Mülheim. Mit Wassersäcken reagiert die Stadt auf ausgetrocknete Böden. Warum Mülheim aber ein Kataster und ein Klima-Konzept für Stadtbäume fehlt.
Der gelegentliche Regen der letzten Tage mag darüber hinwegtäuschen, doch die Gefahr der Trockenheit für die städtischen Bäume in der Stadt ist nicht gebannt. Gut 48.200 Exemplare sorgen für ein erträgliches Klima, wo dichte Wohnbebauung die Hitze steigen lassen. Doch nach zwei trockenen Sommern brauchen sie reichlich Wasser. Vor allem junge Bäume. Die Stadt und beauftragte Baumschulen helfen ihnen mit so genannten Wassersäcken unter die Arme.
60 Liter fassen diese Spender, die in einem Beutel um einen Stamm gelegt werden, und aus dem nach und nach Wasser aus kleinen Löchern in den Boden fließen. Bäume sind durstig, und so greift die Stadt zu neuen Methoden. Im vergangenen Jahr rückte sie zwar mit freiwilliger Feuerwehr und THW aus, als die Trockenheit zu groß wurde.
Wenigstens 20 Wassersäcke an Bäumen im Stadtgebiet
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Doch der große Schwall mit dem Feuerwehrschlauch hatte Tücken: „Der Boden war so trocken, dass das Wasser teilweise nicht aufgenommen wurde und an dem Baum vorbeifließen konnte“, beschreibt Stadtsprecher Volker Wiebels das Problem. Die aktuell wenigstens 20 Wassersäcke in der Stadt sind eine Antwort darauf, denn durch die Abgabe peu à peu bleibt die lebensnotwendige Flüssigkeit bei den Wurzeln. Die Bezirksvertretung 1 hatte diese Maßnahme im vergangenen November beschlossen. Zudem kümmern sich Baumschulen um Jungbäume. Drei Jahre lang sind sie für die Pflege zuständig.
Doch reicht dieser Aufwand? 2019 hat die Trockenheit wenigstens ein Prozent des Gesamtbestands an städtischen Bäumen gekostet – rund 500 Bäume. Doch nur 100 Bäume werden jährlich nachgepflanzt. In der Nachbarstadt Duisburg haben dagegen die Wirtschaftsbetriebe auf die zwei trockenen Sommer in Folge reagiert und in diesem Jahr kräftig aufgerüstet. „Noch so ein Sommer wäre der Super-GAU“, warnte ihr Stadtförster Stefan Jeschke. Die Menge an Säcken wurden auf 959 verdreifacht, um die 120.000 Duisburger Bäume mit zu versorgen.
Bestand wird regelmäßig von Baumkontrolleuren geprüft
Nicht nur Nachpflanzung und Bewässerung sind eine Frage der Finanzen, auch der Umstand, dass die Stadt über kein Baumkataster verfügt, räumt Peter Schuhmacher vom Amt für Grünflächenmanagement ein. Zwar werde der städtische Bestand von Baumkontrolleuren regelmäßig geprüft, eine Übersicht, welche und wie viele Baumarten in der Stadt zu finden sind, aber fehlt.
Doch erst ein solches Kataster kann eine Bewertung ermöglichen, wie klimatauglich der Bestand an städtischen Bäumen ist. Und ein entsprechendes Konzept. Zu dieser Erkenntnis ist die Nachbarstadt Düsseldorf gekommen: Wasser allein werde zukünftig nicht mehr reichen, die Städte müssten umstellen auf so genannte Klimabäume. Düsseldorf hat dazu bereits ein Projekt Zukunftsbäume aufgelegt. Bis 2023 will die Stadt jeweils eine Million Euro pro Jahr investieren. Dafür werden zum Beispiel jährlich 200 Neupflanzungen angestrebt.
Auch die Eignung als Bienenweide spielt eine Rolle
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Vor allem aber setzt man hier im Straßenraum auf resistente und möglichst unterschiedliche Baumarten wie Zürgelbaum, Magnolie, Baumhasel, Buche, Edelkastanie, Eiche, Feldahorn, Linde. Nicht nur Klima, auch die Eignung als Bienenweide spielt hier eine Rolle. Zudem bestehen 67 Prozent aller Straßenbäume der Landeshauptstadt aus nur fünf Baumgattungen. Vielfalt aber erhöht die Chance, dass Trockenheit und Baumkrankheiten den Bestand nicht zu sehr schwächen und das Stadtklima gefährden.
Im Mülheimer Stadtwald arbeitet Stadtförster Dietrich Pfaff längst nach diesem Konzept des Mischwaldes. Für die Stadtbäume hingegen scheint es noch zu fehlen.