Essen/Mülheim. Zum wiederholten Male muss das Essener Präsidium bei den Vollzugskräften personell Federn lassen. Der Plan sieht rund acht Stellen weniger vor.
Die frohe Botschaft des Innenministers hat am Donnerstag auch in Essen aufhorchen lassen: Fast alle Polizeibehörden im Land erhalten mehr Personal, verkündete Herbert Reul (CDU). Mehr als zwei Drittel der Behörden in NRW haben die Aussicht auf mehr Vollzugsbeamte, hieß es aus Düsseldorf. Doch beim Blick in die sogenannte Belastungsbezogene Kräfteverteilung für das Jahr 2020 folgte der ersten Hoffnung die Enttäuschung ziemlich schnell auf dem Fuß: Denn die Essener Behörde wird bei den operativen Kräften wohl zum wiederholten Mal personell Federn lassen.
Es sind ernüchternde Nachrichten: Polizeipräsident Frank Richter muss nach den erlittenen Verlusten in den Vorjahren einmal mehr mit weniger Beamten auskommen. Minus 7,92 Stellen wirft der Plan aus. Dass das Ministerium zum Ausgleich 36 zusätzliche Regierungsbeschäftigte für das Präsidium an der Büscherstraße in die Waagschale wirft, will Heiko Müller, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) für Essen und Mülheim, als verkauften Reingewinn nicht gelten lassen.
Qualifizierte Kräfte wachsen nicht auf den Bäumen
„Noch ist das Personal nicht eingestellt“, stellt Müller klar. Und wann geeignetes gefunden werde, stehe in den Sternen. Denn meist gehe es um die Besetzung höher dotierter Stellen etwa für die Auswertung von kinderpornografischen Inhalten oder bei der IT-Sicherheit. „Solch qualifizierte Kräfte wachsen nicht auf den Bäumen.“
Das, was der Innenminister „alle Jahre wieder“ öffentlich zu verkaufen versucht, sei durch die Essener Brille gesehen „einmal mehr Schönfärberei“, kritisiert Müller. Die Betonung, dass es sich bei den aktuellen Zahlen erst einmal um eine Planrechnung handele, weil die endgültige Stellenverteilung erst am 1. September feststehe, wenn einerseits die Abschlussprüfungen der Kommissaranwärterinnen und -anwärter beendet sind und außerdem klar ist, wie viele Polizistinnen und Polizisten tatsächlich in den Ruhestand gehen, ist in den vergangenen Jahren auch schon wirkungslos verhallt.
Die ersten Befürchtungen wurden von der Realität überholt
Vielmehr wurden die ersten Befürchtungen der Gewerkschaft sogar von der Realität überholt: Zum Stichtag des vergangenen Jahres zählte die Essener Behörde noch einmal 21 Beamte weniger, nachdem man im Jahr zuvor bereits mit einem Minus von 26 Kräften klarkommen und auch noch den vierten Zug der Einsatzhundertschaft mit eigenen Kräften ausstatten musste. Lange ist’s her, dass die Neueinstellungen den Verlust durch Pensionierungen oder Versetzungen in andere Behörde auffangen konnten, obwohl die Fülle der Aufgaben unaufhörlich wächst. Im Vergleich zum Jahr 2000 fehlen mittlerweile 90 Stellen bei der Essener Polizei, hat die GdP ausgerechnet und vernehmlich Alarm geschlagen.
Die Belastungsgrenze sei nicht nur erreicht, sondern überschritten, warnte die Gewerkschaft nicht zuletzt vor den gesundheitlichen Gefahren. Der Überstundenberg wachse unaufhörlich weiter. Die Wahrheit sei: Rechne man den durch zusätzliche Aufgaben entstandenen Personalbedarf der letzten Jahre hinzu, „fehlt dem PP Essen inzwischen ein gut dreistelliger Personalbestand“, sagte Müller in einem Gespräch mit dieser Zeitung.
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