Mülheim. Mit „Klicken und Abholen“ haben Mülheimer Geschäfte auf den harten Lockdown reagiert. Doch was das Weihnachtsgeschäft rettet, sorgt für Risiken.

Die Schrippen bekommt man hier noch genauso wie die Zeitung, die Lesehilfe und das Hörgerät – „alles, wie sonst auch“, könnten Spötter beim Blick auf die Schloßstraße sagen. Am Freitagmittag wirkt die Einkaufsstraße passabel gefüllt. Lockdown? Darauf haben etliche Läden eine Antwort gefunden, wenn auch mit unterschiedlichem Erfolg. Und mancher wundert sich auch über den noch immer vorhandenen Andrang in der Fußgängerzone.

Mit der Theke nicht ins, sondern aus dem Haus fallen – das ist zumindest eine Möglichkeit auf die Linh Tran von Bubble Tea zurückgreift. Ihr Tisch steht vor der Ladentür, zwei junge Mülheimerinnen bestellen dort die Drinks, geliefert wird gewissermaßen „außer Haus“. „Vorsicht – nicht verschütten!“, ruft Linh Tran der Frau noch schnell hinterher, weil ihr Becher mit irgendwas Flüssigbuntem in der Plastiktüte hin und her schwappt.

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Mülheimer Geschäftsfrau: „Zuhause sitzen ist auch langweilig“

Viel ist aber nicht los, lohnt sich das Geschäft? „Nicht so wie sonst, weil viele Menschen ja zuhause bleiben. Aber ich mache trotzdem auf – man kann ja nicht den ganzen Tag in der Wohnung sein. Das ist auch langweilig. Und die Kunden, die kommen, freuen sich.“

Den Lieferdienst bis vor die Ladentür haben einige Händler zwischen Forum und Schloßquartier aufgenommen: Gabriele Laucke hat etliche weiße Tüten bestückt. Kunden klopfen an die Tür am Löhberg 4, um die Ware abzuholen. Alles legal: Laucke „dealt“ mit Büchern. Und geliefert wird die Literatur auch kostenlos nach Hause „Die Nachfrage ist sehr groß. Wir sind sehr beschäftigt“, verrät die Mitarbeiterin. Weihnachtsgeschäft? Läuft. Aber der Aufwand ist größer geworden.

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Kosmetik, Brillen, Hörgeräte – was gehört zum täglichen Bedarf?

Der Blick auf die Schloßstraße liefert allerdings eine gemischte Tüte: Kosmetik, Brillen, Hörgeräte, Rauchwaren, Mobilfunkverträge – was davon gehört eigentlich zum täglichen Bedarf? Geöffnet haben sie alle, teils sogar mit Einlass von bis zu fünf Kunden. „Wir sind systemrelevant“, behauptet das Schild eines Hörakustikers selbstbewusst. Die Thai Massage hingegen gibt’s aktuell nur als Gutschein, Friseure und Klamottenläden haben rund um die Schloßstraße geschlossen.

„L(i)ebe“ leuchtet ein weißer Pulli im Schaufenster. Die Tür ist zu, der Schein aber trügt. Das Kleidungsgeschäft liefert bis vor den Laden und sogar bis vor die Wohnungstür. Mit „Click and collect“ haben etliche Läden auf die verordnete Schließung reagiert. Der Kunde bestellt quasi per „Klick“ auf der Homepage, per E-Mail, am Telefon, aus den Geschäften werden dann „Abholstellen“ für die bestellte Ware. Fast wie beim Versandhandel.

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Mülheimer versammeln sich weiterhin in der Fußgängerzone

Click-and-Collect-Konzept auch im RRZ

Online bestellen, im Laden abholen bietet auch die Galeria Karstadt Kaufhof im Rhein-Ruhr-Zentrum an. Unter galeria.de bestellte und reservierte Geschenke können die Kunden bis zum 23.12. in den Filialen kontaktlos abholen.

So will das Unternehmen sicher stellen, dass Geschenke auch dann rechtzeitig unterm Tannenbaum liegen, wenn Lieferdienste überlastet sein sollten.

Die Corona-Verordnung in NRW lässt das Abhol-Prinzip noch zu. In Bayern und Sachsen hingegen, wo die Infektionszahlen mit am höchsten sind, ist nur noch die Lieferung erlaubt. Kritik gibt’s für diesen Kniff des Einzelhandels, doch noch das Weihnachtsgeschäft zu retten, bereits: Er mache aus dem harten Lockdown einen löchrigen Flickenteppich. Die Folgen für die Eindämmungsversuche der Pandemie sind nicht unumstritten, denn so versammeln sich auch weiterhin Menschen in den Fußgängerzonen und in Kaufhäusern, die eigentlich soziale Kontakte vermeiden sollen.