Mülheim. Keine Schule plus Homeoffice – gleich weniger Verkehr und weniger Unfälle: Diese Gleichung ging in Mülheim auf. Leider nicht für die Radfahrer.

Im ersten Coronajahr 2020 haben die Unfallgesamtzahlen auf Mülheims Straßen erwartungsgemäß abgenommen, um über 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Für das Polizeipräsidium Essen/Mülheim gab zwar insgesamt auch einen Rückgang bei den Schwerverletzten, in Mülheim nahm diese Zahl aber um fast 20 Prozent zu. Der Grund dürfte darin liegen, dass in Mülheim im vergangenen Jahr mehr Radfahrer/Pedelecfahrer verunglückt sind, zum Teil auch schwer.

Lockdown, geschlossene Schulen und Kitas plus Homeoffice – gleich weniger Verkehr auf den Straßen und weniger Unfälle: Diese Gleichung ging auch in Mülheim auf. Während in 2019 noch 6155 Verkehrsunfälle in Mülheim in der Summe registriert wurden, so waren es im vergangenen Jahr 5090 – mit genau 1065 Unfällen deutlich weniger. Das ist der niedrigste Wert seit 2011.

Bei den Verletzten im Straßenverkehr insgesamt den niedrigsten Stand seit zehn Jahren

Verkehrsunfallaufnahme-Team: Pilotphase endet bald

Am Polizeipräsidium Essen/Mülheim wurde als Pilotprojekt vor zwei Jahren ein Verkehrsunfallaufnahme-Team eingesetzt. Die zwölf Beamten werden bei Verkehrsunfällen mit getöteten und schwerst verletzten Personen eingesetzt und auch bei Unfällen mit großen Sachschäden.

Die Experten waren in 2020 bei drei Unfällen in Mülheim eingesetzt (und bei 38 Unfällen in Essen) und nutzen speziell ausgerüstete Fahrzeuge, 3D-Laser-Scanner und demnächst auch eine Drohne.

Die Pilotphase des Teams, das auch in Oberhausen, Duisburg und Krefeld angefordert werden kann, endet am 31. März. Verkehrsdirektions-Chef Ulrich Sievers hofft, dass das Team an der Essener Behörde weiterarbeiten kann.

Dieser Trend spiegelt sich auch bei den Verletzten im Straßenverkehr wider: Insgesamt ging die Zahl der bei Unfällen Verletzten auch in Mülheim zurück auf 453 Menschen im Jahr 2020. Im Jahr davor gab es noch 478 Verunglückte auf den Straßen. „Wir haben den niedrigsten Stand seit zehn Jahren“, betonte Ulrich Sievers, Leiter der Polizeidirektion, bei der Vorstellung der Verkehrsunfallstatistik im Essener Polizeipräsidium. Zur Erinnerung: 2011 lag die Zahl noch bei 575 Verletzten.

Leider gab es auch in Mülheim 2020 einen Verkehrstoten zu beklagen, auch im Jahr davor war ein Mensch bei einem Unfall ums Leben gekommen. „Das ist zwar eine kleine Zahl, aber jeder Tote ist einer zu viel“, so Polizeidirektor Sievers. Auch, dass die Zahl der bei Unfällen Schwerverletzten in Mülheim gestiegen ist, von 76 (2019) auf 91 im vergangenen Jahr, ist keine erfreuliche Entwicklung für die Polizei. Der Anteil der Rad- und Pedelecfahrer ist im vergangenen Jahr im Bereich des Polizeipräsidiums um über 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, aber leider damit auch die Zahl der Verunglückten in Mülheim.

Mehr Unfälle in Mülheim mit Radfahrern - wie auch in ganz NRW

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© funkegrafik | Rim Ammar

133 Radfahrer verunglückten 2020 in Mülheim, im Vorjahr lag diese Zahl noch bei 109. Hier folgt Mülheim dem Landestrend, denn auch NRW-weit gab es deutlich mehr Unfälle mit E-Bikes und Pedelecs bei sinkenden Unfallzahlen. In Mülheim sind 25 Zweiradfahrer allein verunglückt, also ohne Kontakt zu einem anderen Verkehrsteilnehmer zu haben. 20 waren es im Vorjahr. Im viel größeren Essen ist diese Zahl von 107 (2019) auf 137 in 2020 gestiegen.

Für Polizeidirektor Sievers ist auch dies eine indirekte Auswirkung der Corona-Pandemie: Mehr Menschen seien aufs Rad gestiegen, in der Freizeit, aber auch, um vollen Bussen und Bahnen zu entgehen. Vor allem Fahrräder mit E-Unterstützung werden immer beliebter: „Bundesweit ist diese Zahl gestiegen von 1,6 Millionen Fahrzeugen im Jahr 2013 auf 5,4 Millionen in 2019“, beschreibt Sievers die Entwicklung. Und nicht immer wird das neue, schnellere Bike auch gut beherrscht. Das versucht die Polizei zu ändern, in dem sie, gemeinsam mit der Verkehrswacht, regelmäßig Verkehrssicherheitskurse anbietet – auch gerade für Senioren. „Das wird immer sehr dankbar angenommen“, sagt Ulrich Sievers.

Im Coronajahr gab es keinen einzigen Schulwegunfall in Mülheim, so die Polizei

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Die Zahl der verunglückten Fußgänger ging in Mülheim nur leicht zurück - um 2 auf 65 im Jahr 2020. Die Zahl der im Straßenverkehr verunglückten Kinder nahm gravierender ab: von 42 im Jahr 2019 auf 35 in 2020. „Dies ist“, so Polizeidirektor Sievers, „die niedrigste Zahl an verunglückten Kindern in den letzten zehn Jahren.“ Auch dies seien Auswirkungen des Lockdowns, sagt Sievers: So habe es in Mülheim in 2020 überhaupt keine Schulwegunfälle gegeben.

Die Zahl der verunglückten Senioren ist in Mülheim wieder leicht angestiegen: 79 ältere Menschen verunglückten im Jahr 2020, die meisten übrigens mit dem Pkw oder auf dem Rad. Das ist der höchste Wert seit 2011. In 2019 waren es 76 und 2018 waren es 73 Senioren, die im Straßenverkehr verunglückt sind.

Mit der sinkenden Zahl der Unfälle ging auch die Zahl der Unfallfluchten in Mülheim zurück: 51 Unfallfluchten (nach Unfällen mit Sachschäden) weniger als in 2019 registrierte die Polizei im letzten Jahr: Aber immerhin noch 447 Mal entfernte sich ein Unfallbeteiligter unerlaubterweise. Die Aufklärungsquote konnte die Polizei aber leicht steigern auf fast 42 Prozent.