Mülheim. Das Geld, das Mülheim für den Offenen Ganztag bereitstellt, ist gedeckelt. Offen ist, wie mit dem Geld 122 neue OGS-Plätze zu schaffen sind.

Der Stadtrat hat Bildungsdezernent Marc Buchholz zunächst einmal einen Strich durch dessen Rechnung gemacht, in einem ersten Schritt Gelder im Offenen Ganztag (OGS) einzusparen, um in einem zweiten Schritt erst zu schauen, ob damit unversorgten Grundschülern ein OGS-Platz geboten werden kann. Die SPD sieht ein „Täuschungsmanöver".

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Bekanntlich hatte die Sozialverwaltung mit den OGS-Trägern verhandelt und verkündet, dass die Träger der OGS ab Sommer 2020 mit 250.000 Euro weniger auskommen können, um die gleiche Anzahl an Kindern in möglichst gleicher Qualität zu betreuen. Das Diakonische Werk, das derzeit 42 Gruppen betreut, soll 105.000 Euro weniger pro Schuljahr erhalten, die Caritas (34 Gruppen) 85.000 Euro und Stöpsel (vier Gruppen) 10.000 Euro weniger. In den 20 städtischen OGS-Gruppen wären 50.000 Euro einzusparen.

Mülheim gibt relativ viel Geld zusätzlich in den Offenen Ganztag

Bildungsdezernent Marc Buchholz hatte damit auch das aufgegriffen, was Gemeindeprüfer moniert hatten: Mülheim gibt bislang unverhältnismäßig viel eigenes Geld in den Offenen Ganztag rein. Laut Buchholz sind es knapp 2100 Euro pro Jahr und OGS-Kind. In Kevelaer, wo Buchholz zuvor als Dezernent wirkte, seien es nur 460 Euro, in Bonn 1600 Euro.

Bildungsdezernent Marc Buchholz kann noch keine Zusage machen, ob er 122 fehlende OGS-Plätze bis Sommer 2022 schaffen kann.
Bildungsdezernent Marc Buchholz kann noch keine Zusage machen, ob er 122 fehlende OGS-Plätze bis Sommer 2022 schaffen kann. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Mit seinen Argumenten drang Buchholz in der Politik nun aber nicht durch. Der Stadtrat lehnte einen Beschluss zur Sache ab und verschob das Buchholz-Papier zur weiteren Beratung in den Jugendhilfe- und Bildungsausschuss.

SPD bezichtigt Dezernenten eines Täuschungsmanövers

Grund für die Abwehrhaltung der Politik: Buchholz hatte Ende Oktober einräumen müssen, dass er an den Grundschulen derzeit keine Möglichkeit sieht, mit dem eingesparten Geld zusätzliche OGS-Gruppen einzurichten. Es fehle unter anderem an Grundschulen, wo nach den jüngsten Anmeldungen am meisten Zusatzbedarf bestehe, schlichtweg an Räumen. Buchholz versicherte zwar, die Verwaltung wolle sich weiter bemühen, um möglichst vielen der aktuell 122 unversorgten Grundschüler einen OGS-Platz im Sommer bieten zu können, das reichte der Politik aber nicht.

Insbesondere die SPD schenkt dem Ganzen offenbar kein Vertrauen. Ihr bildungspolitischer Sprecher Jan Vogelsang spricht gar von einem „Täuschungsmanöver“ des CDU-Dezernenten. Tatsächlich gehe es Buchholz wohl nicht darum, mit den eingesparten Mitteln die Versorgungslücke zu schließen. Vielmehr sei zu befürchten, dass es bei der Einsparung bleibe, sich aber nichts Positives für die Eltern unversorgter Grundschüler tue.

Zweifel an qualitätsneutraler Einsparung

Auch haben die Genossen Zweifel daran, dass die OGS-Träger die Kürzungen ohne Qualitätseinbuße kompensieren könnten – zumal die Verwaltung ihnen selbst die Möglichkeit nahelege, den Kürzungen etwa durch eine Reduzierung des Stellenschlüssel für Erstgruppen von derzeit 2,0 auf 1,8 zu begegnen.

Das sind die Optionen für mehr OGS-Plätze

Bildungsdezernent Marc Buchholz und seine Fachverwaltung sehen für den zusätzlichen Betreuungsbedarf an Schulen nicht die räumlichen Voraussetzungen gegeben.

Buchholz betont, dass er aber die Nutzung von vorhandenen Klassenräumen bevorzuge, statt neben einer Schule für die OGS neu zu bauen. Die Nutzung von Klassenräumen scheitere aber bislang oft daran, dass dort Klassenmaterialien nicht sicher zu verstauen seien. Daran könne man womöglich was ändern.

Eine andere Option sei es, in Absprache mit den OGS-Trägern die Gruppen zu vergrößern oder sie grundsätzlich neu zu strukturieren, um mehr Kinder betreuen zu können.

Eine Etatkürzung bei der OGS, obwohl die Bedarfe stark steigen, ist absolut kontraproduktiv“, sagt Norbert Mölders (SPD), Vorsitzender des Bildungsausschusses. Um den Bedarf an 122 zusätzlichen Betreuungsplätzen zu decken, seien kreative Lösungen nötig. Vogelsang und Mölders betonen, dass das Schließen der Versorgungslücke allerdings Vorrang habe vor den wünschenswert hohen Standards im Mülheimer Offenen Ganztag.

Buchholz’ Ziel: Für viel Geld auch viele Kinder in die OGS bekommen

Kreativen Lösungen will sich Bildungsdezernent Buchholz nach eigener Aussage gar nicht versperren. Er betont aber, dass die Zeit knapp werde ohne Ratsbeschluss. Erst wenn die 250.000 Euro freigeschaufelt seien, könne sein Fachamt mit den Grundschulleitungen und den Trägern Gespräche führen, wo an der einen oder anderen Stelle zusätzliche Plätze angeboten werden könnten. Das werde Zeit beanspruchen.

Buchholz stellt spitz fest, dass Mülheim vergleichsweise viel Geld in die OGS gebe, aber mit einer Versorgungsquote von nur 40 Prozent an drittletzter Stelle im Ruhrgebiet rangiere. Sein Ziel sei es, „dass wir für das viele Geld, das wir reingeben, auch mehr Kinder in die OGS bekommen“. Letztlich gehe es um einen sparsamen Umgang mit Mitteln, „daran wird sich auch die SPD messen lassen müssen“.