Mülheim. Fahrer Horst Sperling fuhr die Bosse und ist seit 50 Jahren unfallfrei. Dafür erhielt der Mülheimer die Auszeichnung „Bewährter Kraftfahrer“.

50 Jahre unfallfrei mit dem Auto unterwegs – das muss man erst einmal hinkriegen. Und das bei einer Anzahl von gefahrenen Kilometern im Jahr, auf die Otto-Normal-Fahrer nicht mal ansatzweise kommen. Horst Sperling hat das als Berufskraftfahrer geschafft. Und wurde dafür jetzt als „Bewährter Kraftfahrer“ mit Verdienstnadel, Urkunde und Plakette von der Mülheimer Verkehrswacht gewürdigt.

Die Plakette der Deutschen Verkehrswacht schmückt jetzt den Kühlergrill von Horst Sperlings Oldtimer-Benz.
Die Plakette der Deutschen Verkehrswacht schmückt jetzt den Kühlergrill von Horst Sperlings Oldtimer-Benz. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Horst Sperling machte seine Leidenschaft für Autos als junger Mann recht schnell zum Beruf, den er als „Chef-Fahrer“ angibt. „Das“, schmunzelt der heute 80-Jährige, „habe ich von der Pike auf gelernt“. Es sei ein angesehener Beruf gewesen, den es heute, in Zeiten von Fahrdiensten, so nicht mehr gebe, so Sperling. Horst Sperling chauffierte die Bosse, die Präsidenten. Bei der RAG, bei der Oberfinanzdirektion, beim Landtag in Düsseldorf. 37 Jahre lang, stets unfall- und schrammenfrei. Bei einer Fahrleistung von 120.000 bis 150.000 Kilometern im Jahr.

Angefangen als Fahrer bei der RAG in Dienst-Uniform

Gelernt hatte er erst einmal den Beruf des Bau- und Maschinenschlossers. Den Führerschein hatte er schon mit 18 Jahren in der Tasche, bewarb sich einige Jahre später bei der damaligen Ruhrkohle AG (RAG) als Fahrer, wurde nach erneuter Fahrprüfung Mitte der 1960er auch eingestellt.

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Da wehte damals ein strenger Wind: „Wir fuhren in Uniform, mit Livree“, erinnert sich Horst Sperling, und jeden Samstag wurde auf dem Firmengelände vom Fahrdienstleiter penibel kontrolliert, ob das Auto nicht nur technisch in Ordnung, sondern auch blitzsauber war. Und das waren damals Autos, schwärmt Horst Sperling noch heute vom 2,8-Liter-Benz oder vom BMW 8er, dem „Barockengel“. Von den Chefs schwärmt er auch. „Ich hatte immer gute“, sagt Sperling. „So ein Auto ist ja klein, man muss sich schon gut verstehen.“ Vor allem, wenn man Stunden um Stunden gemeinsam verbringt.

Verlangt wurden seine Dienste oft rund um die Uhr. Einmal musste er seinen Chef von Padua bis Sylt bringen – 22 Stunden am Stück ging die Fahrt. Viel habe er gesehen auf seinen Dienstfahrten: Kieler Woche, Salzburger Festspiele, die Schweiz, Paris.

Auszeichnung gibt es schon seit 1952

Die Auszeichnung „Bewährter Kraftfahrer“ verleiht die Deutsche Verkehrswacht schon seit 1952 an Autofahrer, die sich für unfallfreies, rücksichtsvolles und vorbildliches Fahren verdient gemacht haben.

Die Auszeichnung bezieht sich zwar auf den zurückliegenden unfallfreien Zeitraum, soll aber dazu motivieren, auch in Zukunft rücksichtsvoll, partnerschaftlich und hilfsbereit im Straßenverkehr unterwegs zu sein.

Der gebürtige Essener, der heute mit seiner Frau in Holthausen lebt, fuhr seine Chefs auch in Zeiten der RAF-Anschläge in den 1970ern. Da wurde es ihm schon mal mulmig zumute, wenn behelmte Motorradfahrer, wenn wohl nur aus Neugierde, ins Auto schauen wollten. Doch insgesamt, sagt er rückblickend, sei der Straßenverkehr in der damaligen Zeit doch viel entspannter gewesen. „Aber ich habe schon auch sehr aufpassen müssen.“ Sein Vorteil: Oft war er in der Nacht unterwegs.

Schleuderkurse und Fahrertrainings auf dem Nürburgring

Horst Sperling am Steuer: Viele Jahre war das sein Arbeitsplatz. Der Berufsfahrer wurde jetzt von der Mülheimer Verkehrswacht als „Bewährter Kraftfahrer“ ausgezeichnet.
Horst Sperling am Steuer: Viele Jahre war das sein Arbeitsplatz. Der Berufsfahrer wurde jetzt von der Mülheimer Verkehrswacht als „Bewährter Kraftfahrer“ ausgezeichnet. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Nicht nur die Fahrpraxis machte Horst Sperling zu einem sicheren Fahrer, auch die vielen Fahrtrainings und Schleuderkurse bei jedem neuen Dienstwagen. Zum Beispiel auf der Nordschleife des Nürburgrings, auch mal angeleitet von Rallye-Profi Walter Röhrl. Neben der Erfahrung sorgten Übung, Rücksichtnahme und vorausschauendes Fahren für seine unfallfreie Bilanz nach beeindruckenden 50 Jahren. Kritische Situationen gab es aber genug. Sein Tipp für unfallfreies Fahren: „Sich nicht beweisen wollen, auch mal zurückstehen.“ Selbst, wenn man doch im Recht sei.

Als Horst Sperling 2002 in den Ruhestand ging, machte er noch seinen Taxischein und fuhr jahrelang für ein Essener Mietwagenunternehmen. Erst 2016 hörte er als Berufsfahrer endgültig auf. Sein eigener Wagen, ein 2,6-Liter-Mercedes mit sechs Zylindern, ist 32 Jahre alt und trägt nun die Auszeichnung „Bewährter Kraftfahrer“ als Plakette auf dem Kühlergrill. Eine für 40 und eine für 50 Jahre unfallfreies Fahren.