Mülheim. Die meisten Bürger haben sich im Privaten angesteckt, wenige auch am Arbeitsplatz. Den Beginn der dritten Welle sieht man in Mülheim noch nicht.
Die meisten Mülheimer stecken sich derzeit im familiären oder allgemein im privaten Umfeld mit dem Coronavirus an, so die Erkenntnisse des Gesundheitsamts. Ein kleiner Teil der Infizierten holt sich das Virus auch durch Unachtsamkeit am Arbeitsplatz. Vom Beginn einer dritten Welle will man in Mülheim aber noch nicht sprechen. Bei unterschiedlichen Inzidenzwerten von Nachbarstädten soll es möglicherweise zu Absprachen der Kommunen bei den Lockerungen kommen.
Der Inzidenzwert lag am Donnerstag in Mülheim bei 41
In Mülheim lag die Inzidenzzahl mit aktuell 113 Infizierten am Donnerstagmorgen bei 41, in NRW bei 62,8 und bundesweit bei 64,7. Seit Mitte März 2020 werden die Infizierten-Zahlen in Mülheim erfasst, und Dr. Frank Pisani, Leiter des Gesundheitsamtes, schätzt die derzeitigen Zahlen im Vergleich zum Vorjahr als doppelt so hoch ein. Zu Beginn der Pandemie gab es noch kein einheitliches Erfassungssystem, erst später wurde im Gesundheitsamt auf eine eigens entwickelte Software umgestellt.
Aktuelle Quarantäneregeln
Derzeit gelten laut RKI 14 Tage Quarantäne für Kontaktpersonen, eine Verkürzung ist nicht möglich.
Ausnahme: Medizinisches Personal darf laut RKI-Empfehlung unter hohen Auflagen weiterarbeiten, wenn er Arbeitgeber Personalmangel nachweisen kann. Dann gilt für das Gesundheitsamt eine so genannte „mobile Quarantäne“. Im Feierabend muss man dann allerdings die Quarantäne einhalten.
Bei Krankheitssymptomen gelten zehn Tage Quarantäne beim Virus-Wildtyp und bei einer Virus-Mutation 14 Tage.
In diesem Fall, wenn also eine Mutation nachgewiesen wurde, wird am Ende der Quarantäne eine erneuter Abstrich für einen PCR-Test im Diagnosezentrum empfohlen.
In gut einem Jahr hat sich vieles geändert im Verlauf der Pandemie: Waren die ersten Infizierten und Erkrankten vor allem jüngere Bürger, etwa die Urlaubsrückkehrer, so traf es im weiteren Verlauf die Älteren mit dem schlechteren Immunsystem. Derzeit befällt Sars-CoV 2 in Mülheim schwerpunktmäßig die Gruppe der 40- bis 60-jährigen Mülheimer, hat Dr. Pisani beobachtet. „Die Wahrscheinlichkeit der Ausbrüche in den Altenwohnheimen ist geringer geworden, die meisten sind ja schon geimpft“, so Pisani, der zumindest dort schon von einer Herdenimmunität ausgeht. Derzeit gibt es auch in den Krankenhäusern keine Ausbrüche, das Personal ist überwiegend geimpft.
Seit Jahresbeginn haben sich 55 Mülheimer mit der britischen Variante infiziert
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Seit Jahresbeginn sind in Mülheim insgesamt 55 Infizierte aufgefallen, die sich eine Mutation des Coronavirus eingefangen hatten. 37 davon hatten die britische Variante B.1.1.7. Bei 18 Infizierten wurden andere Mutationen nachgewiesen, die dem Wildtyp des Virus ähnlich sind, erklärte Pisani. Die afrikanische und die brasilianische Virusvariante sind bisher in Mülheim noch nicht nachgewiesen worden. Am Donnerstagnachmittag war von insgesamt 112 positiv Getesteten bei 26 die britische Variante nachgewiesen worden. Das sind gut 23 Prozent.
Ansteckungen werden derzeit überwiegend im privaten Umfeld und in den Familien beobachtet, so Gesundheitsamtsleiter Pisani. Rund zehn Prozent der Ansteckungen, schätzt er, erfolgen am Arbeitsplatz. Das geschehe aber aus Nachlässigkeit, weil man dann vielleicht doch mal zusammen in die Pause gegangen ist. „Alle Firmen haben ja ihre Hygienekonzepte.“ Bei einem Anteil von zehn bis 20 Prozent aller Infizierten sei derzeit nicht nachvollziehbar, wo sie sich angesteckt hätten.
Bei schönem Wetter steigen die Infizierten-Zahlen
Ob eine dritte Welle in Mülheim angekommen ist, sei derzeit schwierig zu bewerten, so Pisani. Nach dem schönen Wetter seien die Infizierten-Zahlen erwartungsgemäß wieder höher gewesen. „Bei Lockerungen werden die Infektionszahlen wieder steigen“, damit rechnet Pisani. Die Frage sei nun, ob bei einer möglichen dritten Welle die Auswirkungen vergleichbar seien, denn in den Alten- und Pflegeheimen seien die Menschen, Bewohner und Pflegekräfte, inzwischen geimpft. Die Frage sei bei einer dritten Welle auch, ob man dann eine vergleichbare Auslastung von Intensivbetten habe. „Die 40- bis 60-Jährigen sind ja meist gesünder als die Über-80-Jährigen.“
Gesundheitsamt: Nachverfolgung der Kontakte ist bis zu einer Inzidenz von 200 machbar
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Mit einem Inzidenzwert von 41 am Donnerstag steht Mülheim im Vergleich gut da. Die Städte bei der Inzidenz einzeln zu bewerten, davon hält Frank Pisani allerdings nicht viel: „Man sollte das Ruhrgebiet als Region betrachten“, sagt er. Denn wenn eine Stadt hohe Ansteckungszahlen habe, so wirke sich das immer auch auf die Nachbarn aus. „Dann muss sich der Krisenstab mit den Nachbarkommunen abstimmen. Wir haben ja keine Grenzkontrollen.“
Eine Nachverfolgung der Kontakte sei auch bei einer höheren Inzidenz als 41 in Mülheim kein Problem, betont Gesundheitsamtsleiter Pisani: „Das ist möglich, wenn auch viel stressiger. Wir haben das auch bei 200 geschafft.“