Mülheim. CDU und SPD greifen nun mit Sachargumenten in die aufgeladene Mülheimer Debatte um mehr Polizei in Styrum ein. Wochenlang hatten sie geschwiegen.
Und sie bewegen sich doch: In die vom Bürgerlichen Aufbruch BAMH entzündete Debatte um eine Polizeiwache in Styrum steigen nun auch SPD und CDU ein, um die politische Deutungshoheit mit eigenen Vorschlägen zurückzugewinnen. Die CDU will den Ausbau der Polizeipräsenz und längere Öffnungszeiten ähnlich der Stadtwache im Ruhrquartier, die Genossen schnüren gar ein SOS-Paket für Styrum und die Stadt, kurz für Sicherheit – Ordnung – Sauberkeit.
Wochenlang hatten die beiden größten politischen Parteien im Parlament der Stadt zur Sicherheitslage in Styrum im Wesentlichen geschwiegen. Der Grund: Beide wollten auf die Angst schürende Diskussion nicht einfach ohne eigene Konzepte aufspringen, bekunden sowohl SPD als auch CDU. Beschwerden aus der Bevölkerung über Angsträume und zwei Überfälle in der jüngsten Vergangenheit hätten „zum Teil zu einer Symboldiskussion wie die Forderung nach einer Polizeiwache oder einem Polizeipräsidium geführt“, erläutert CDU-Fraktionsgeschäftsführer Hansgeorg Schiemer. Daran habe man sich nicht beteiligen wollen.
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Mülheimer CDU bemängelt Ausstattung und Außenwirkung der Styrumer Dienststelle
Es gibt in Styrum zwar eine so genannte Bezirksdienststelle, allerdings zeigte sich auch die CDU nicht wenig erstaunt über deren nur kurze Öffnungszeiten von nur 11,5 Stunden – in der Woche. Im Vergleich: Die Stelle an der Ruhrpromenade hat 20. Das führt gleich zu Kritikpunkt 2: Die Bezirksdienststelle am Sültenfuß-Platz an der Oberhausener Straße wird von außen kaum wahrgenommen.
Ein Blick auf die Einrichtung zeigt, warum: Es gibt keinen gut sichtbaren Hinweis, dass hier überhaupt Polizei anzutreffen ist. Die Stelle macht optisch einen verlassenen Eindruck. Weder am Gebäude noch auf dem Platz deutet etwas auf die Anlaufstelle hin. Und da die Öffnungszeiten dürftig sind, sind auch die Rollladen überwiegend unten. Das verstärkt den Eindruck noch.
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Für die Bezirksvertretung 2 am 13. August und im Ausschuss für Sicherheit und Ordnung fordert die CDU daher einen Bericht über die Sicherheitslage in Styrum ein. Vor allem will sie wissen, wie genau es um die Präsenz der Polizei im Stadtteil bestellt ist, und wie erfolgreich der kommunale Ordnungsdienst von Polizei und Ordnungsamt funktioniert. „Die CDU-Fraktion sieht hier noch Möglichkeiten zum Ausbau dieser Polizeipräsenz in Styrum“, deutet Schiemer an, dass die CDU sich hier eine Stadtwache nach Vorbild Ruhrquartier vorstellen kann.
Mülheimer SPD will Ausweitung des Modells Stadtwache
Einen Schritt weiter geht die SPD. Sie hat sich bereits im Wahlprogramm für eine Ausweitung des Modells Stadtwache entschieden und will dies in Dümpten, Heißen, Speldorf umsetzen – und natürlich Styrum. „Das Wohlfühlen im Stadtteil kann man nicht wegdiskutieren“, spricht OB-Kandidatin Monika Griefahn auch von eigenen Erfahrungen mit Angsträumen oder zumindest subjektiv unsicheren Situationen in dunklen, dreckigen Ecken und mit lauten, meist jungen Männergruppen etwa am Bahnhof.
Für die Einrichtung einer Stadtwache in Styrum benötigt die Stadt allerdings weiteres Personal und Geld. Wie die SPD das finanzieren will? Der Kämmerer hatte schließlich jüngst vor einem bevorstehenden Finanzloch von bis zu 25 Millionen Euro gewarnt und eine umfangreiche Streichliste vorgelegt.
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Personelle Schwerpunkte bei Sicherheit und Sauberkeit setzen
Griefahn hat zwei Ansätze: Zum einen werden in den nächsten zehn Jahren 37 Prozent der Verwaltungsmitarbeiter pensioniert werden. Durch die Nachbesetzung habe man die Spielräume, Schwerpunkte bei Sicherheit und Sauberkeit setzen zu können. Zum anderen schaffe die Digitalisierung Entlastung in bestimmten Verwaltungsbereichen. Dort etwa könne man Mitarbeiter eine Umschulung zum Ordnungsdienst anbieten. Der müsse dann aber auch attraktiver werden.
Wann könnte eine Stadtwache in Styrum umgesetzt werden? Gibt es die politische Mehrheit im Rat für die Stadtwache in Styrum, die den notwendigen Mitteln im kommenden Haushalt zustimmt, könnte die Wache bereits 2021 umgesetzt werden, glaubt der SPD-Parteisprecher Rodion Bakum. Chancen bestehen, wenn CDU und auch BAMH mitziehen. Bis zur Umsetzung soll die Stadt die Mobile Wache der Polizei mit Ordnungskräften ergänzen, die flexibel in den Quartieren auf Streife gehen.
Info: Was das SOS-Paket noch umfasst
Im Wesentlichen will die SPD nicht nur Sicherheit sondern auch Ordnung und Sauberkeit – kurz SOS – verbessern. Dazu zählt ein Bündel von Maßnahmen, die im Wesentlichen auf Prävention abzielen von der Müllvermeidung durch eine Cradle-to-cradle-Kreislaufwirtschaft bis hin zu Schutzräume für Kinder, Senioren und Frauen sowie zu sozialen Projekten mit zusätzlichen Streetworkern.
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Ein zentraler Ansatz: Griefahn will – wie OB-Kandidat Jochen Hartmann – einen Kriminalpräventiven Rat gründen, der nicht nur aus Polizei, Ordnungskräften, Feuerwehr, Rettungsdienst besteht, sondern Akteure aus den Stadtteilen wie Gemeinden, Bürger- und Sportvereine einbezieht. „Ich glaube, dass wir die Kenntnis der Bürger und der Szene vor Ort einfließen lassen müssen, um Probleme zu lösen“, hofft die OB-Kandidatin, dass sich in der Zusammenarbeit mit den verschiedenen Communities im Stadtteil Vertrauen aufbaut.
So könnten die aktuellen Probleme in Styrum mit Familien aus dem ost-europäischen Raum, etwa Roma und Sinti, mit Hilfe von Ansprechpartnern der Gemeinde in einem Kriminalpräventiven Rat angegangen werden. Dass dies Erfolg haben kann, sieht der Styrumer Bezirksbürgermeister Heinz-Werner Czeczatka-Simon anhand der regelmäßigen Styrumer Stadtviertelkonferenz in der zahlreiche Vereine und Institutionen seit Jahren zusammenarbeiten.