Mülheim. Die Malteser in Mülheim haben ein neues Hilfsangebot: Menüpatenschaften. Zwei Senioren werden derzeit versorgt, der Bedarf ist aber viel größer.
Seit Jahresbeginn versorgen die Mülheimer Malteser zwei Senioren, die sehr wenig Geld haben, mit warmen Mahlzeiten. Eine Frau und ein Mann haben Menüpatenschaften bekommen - zwei Fälle von Altersarmut in Mülheim, die sich durch die Coronakrise zweifellos noch verschärft hat.
Organisiert werden diese Patenschaften über den Besuchs- und Begleitdienst der Mülheimer Malteser, der vor rund fünf Jahren ins Leben gerufen wurde. Seit 2017 arbeiten die Ehrenamtlichen mit dem städtischen Seniorenbüro in einem bundesweiten Modellversuch zusammen: "Selbstbestimmt im Alter – Vorsorgeunterstützung im Team“ (SiAViT). So weit der Hintergrund, der es möglich macht, Menschen in Einzelfällen mit einem kostenlosen täglichen Essen zu beliefern. Sie können aus den Speiseplänen des Malteser-Menüservice wählen, sie zahlen nichts dafür.
Ein Zeichen gegen Vereinsamung und Altersarmut setzen
"Mit diesem Angebot möchten wir ein Zeichen gegen soziale Vereinsamung und Altersarmut setzen", erklärt Wolfgang Schiedel, der Ende 2019 die Leitung des Besuchs- und Begleitdienstes übernommen hat, gemeinsam mit seiner Frau Beate.
Die erste Menüpatenschaft hat eine ältere Dame aus Mülheim bekommen. Ihre monatliche Rente bewegt sich um 750 Euro. Wie sie es schafft, davon zu leben? Nein, öffentlich äußern möchte die Seniorin sich nicht. Selten gehen arme Alte mit ihrem Schicksal hausieren, eher verschweigen sie es. "Viele haben auch Angst, dass ihre Kinder dann für sie aufkommen müssen", vermutet Wolfgang Schiedel.
Monatlich 450 Euro zum Leben
Die zweite Menüpatenschaft kommt Norbert L. zugute. Gerne lädt er zum Gespräch in seine kleine Wohnung in Dümpten. Aber er möchte anonym bleiben. Der 64-Jährige, schwer gehbehindert, bezieht seit langem Sozialleistungen. Nach Abzug der Miete bleiben ihm monatlich knapp 450 Euro zum Leben. Bei Norbert L. war es ein Unfall, der ihm vor etwa 20 Jahren die Beine weggezogen hat: Er stürzte extrem unglücklich in der eigenen Wohnung, erlitt einen mehrfachen Bruch der Wirbelsäule. 2008 folgte ein Schlaganfall.
Einen Großteil seines Lebens hat er in Berlin verbracht, hat als Kundendiensttechniker Waschmaschinen wieder ans Laufen gebracht und, wie er sagt, "nicht schlecht verdient". Doch das ist lange her. Vor fünf Jahren ist L. nach Mülheim gezogen, in die Nähe seiner Schwester. Die beiden Töchter wohnen weit weg.
"Ich hatte früher viele Freunde. Auch falsche Freunde"
Sein Bewegungsradius ist winzig geworden: mit dem Rollator zum Einkaufen, gelegentlich zum Heifeskamp, seltenst in die Mülheimer Innenstadt. Momentan, in Corona-Zeiten, bleibt er ganz zu Hause. Norbert L. ist genügsam: "Ich verzichte auf nichts. Ich bin eher introvertiert, kenne in Mülheim auch nicht viele Leute." Früher, in Berlin, sei das anders gewesen: "Da hatte ich viele Freunde. Auch falsche Freunde." Urlaub habe er schon ewig nicht mehr gemacht, mindestens 15 Jahre nicht mehr. Er kann es verschmerzen. "Man muss mit dem zufrieden sein, was man hat", lautet seine Devise.
Gratis-Mahlzeiten für eine Woche werden tiefgekühlt geliefert
Sieben Gratis-Mahlzeiten bekommt er jeweils für eine Woche geliefert. Tiefgekühlt. Auch einen Ofen zum Erwärmen haben die Malteser ihm gebracht. Regulär müsste Norbert L. für diesen Service etwa 42 Euro zahlen. Pro Woche. Früher hat er sehr gerne selber gekocht. "Früher war es mein Hobby. Ich wollte Koch werden. Ursprünglich." Seine Spezialität, die ihm besonders gut gelingt? "Grünkohleintopf." Norbert L. ist in der Tat ein bescheidener Mann.
MENÜSERVICE: CORONA BRINGT VIELE NEUE KUNDEN
Momentan beliefert der Menü-Bringdienst der Malteser 58 Kunden in Mülheim. Im Zuge der Corona-Pandemie sind elf neue hinzugekommen.
Nähere Infos zum ehrenamtlichen Besuchs- und Begleitdienst gibt es bei Wolfgang Schiedel, 0176-34603060, besuchsdienst.muelheim@malteser.org.
Wer eine Mahlzeitenpatenschaft übernehmen möchte, kann sich auch direkt an die Malteser im Bistum Essen wenden unter Tel. 0201-8204722 (Benjamin Schreiber).