie anderswo auch. „Darf ich schon rein?“, lugt ein Frau vorsichtig durch die Tür. Die Unsicherheit ist groß.
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Werbegemeinschaft plant Teststation am Dorfeingang, aber es fehlen Ehrenamtliche
Erst testen, dann shoppen – eine eigene Teststation mitten im Dorf, das wäre nicht nur gut. Margit Schettler, Geschäftsführerin der Werbegemeinschaft Saarn, arbeitet schon daran. Schnell wollte die Gemeinschaft der Einzelhändler einen Posten am ehemaligen Tengelmann-Laden errichten mit Hilfe des DRK.
Doch mit der Idee ist Schettler nicht allein: „Das Deutsche Rote Kreuz ist derzeit völlig überlastet, es fehlen einfach ehrenamtliche Mitarbeiter, weil sie an so vielen Stellen gebraucht werden“, sagt die Geschäftsführerin. Die Aktion hat die Werbegemeinschaft deshalb nach hinten schieben müssen, obwohl sie hilfreich wäre.
Hohe Nachfrage nach Tests, um Familientreffen ohne Sorge zu ermöglichen
„Es gibt aber einige Hausärzte und Stellen in Saarn, die solche Tests durchführen“, weist Schettler auf Alternativen hin. Allein 13 Adressen hat die Saarner Apotheke an der Düsseldorfer Straße ins Fenster gehängt, allein vier in unmittelbarer Nähe. Draußen warten Menschen geduldig. Nein, einen Test wollen sie nicht. Doch in der Apotheke weiß man, die Nachfrage nach Tests haben zugenommen. Wenn auch nicht fürs Shoppen: Die meisten brauchen sie, um sich an Ostern mit der Familie sorglos treffen zu können.
Und auch das gehöre zur Wahrheit, verrät Margit Schettler: Manche seien mit Click und Collect ganz zufrieden und „nicht scharf darauf“, große Kundenansammlungen im Laden zu haben, aus Sorge vor Ansteckungen.