Mülheim. Das Wohnen in Häusern am Mülheimer Entenfang ist illegal. Der Grundbesitzer will auf die Pacht nicht verzichten. Die Mieter wollen auch bleiben.

Vor fünf Jahren hat das Regierungspräsidium Düsseldorf die Stadt angewiesen, das illegale Wohnen in festen Häusern am Entenfang zu stoppen und Neuzuzüge zu verhindern. Sofort hat die Stadt ein Modell entwickelt, wonach Parzellen, deren Pächter gestorben sind oder sie aufgegeben haben, nicht mehr neu vermietet werden dürfen. Aber der Pächter des kompletten Geländes lässt immer wieder neue Bewohner in die umzäunte, zur Außenwelt abgeschottete Anlage einziehen.

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An einem Auslaufen des festen Wohnens am kleinen See ist er nicht interessiert. Auch die Bewohner pochen auf ihr Fleckchen in der Natur. Was ist seit 2015 auf dem Platz passiert? Wann hat das Dauerwohnen zwischen Bahnstrecke und Autobahn ein Ende? Still ruht der Entenfang. So sieht es für Außenstehende aus.

Nachfragen dieser Zeitung im zuständigen Baudezernat ergaben, dass die Stadt nur eingeschränkte Kontrollmöglichkeiten hat. Ein in 2015 angekündigter neuer Bebauungsplan ist bis heute weder gültig noch eingeleitet. Die Stadt kann auch nicht kontrollieren, ob die Bewohner des Campingplatzes dort wirklich nur 180 Tage im Jahr leben. Länger ist auf einem Campingplatz nicht erlaubt.

Rund 150 Personen haben sich abgemeldet

Nach Angaben der Stadt haben aktuell 398 Personen am „Entenfang 7“ ihren Erstwohnsitz angemeldet. Das sind 150 weniger als 2015 (da waren 545 mit Erstwohnsitz dort gemeldet). Ob diese sich aber nur zum Schein umgemeldet haben? „Unbekannt“, lautet die Antwort aus dem Technischen Rathaus. Klar ist dagegen: Ein Campingplatz darf keine festen Häuser haben, wie sie am Entenfang stehen.

Regeln in Meldegesetz und Baugesetz

Seinen Erstwohnsitz kann jeder unter einer x-beliebigen Adresse anmelden. Die Stadt hat darauf keinen Einfluss. Folglich wohnen viele Pächter unter der Adresse „Am Entenfang 7“. Das ist alles erlaubt und korrekt.

Nicht korrekt ist laut Bundesbaugesetz, dass sie in ungenehmigt gebauten Häusern andauernd wohnen und darin ihren Lebensmittelpunkt haben. Ein Wohnhaus sowie ein Campingplatz müssen darüber hinaus feuerpolizeilichen Vorgaben entsprechen. Die Bewohner des Platzes am Entenfang haben ein idyllisches Refugium, das sie nicht abgeben wollen.

Schwerer wiegt nach Angaben der Berufsfeuerwehr: Die feuerpolizeilichen Schutzvorschriften sind nach wie vor nicht erfüllt, obwohl die Stadt bereits vor fünf Jahren den Platzbetreiber darauf hingewiesen und entsprechende Veränderungen angesagt hat. Die illegalen Bauten stehen in vielen Fällen zu dicht nebeneinander.

Verkleinerter Campingplatz könnte baurechtlich zulässig werden

Die Stadt muss und will diese illegalen Zustände an der Duisburger Stadtgrenze auflösen. „Daher wurden mit dem Betreiber entsprechende Prüfungen durchgeführt, für welche Nutzung auf der Fläche Baurecht geschaffen werden kann. Die Stadt will dort geregelte Verhältnisse schaffen“, antwortet Baudezernent Peter Vermeulen.

Darum sei der oft genannte Begriff „Entenfangsiedlung“ falsch. „Es ist eine Campingplatzanlage. Davon könnte bei entsprechendem Antrag auf Basis des Bebauungsplanes von 1973 ein verkleinerter Campingplatz baurechtlich zulässig werden“, erläutert die städtische Bauaufsicht und wiederholt das Angebot an den Platzbetreiber.

Wegen Verstößen gegen das Kontaktverbot wurde der Kiosk Anfang Mai am Entenfang geschlossen. Hinweise mit Verhaltensregeln für die Bewohner hängen an den Bäumen.
Wegen Verstößen gegen das Kontaktverbot wurde der Kiosk Anfang Mai am Entenfang geschlossen. Hinweise mit Verhaltensregeln für die Bewohner hängen an den Bäumen. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Eigentümer Graf Spee möchte weiterhin Pacht für sein Grundstück erzielen

Weil auch das Landesbauministerium den Druck auf die Stadt erhöht hat, sind städtische Bauaufseher nach Kontrollen vor Ort gegen „neu Zuziehende und jegliche Bauaktivitäten eingeschritten“. Wie viele Parzellen seit 2015 aufgegeben wurden, ist der Stadt nicht bekannt. „Eine Hand voll Parzellen wurden umgestaltet (Bebauung entfernt und teilweise wieder neu bebaut)“.

Ferner steht die Stadt im Gespräch mit dem Generalbevollmächtigten der Graf Spee’schen Zentralverwaltung“. Das Ergebnis dieser Gespräche: „Der Eigentümer hat Interesse an einem Fortbestand der Pachtzahlungen.“ Der Pächter, der den Campingplatz betreibt, hat die komplette Fläche vom Grafen Spee gemietet und verlangt von den Bewohnern Pacht für deren Kleinflächen.

Wer zum Entenfang ziehen will, bekommt alle rechtlichen Informationen

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Wer sich neu auf dem Platz am Entenfang anmeldet, bekommt beim Einwohnermeldeamt ein Merkblatt in die Hand, welches die rechtliche Lage beschreibt. Bei Nachfragen beraten die Mitarbeiter der Bauaufsicht diese Leute auch. Aber die Stadt hat zu wenig Personal, um mit allen Pächtern am Entenfang Einzelgespräche zu führen.

Klar ist seit Jahren ebenfalls: Wer nach dem 1. Januar 2014 an den Entenfang gezogen ist, hat dort kein Wohn- und Bleiberecht. Die Bauaufsicht könnte diese Parzellen sogar räumen. Für das illegale Wohnen und die festen Bauten besteht laut Stadtverwaltung auch kein Gewohnheitsrecht.