Mülheim. Nicht nur Senioren, auch Alleinerziehende können das Angebot der Hilfsorganisation in Anspruch nehmen.
Eigentlich wollte sie einer alleinerziehenden Mutter helfen – jemandem, der vor den gleichen Herausforderungen steht, mit denen Karin Reynold-Nimz einst selbst zu ringen hatte, als sie vor fünf Jahren als ebenfalls alleinerziehende Mutter zweier Töchter aus beruflichen Gründen nach Mülheim ziehen musste. Aber dann stand die 51-Jährige plötzlich im Wohnzimmer von Herrn Lemme.
Hier sollte sie nun einmal pro Woche zwei Stunden verbringen, einem 85-jährigen Mann Gesellschaft leisten. Den Kontakt hatte ihr der neue Besuchs- und Begleitdienst des Malteserbundes im Dezember 2015 vermittelt. „Ich wollte einfach mal etwas zurückgeben, weil mir immer viele Menschen geholfen hatten“, sagt sie.
Bei ihrem ersten Treffen mit Herrn Lemme sei sie allerdings etwas skeptisch gewesen, gibt Reynold-Nimz zu. Vorher hatte sie nie viel mit älteren Menschen zu tun. „Aber jetzt haben wir hier wöchentlich eine richtige Gaudi“, sagt die gebürtige Bayerin.
Denn seinen Humor hat Gerhard Lemme auch nach seinem Schlaganfall nicht verloren. Einen lustigen Spruch hat er immer auf Lager – gerne auch auf Kosten seiner Frau, die liebend gerne zurückschießt und ihren Mann als „friedlichen Meckerfritzen“ liebkost.
Vereinsamt ist Gerhard Lemme also keineswegs, nur im Gegensatz zu seiner mit 89 Jahren immer noch fitten Frau kann er das Haus kaum mehr verlassen. Und Luise Lemme lässt ihren Mann ungern alleine, wenn sie einkaufen oder spazieren geht. „Da habe ich für ihn Kontakt zur Außenwelt gesucht“, erzählt sie. Fündig wurde sie beim Malteserbund, der über seinen im Herbst gestarteten Begleitdienst Ehrenamtler vermittelt, die anderen im Garten helfen, sie bei Behördengängen unterstützen – oder einfach nur da sind und ein offenes Ohr haben. So wie Karin Reynold-Nimz. „Wir reden über Gott und die Welt“, sagt Gerhard Lemme.
Er erzählt gerne von seiner Vergangenheit als Maschinenbautechniker, von seinen vielen internationalen Bekanntschaften aus Pakistan oder Indien oder von seinem Engagement im Mülheimer Geschichtsverein. Und die Besucherin nimmt dabei „eine Menge Weisheiten“ für sich mit. „Er kann so lebendig erzählen“, sagt die Marketingassistentin. „Aber auch, wenn ich von mir und meinen Kindern erzähle, dann saugt er immer alles auf. Wie ein Schwamm.“
Jemanden wie Karin Reynold-Nimz da zu haben – eine Frau, die gut zuhören kann und ihren manchmal derben Humor teilt – das hat auch Luise Lemme zu schätzen gelernt. Und die Gespräche sind oft so interessant, dass sie bisweilen nicht anders kann, als das Einkaufen oder den Spaziergang zu verschieben, um einfach mitzuplaudern. In den vergangenen drei Monaten hat sich so eine richtige Freundschaft entwickelt, nicht nur zwischen Karin Reynold-Nimz und Herrn Lemme, auch zwischen den beiden Damen.
„Es passt einfach“, so bringt es Luise Lemme auf den Punkt. „Ich bin sehr froh, dass wir uns gefunden haben.“
Angebot gilt auch für Alleinerziehende
Der noch junge Besuchs- und Begleitdienst der Malteser möchte ein Angebot für Menschen mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen sein, also nicht nur für Senioren. Geholfen werden soll etwa auch alleinerziehenden Elternteilen – zu denen auch Karin Reynold-Nimz gehörte, bevor sie ihren Mann in Mülheim kennenlernte. „Hätte es so ein Angebot schon vor fünf Jahren gegeben, ich hätte mich sofort gemeldet“, sagt die zweifache Mutter.
Projektleiterin Gabriela Böhm ergänzt: „Einige Eltern müssen vielleicht erst die Vorstellung ablegen, dass es mit persönlichem Versagen zu tun hat, wenn man Hilfe bekommt.“ Bisher hat sie vor allem Anmeldungen von älteren Menschen erhalten. Gabriela Böhm möchte aber nicht nur Leute mit verschiedensten Problemen ermutigen, sich zu melden, sondern hofft auch auf mehr Ehrenamtliche, die sich beteiligen wollen. „Jeder hat bestimmte Fähigkeiten, mit denen er sich ganz sicher einbringen kann“, meint sie.
Wichtig sei zudem, dass das Projekt nicht von Zwängen lebe. Wenn die Chemie zwischen zwei Leuten nicht stimme, könne man immer einen zweiten Vermittlungsversuch unternehmen.
Wer helfen möchte oder selber Begleitung wünscht, kann sich melden bei: Gabriela Böhm, Malteser, Hilfsdienst Mülheim, Karlsruher Straße 9, Tel. 592224, Mail: besuchsdienst@malteser-muelheim.de
Infos zum neuen Begleitdienst gibt es auch im Internet unter www.malteser-muelheim.de. Wer möchte, kann die Malteser auch über Facebook kontaktieren facebook.com/MHD.Muelheim.an.der.ruhr