Mülheim. In einem offenen Brief hatten Mülheimer Schülervertreter „unverhältnismäßige“ Bußgelder kritisiert. Nun antwortet der OB und erntet neue Kritik.

Vertreter von neun weiterführenden Schulen in Mülheim hatten vor einer Woche öffentlich an Oberbürgermeister Marc Buchholz, Polizei, Ordnungsamt und den Leiter des Corona-Krisenstabes geschrieben. Im Mittelpunkt ihrer Kritik standen Bußgelder , die Jugendliche trotz Mund-Nasen-Schutzes bekommen hatten, weil sie zu dicht beieinander standen.

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Der Brief hat Wellen geschlagen , auch politisch. So spitzte die SPD das bewusst höflich und diplomatisch formulierte Schreiben der Jugendlichen zu: Die Verwaltung gehe „mit dem Knüppel“ auf die ohnehin durch Corona schon belasteten Schüler zu. „Unanständig“ sei das.

Mülheimer Schulen prüfen jetzt versetzten Unterrichtsbeginn

Der OB reagierte zwei Tage, nachdem der Brief in der Welt war, mit dem öffentlichen Versprechen: Wenn jemand Maske getragen hat, werde von einem Bußgeld abgesehen. Das Ordnungsamt werde alle betroffenen Jugendlichen anschreiben. Außerdem kündigte Buchholz nach einem Gespräch mit den Schulformsprechern an, dass ein zeitversetzter Unterrichtsstart in den Morgenstunden geprüft wird, damit es weniger Andrang an den Haltestellen und in den Bussen gibt. Zwei Wochen haben die Mülheimer Schulleitungen jetzt Zeit, um ihre entsprechenden Möglichkeiten zu prüfen und ihre Meinung zu äußern. Auch den Krisenstab hat der OB bei seiner Sitzung am Donnerstag über die Initiative der Schülervertreter informiert. Diskutiert wurde darüber nicht, heißt es vonseiten der Stadt.

Schülervertreter bekommen nach einer Woche persönliche Antwort des OB

Auch einen Antwortbrief hatte der Oberbürgermeister angekündigt. Noch am Montagmorgen sagte ein Schülervertreter, er sei „enttäuscht“, dass keine direkte Rückmeldung kam. Da war die Antwort allerdings schon geschrieben und auf dem Weg. Sie ging per Mail an die neun Schulen, aus denen die kritischen Stimmen kamen, und sollte den Unterzeichnern ausgehändigt werden. „Mir war wichtig, dass alle eine persönliche Antwort bekommen“, betont OB Marc Buchholz.

Stadtweite Schülervertretung geplant

Die Mülheimer Schülervertreter, die den offenen Brief noch als spontanes Bündnis unterzeichnet haben, wollen sich jetzt auch offiziell organisieren .

Wie Leonard Ehren, Schülervertreter am Gymnasium Broich, berichtet, ist eine Bezirksschülervertretung im Aufbau.

Die Gründungsdelegiertenkonferenz mit Vorstandswahlen soll am 15. Dezember in Form eines Online-Meetings stattfinden. Alle weiterführenden Schulen in Mülheim können Vertreter entsenden.

Eine Din-A4-Seite umfasst der Brief des OB an die Schülervertreter. Gleich zu Anfang heißt es: „Ich begrüße es, dass Ihr Euch so engagiert für Eure Belange einsetzt.“ Und ja, die Coronaschutzauflagen erschienen oft widersprüchlich. Doch die Stadt müsse sie umsetzen, die Kontrollen von Polizei und Ordnungsamt seien rechtmäßig gewesen, so der OB – was im Übrigen von den Schülern gar nicht bestritten wird.

Da man tatsächlich an Haltestellen oder beim Einstieg in den Bus schwerlich den Mindestabstand einhalten könne , „habe ich veranlasst, dass nur diejenigen eine Anhörung oder ein mögliches Bußgeld erhalten, die keine Maske getragen haben“, das versichert Buchholz den Schülervertretern noch einmal schriftlich, und weist auch auf den möglicherweise versetzten Unterrichtsstart ab Januar hin. Der OB schließt mit der Ermahnung, sich an die Regeln zu halten, um das Infektionsrisiko zu verringern: „Bitte gib das auch an deine Mitschülerinnen und Mitschüler weiter.“

Jugendliche finden Unterrichtsstart ab sieben Uhr „sehr unpraktikabel“

Richtig zufrieden sind die Schülervertreter mit dem, was sie da lesen, aber nicht. Nur die Symptome würden behandelt, nicht das eigentliche Problem, heißt es in einer ersten Stellungnahme auf Anfrage dieser Redaktion. Den aktuellen Vorschlag etwa, den Unterricht ab sieben Uhr in der Früh beginnen zu lassen ( wofür auch das NRW-Schulministerium den Weg frei gemacht hat) , nennt ein Schülervertreter „sehr unpraktikabel“, da einige Kinder und Jugendliche dann um fünf Uhr aufstehen müssten. „Es ist auch ein riesiger Verwaltungsakt für die Schulen.“

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Aus Sicht der Schüler wäre es schon hilfreich, den morgendlichen Beginn innerhalb einzelner Stadtteile zu staffeln , wie es beispielsweise an Schulzentren schon gemacht werde. Ihren offenen Brief hatten sie mit dem Satz geschlossen: „Wir freuen uns auf Ihre Antwort und zukünftige Zusammenarbeit.“ Eine Antwort haben sie bekommen.