Mülheim. Das Land hat Corona-Bußgelder im Städtevergleich aufgelistet. Die Summen sind satt sechsstellig. Außer in Mülheim: 7750 Euro. Kein Rechenfehler.

Die Pandemie und die Coronaschutzverordnung bringen Ordnungswidrigkeiten mit sich, die es früher gar nicht gab. Und einen neuen Bußgeldkatalog. So wird beispielsweise ein Verstoß gegen die Maskenpflicht mit 50 Euro geahndet, die Angabe falscher Kontaktdaten mit 250 Euro, das Veranstalten einer Party mit 500 Euro, um nur die kleineren Sünden zu nennen. Für die Städte summiert sich das, könnte man meinen, und bessert die Kasse auf. Doch für Mülheim gilt das nicht.

Mülheim rangiert bei den Bußgeldern ganz am Ende der NRW-Städte

Die NRW-Landesregierung hat jetzt auf Anfrage eine Aufstellung für alle Kommunen veröffentlicht: Verstöße gegen die Coronaschutzverordnung, eingeleitete Ordnungswidrigkeitenverfahren und erhobene Bußgelder. Alles für den Zeitraum Mitte April 2020 bis 2021. Bei den Bußgeldern rangiert Mülheim ganz am Ende der Liste, mit so großem Abstand, dass man es kaum glauben mag. Nur 7750 Euro hat die Stadt danach eingenommen.

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In Hagen, mit vergleichbarer Einwohnerzahl, waren es rund 813.000 Euro, im kleineren Bottrop knapp 270.000 Euro, in Oberhausen rund 120.000 Euro, in Essen sowie in Duisburg mehr als eine Million. Von 53 aufgeführten Städten und Kreisen liegen nur vier unter der 100.000-Euro-Marke. Vorletzter - vor Mülheim - ist der Kreis Heinsberg mit 76.290 Euro.

Seit Beginn der Pandemie rund 2200 Verfahren eingeleitet

Bei den registrierten Verstößen fällt Mülheim mit 2194 dagegen nicht besonders auf. Hier liegt das Spektrum zwischen 22.133 Verstößen in der Millionenstadt Köln und 388 in Euskirchen. Immerhin wurden in Mülheim laut Auflistung des Landes auch schon 1634 Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet - Bußgelder aber kaum kassiert. Woran liegt das?

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Stadtsprecher Volker Wiebels korrigiert zunächst eine Zahl: „Seit Beginn der Pandemie wurden rund 2200 Ordnungswidrigkeitenanzeigen gestellt.“ Dies bezieht sich auf einen längeren Zeitraum, März 2020 bis Juni 2021. Größtenteils seien den Betroffenen schon Anhörungsbögen geschickt worden. Das Mülheimer Ordnungsamt sei aber in der Corona-Krise, und auch generell, mit einer Vielzahl zusätzlicher Aufgaben betraut, „so dass mit einer schnellen Erhebung der Bußgelder derzeit nicht gerechnet werden kann“, erklärt Wiebels.

Knappes Personal im Ordnungsamt - „Corona kam noch obendrauf“

Im Bereich der Verwarngelder seien die personellen Ressourcen schon vorher knapp gewesen. „Corona kam obendrauf, doch die Mitarbeiterstellen konnten nicht entsprechend aufgestockt werden“, so der Stadtsprecher. Außerdem werde in Mülheim, „anders als vielleicht in anderen Städten, intensiv der Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern gesucht und für die Einhaltung der Vorschriften geworben“. Man wolle Akzeptanz schaffen, nicht immer sofort bestrafen. „Die Verwaltung ist der Auffassung, dass diese Strategie erfolgreich war“, urteilt Volker Wiebels.

Stadtsprecher: „Wenn wir alle Verfahren durchziehen, kommen wir auf 500.000 Euro“

Er vermutet, dass andere Städte vielleicht auch nicht die tatsächlich eingenommenen Bußgelder angegeben haben, sondern die erwarteten. „Wir waren ehrlich. Wenn wir alle laufenden Verfahren durchziehen würden, mit einem Mittelwert von 200 Euro, kämen wir auch auf 500.000 Euro.“

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Erst Ende Mai gab es eine groß angelegte, dreitägige Kontrollaktion in der Mülheimer Innenstadt. Ordnungsamt und Polizei ahndeten dabei speziell auch Verstöße gegen die Corona-Schutzvorschriften. Am Ende hatte das Ordnungsamt nach Auskunft der Stadt fast 150 Verstöße gegen die Maskenpflicht wahrgenommen und ebenso viele Anzeigen geschrieben. Ob und wann die Betroffenen tatsächlich ein Verwarngeld überweisen müssen, ist angesichts des Bearbeitungsstaus überaus fraglich.