Mülheim. Masken sind im Nahverkehr Pflicht: Über 100.000 Masken hat die Ruhrbahn an Kunden verschenkt. An der Werbemaßnahme übt die Mülheimer MBI Kritik.
Rund 35.000 FFP2-Masken hat das Verkehrsunternehmen Ruhrbahn zum Schulstart an 93 weiterführende Schulen in Mülheim und Essen gestiftet. Und die sind kein Einzelfall: Eine ähnliche Spende gab es bereits zum Jahresbeginn für weitere rund 65.000 Abokunden. Auch im vergangenen Jahr erhielten „alle Schüler“ in den beiden Städten medizinische Masken per Boten. Großzügig, sinnvoll – oder verschwenderisch? Der Mund-Nasen-Schutz sorgt im politischen Raum nun für Skepsis anderer Art.
MBI: „Ruhrbahn hat als hoch defizitäres Unternehmen nichts zu verschenken“
Die Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI) zumindest vermuten angesichts von weit mehr als 100.000 Masken-Geschenken einen verschwenderischen Umgang, der zu Lasten der am Unternehmen beteiligten Kommunen gehen könnte. Dabei erhielten „ältere Menschen als auch Hartz IV-Empfänger bereits kostenlose Masken“, argumentiert MBI-Mann Gerd-Wilhelm Scholl: „Die Ruhrbahn wiederum ist bekanntlich ein hoch defizitäres Unternehmen, das nichts zu verschenken hat.“
Was hat die Aktion gekostet? Wer trägt die Kosten – und ist der Kämmerer der Stadt Mülheim über die Ausgaben informiert worden?, fragt die MBI vor dem Hintergrund der Millionenbeträge, die Essen und das hoch verschuldete Mülheim für den Ausgleich der jährlich eingefahrenen Defizite leisten müssen. Und erwartet Antworten im kommenden Mobilitätsausschuss.
Ruhrbahn: „Die Entscheidung erfolgte unternehmensintern“
Bekannt sind die Antworten aber schon jetzt: Demnach soll die Ausgabe für die 63.000 Masken zum Jahresbeginn 18.997,86 Euro betragen haben, informiert die Ruhrbahn. Das Eintüten sei „unternehmensintern“ geleistet worden. In Mülheim erhielten 11.596 Abonnenten und 7606 Schoko-Ticket-Kunden eine Maske. Informiert wurde offenbar nur der Aufsichtsrat: Die Entscheidung für die „Kundenbindungsmaßnahme“ erfolgte „unternehmensintern“.
Ist das zu viel für eine einzelne Werbemaßnahme? Siegfried Rauhut, verkehrspolitischer Sprecher der Mülheimer CDU und im Aufsichtsrat der Ruhrbahn, kann darin „keinen Skandal erkennen. Angesichts eines dreistelligen Millionenetats sehe ich nicht, dass die Ausgabe über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinaus geht“.
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CDU und Grüne sehen in der Werbemaßnahme „keinen Skandal“
Auch sei die Geschäftsführung zu solchen Ausgaben berechtigt, hat Rauhut keinen Zweifel: „Sie liegen im Rahmen der Geschäftsbesorgungsbefugnis – dafür haben wir ja eine Geschäftsführung, die diese Entscheidungen treffen kann.“
Für Timo Spors, Grünes Mitglied im Aufsichtsrat und Vorsitzender des Mülheimer Mobilitätsausschusses, ist die Ausgabe sogar mitunter sinnvoll: „Der öffentliche Nahverkehr hat durch Corona etliche Kunden verloren. Jetzt muss es gerade darum gehen, die treuen Kunden zu binden. Es ist aus meiner Sicht ganz klar im Interesse der Kommunen, dass die Ruhrbahn etwas gegen den Rückgang der Kunden unternimmt. Angesichts dieser Ausgabe wirkt eine Kritik daran auf mich eher kleinlich.“