Mülheim. Rund 550 Bewohner in der Siedlung in großer Sorge. Politik beruhigt: Keiner wird vor die Tür gesetzt. Stadt plant ein Sondergebiet „Wochenendplatz“

Der Entenfang, jener idyllisch gelegene See ganz im Westen der Stadt, bleibt als Erholungs- und Freizeitgebiet erhalten. Das ist aber auch erst einmal die einzige gute Nachricht für die 550 Menschen, die zum Teil seit Jahrzehnten dauerhaft auf dem Campingplatz am Wasser leben – zum Teil in sehr schönen großen Häusern. Doch legal ist das so nicht. Die Stadt plant, aus dem Campingplatz ein Sondergebiet „Wochenendplatz“ zu machen und auf diese Weise die derzeit planungsrechtlich nicht genehmigte Nutzung zu legalisieren.

So ruhig das Leben am Entenfang auch sein mag, die aktuelle Debatte um den Fortbestand des Areals wühlt die Stimmung auf: Alle sehen sich unter Druck. Die Stadt muss handeln. Die Bezirksregierung als Aufsichtsbehörde duldet den jetzigen Zustand mit Erstwohnsitzen nicht länger. Die Baunutzungsordnung lässt das nicht zu. Dauerwohnen kann dort künftig nicht mehr möglich sein, macht Baudezernent Peter Vermeulen daher deutlich.

Wohnen mit hohem Erholungsfaktor

Entenfang 7: Die Adresse stand stets für Wohnen mit hohem Erholungsfaktor, seit wenigen Wochen steht sie für regelrechte Existenzängste. Die Bewohner fürchten ihr Häuschen zu verlieren. Es sind nicht die betuchten Mülheimer, die dort leben. Sie haben, und das machten sie am Dienstagabend bei einer Gesprächsrunde mit Planungspolitikern deutlich, guten Glaubens am dem Standort fünf-, sechsstellige Summen investiert, sie sind dort offiziell gemeldet, einst gar von der Oberbürgermeisterin per Brief an „Entenfang 7“ begrüßt worden. Sie sehen sich als Opfer eines Behördenstreits zwischen Stadt und Land oder einer Unstimmigkeit zwischen einem Beamten der Bezirksregierung und dem Campingplatzpächter Dietmar Harsveldt, der die Parzellen an sie vermietet. Sie sind empört über die Stadtverwaltung, die Erstwohnsitze Jahrzehnte wissentlich geduldet hat. Sie sind sauer auf das Land, das sie dort vertreiben will. Dabei fragen sich alle: Wohin sollen wir?

Mancher hat bereits einen Anwalt eingeschaltet. Harsveldt fordert eine bundesweite Legalisierung des Dauerwohnens auf derartigen Plätzen. Die Politiker aller Parteien und Wählerbündnisse versprachen jetzt bei einer Bürgerversammlung im voll besetzten Vereinsheim auf dem Campingplatz Hilfe, wobei sie wissen: Das Gesetz setzt Grenzen. „Keiner wird morgen vor die Tür gesetzt“, betont Claus Schindler(SPD). Für eine sozialverträgliche Lösung wollen sich alle Politiker stark machen.

Brandschutzkonzept für ganze Anlage nötig

Auch die Stadtverwaltung macht sich für eine sozialverträgliche Lösung stark. Die Beendigung des Dauerwohnens soll über viele Jahre gestreckt werden. Wer alt ist, vielleicht sogar krank und seit langer Zeit dort lebt, soll dort auch bleiben können. Unklar bleibt derzeit allerdings noch: Was oder wer unter „soziale Härte“ fällt. Überhaupt gibt es noch viel Klärungsbedarf: Was ist mit dem Bewohnern, die nach dem 1. April 2014 auf den Platz gezogen sind? Sie sollen explizit darauf hingewiesen worden sein, dass ein Erstwohnsitz nicht gestattet ist.

Als großes Problem könnte sich der Brandschutz erweisen. Ein Brandschutzkonzept für die gesamte Anlage muss erstellt werden, um die rechtlichen Vorgaben der Camping- und Wochenendplatzverordnung zu erfüllen; Abstände zwischen den Gebäuden müssen für die Feuerwehr ausreichen. Der gesamte Bestand werde, so der Baudezernent, im Interesse aller Nutzer und Besucher des Entenfangs auf Sicherheitsmängel überprüft. Das wird erforderlich sein, wenn die Stadt die Rechtsgrundlage dafür schaffen will, dass die Bauten als Wochenendhäuser künftig genutzt werden dürfen. Unklar ist, ob nach der Sichtung der Feuerwehr alle Häuser stehen bleiben können – auch das bereitet am See derzeit große Sorgen.

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