Mülheim. Eine Ausstellung mit Plakaten von Joseph Beuys ist jetzt im Kunstmuseum Mülheim zu sehen. Sie verrät viel über den weltbekannten Aktionskünstler.

Geduld zahlt sich aus und ermöglicht jetzt eine kleine, aber feine Ausstellung im Museum Temporär. Präsentiert werden dort bis zum 2. Mai unter dem Titel „Joseph Beuys: In Bewegung“ Plakate und Multiples des großen Aktionskünstlers. Sie dokumentieren Stationen seines Lebens und Schaffens, machen vor allem aber auch deutlich, wie politisch Beuys und seine Kunst waren – und wie unermüdlich er seine gesellschaftspolitischen Utopien in der Öffentlichkeit zur Diskussion stellte.

Werke von einem Sammler erworben

Die Ausstellung hat eine lange Vorgeschichte. Schon 2013 lernten Museumsleiterin Dr. Beate Reese und Mitglieder des Fördervereins des Kunstmuseums Prof. Axel Hinrich Murken kennen, einen Sammler und Weggefährten Joseph Beuys’. Der Medizin- und Kunsthistoriker berichtete von seiner Sammlung an Beuys-Plakaten und brachte die Mülheimer auf den Geschmack: Der Wunsch kam auf, die Werke für den Museumsbestand zu erwerben. Denn: Diese würden sich gut einpassen in die bereits vorhandene Sammlung an Plakaten anderer berühmter Künstler wie Matisse, Picasso oder Chagal.

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Nach sechs Jahren willigte der Sammler ein. 2019 konnte der Förderverein die rund 100 Beuys-Arbeiten ankaufen. Rechtzeitig zum Jubiläum. Denn: Der Aktionskünstler würde in diesem Jahr 100 Jahre alt. „Wir sind jetzt ein Beuys-Standort“, sagt Museumsleiterin Beate Reese schmunzelnd – doch mit Recht. Der Ankauf des umfangreichen Konvolutes war ein Glücksgriff, wie die Ausstellung beweist.

Plakat als Vehikel für politische Ideen

Das Plakat zum „Gespräch über Bäume“ war schon in der vorangegangenen Schaufensterausstellung über Beuys zu sehen. In einem Schaufenster des Museums wird das Thema „Beuys und die Vitrine“ beleuchtet.
Das Plakat zum „Gespräch über Bäume“ war schon in der vorangegangenen Schaufensterausstellung über Beuys zu sehen. In einem Schaufenster des Museums wird das Thema „Beuys und die Vitrine“ beleuchtet. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Das Plakat war für Joseph Beuys ein wichtiges Mittel, um seine gesellschaftspolitischen Ideen zu streuen. „Beuys hat früh die Strahlkraft dieses modernen Mediums erkannt“, erklärt Beate Reese. Mit Plakaten war es ihm möglich, auch kunstferne Gesellschaftsgruppen zu erreichen. Die Plakate gestaltete der gebürtige Krefelder oft mit anderen bildenden Künstlern oder Fotografen zusammen, es sind diffizile Entwürfe und mit hohem ästhetischen Anspruch. Viele von ihnen hat er sogar signiert und gestempelt – als Zeichen dafür, dass sie sich in sein künstlerisches Werk einfügen. Die Fotografien auf den Plakaten entpuppen sich oft als Inszenierungen, die Beuys bewusst als charismatischen Denker und Redner darstellen.

Ein Vordenker, der die Gesellschaft umgestalten wollte, war Joseph Beuys in jedem Fall – das belegen die ausgestellten Exponate. Etwa das Plakat zu den Grünen vor ihrer ersten Europawahl. Ein Spielzeugsoldat zielt auf einen (Friedens)-Hasen. „Hier wird ein Zeichen gesetzt gegen Militarismus und für Abrüstung“, sagt die Museumsleiterin. Wie Beuys schon damals die ökologische Fragen in den Blick nahm, kann man auf einem dem Plakat von 1979 erkennen: „Gespräch über Bäume“.

Manches Motiv, das man in der Ausstellung entdeckt, ist bekannt. Wie etwa eine Fotografie auf einem Plakat für eine Beuys-Schau in Italien (1971). „La rivoluzione siamo Noi“ (Die Revolution sind wir) ist die Aufnahme betitelt, die den Künstler selbst mit seinem unverkennbaren Hut dynamisch voranschreitend zeigt. „Eine wohlüberlegte Inszenierung. Beuys setzt sich mit einer revolutionär anmutenden Pose als tatkräftiger Veränderer in Szene“, kommentiert Beate Reese.

7000 Bäume mit Bürger gepflanzt

Termin vereinbaren

Im Museum Temporär dürfen sich zeitgleich nur vier Besucher aufhalten. Daher ist eine vorherige Terminvereinbarung für den Ausstellungsbesuch nötig:Telefonisch unter 455-4171 oder unter kunstmuseum@muelheim-ruhr. Sonntags und montags ist das Museum zu. Beim Besuch gelten alle bekannten Hygiene-Schutzmaßnahmen.Ein Bestandskatalog zur Ausstellung ist in Arbeit.

Ein anderes Plakat präsentiert den Kunst-Professor 1978 im Kreise von interessiert lauschenden Studenten. Beuys hat seine Vorstellungen zu Kreativität und Kunst genau formuliert und öffentlich gemacht. Er entwickelte auch früh partizipative Kunstformen. Ein Plakat in der Schau weist auf die Aktion „7000 Eichen“ hin, die er 1982 auf der Documenta 7 vorstellte. Er pflanzte mit Kasseler Bürgern im Laufe der Zeit 7000 Bäume. Das Motto lautete: „Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“. An eine andere öffentliche Aktion erinnert ein Multiple: Der Künstler verteilte einst in der Kölner Innenstadt Plastiktüten, die mit einer Zeichnung versehen waren und gegen den Parteienstaat und für die Demokratie durch Volksabstimmung plädierten.

Jedes Exponat in der Ausstellung ist mit kurzen Erklärungen versehen, wenn Corona es erlaubt, soll es vielleicht auch Gesprächsangebote für kleine Besuchergruppen geben. Welche Vorstellungen zu Kreativität und Kunst Joseph Beuys hatte, verdeutlicht auch ein elfminütiger Kunst-Film, den die Mülheimer Filmemacher Werner Nekes und Dore O. gedreht haben. Er wird vor Ort gezeigt kann aber auch im Museumsshop erworben oder auf Youtube angeschaut werden.