Mülheim. Das nächste Schuljahr wird eine Herausforderung. Nicht nur wegen Corona: In Mülheim fehlen etliche OGS-Plätze. 22 kamen gerade neu hinzu.

Rund 1470 Mädchen und Jungen werden nach den Sommerferien in Mülheim eingeschult. Sie finden dort, wegen der Corona-Pandemie, sicher sehr spezielle Bedingungen vor. Viele Familien haben aber noch ein ganz anderes Problem: Bis dato fehlten für die Erstklässler 122 Plätze im Offenen Ganztag (OGS). Inzwischen sind es nur noch 100 Plätze.

Wie der zuständige Dezernent Marc Buchholz in der Sitzung des Bildungsausschusses bekannt gab, wurde eine Lösung für 22 Kinder gefunden: In zwei Gesprächsrunden hätten die Freien Träger der OGS und die Grundschulen gemeinsam beschlossen, zusätzliche Plätze einzurichten. An elf Schulen, die noch Nachholbedarf haben, werden jeweils zwei Kinder in bestehenden Gruppen zusätzlich betreut.

Verwaltung: Einrichtung zusätzlicher Gruppe nicht gerechtfertigt

An keiner Schule habe sich allerdings ein Bedarf von 20 bis 25 fehlenden Plätzen gezeigt, der die Einrichtung einer zusätzlichen Gruppe rechtfertigen würde, heißt es im Bericht der Verwaltung. Tatsächlich ist die Not an einigen Mülheimer Schulen aber groß.

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Im Februar 2020 wurde der Bedarf erneut ermittelt, zuvor hatte es noch einmal eine Abfrage bei den 22 Grundschulen gegeben. Danach fehlen beispielsweise an der Erich-Kästner-Schule und an der Hölterschule jeweils noch 17 OGS-Plätze für Erstklässler, an der Astrid-Lindgren-Schule 16, an der Pestalozzi-Schule zwölf Plätze, an der Gemeinschaftsgrundschule Sunderplatz elf.

Dezernent nach Sparbeschluss stark unter Zugzwang

Der Bildungsdezernent steht hier stark unter Zugzwang. Im Dezember 2019 hatte der Stadtrat mit knapper Mehrheit seinem OGS-Konzept zugestimmt: Buchholz hatte mit den Freien Trägern - Caritas und Diakonie - ausgehandelt, dass sie ab dem neuen Schuljahr insgesamt 250.000 Euro weniger erhalten, für die Betreuung der selben Anzahl an Kindern. Die eingesparte Summe soll verwendet werden, um zusätzliche OGS-Plätze zu schaffen.

Unter anderem CDU und Grüne trugen den Kompromiss mit, während die SPD im Rat dagegen stimmte. Sozialdemokraten und Freie Träger hatten schon im Vorfeld die Sorge geäußert, dass die Sparmaßnahme zwangsläufig zu Lasten der Betreuungsqualität gehen müsse. Daher wurde - auf Initiative der Grünen - zugleich ein Runder Tisch gegründet, unter Beteiligung der OGS-Träger und der bildungspolitischen Sprecher der Fraktionen, um diesen Prozess kritisch zu begleiten. Im Juni soll dieser Zirkel erneut zusammenkommen.

Grüne: „Wo ist denn da der Erfolg?“

Buchholz muss also liefern, gleichwohl wurden die 22 zusätzlichen Plätze im Bildungsausschuss nicht einstimmig bejubelt. Während Heiko Hendriks (CDU) von einem „positiven Signal“ sprach, kommentiert Franziska Krumwiede-Steiner, bildungspolitische Sprecherin der Mülheimer Grünen, trocken: „Wo ist denn da der Erfolg?“

Auch für größere Kinder fehlen OGS-Plätze

Nicht nur die künftigen Erstklässler brauchen zusätzliche OGS-Plätze: Eine krasse Lücke klafft auch bei den Grundschuljahrgängen zwei bis vier. Hier fehlen nach jüngsten Zahlen der Stadt 185 Plätze.

Allerdings beruhten diese Daten auf den Wünschen der Eltern, die zum Schuleintritt geäußert und danach nicht mehr verifiziert wurden, so die Verwaltung.

Daher solle der Schwerpunkt der Bemühungen auf zusätzliche Plätze für die Erstklässler gelegt werden.

Skeptisch äußerte sich auch SPD-Mann Norbert Mölders, der dem Bildungsausschuss vorsitzt. Er sagte: „Ich würde das nicht als Entspannung der Lage bezeichnen. Es gibt noch genug zu tun.“ Im Gespräch mit dieser Redaktion verweist Mölders auch auf die weiterhin fehlenden OGS-Plätze für Zweit- bis Viertklässler. „Viele Eltern wurden vertröstet und stehen nach wie vor auf der Warteliste.“ Insgesamt müssten noch wesentlich mehr Kinder untergebracht werden.

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Der Dezernent signalisierte immerhin, dass das zusätzliche Geld im Umfang von 250.000 Euro durch die 22 neuen Plätze „noch nicht aufgebraucht“ sei. Schon jetzt sei aber klar, so Marc Buchholz: „Wir werden im kommenden Schuljahr - coronabedingt - einen anderen Ganztag fahren müssen als ursprünglich geplant war.“ Wie sich die Betreuung nach den Sommerferien räumlich und praktisch überhaupt bewerkstelligen lässt, das ist die nächste große Frage.