Mülheim. Übersichtlich war die Demo Mülheimer Kita-Eltern auf dem Rathausmarkt, aber sie hat Gehör gefunden. Die Stadt sagt personelle Verbesserungen zu.
Der Stadtelternrat macht Druck. Unter dem Motto „Schluss mit dem Gerede!“ hat die gewählte Vertretung der Kita-Eltern eine Demonstration auf dem Mülheimer Rathausmarkt organisiert. Die Kundgebung am Mittwochnachmittag war eher schwach besucht, wurde aber stark wahrgenommen. Über erste kleine Erfolge können sich Eltern und Kita-Beschäftigte freuen.
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Schätzungsweise 70 Erwachsene und gut 20 Kinder haben sich in einer Regenpause auf dem Platz eingefunden. Der Nachwuchs tummelt sich am Awo-Spielmobil, die Großen versammeln sich vor dem roten Verdi-Zelt. Unter den Kundgebungsteilnehmern sind vielleicht zur Hälfte betroffene Kita-Eltern, daneben ein größerer Kreis junger Erzieherinnen und Erzieher, Beobachter aus der lokalen Politik und gleich zwei Vertreter der Verwaltungsspitze: Jugenddezernent Marc Buchholz und Stadtdirektor Frank Steinfort.
Mülheimer Dezernent: Schulterschluss mit dem Stadtelternrat ist wichtig
Buchholz sagt später: „Der Schulterschluss mit dem Stadtelternrat ist mir wichtig.“ Dessen Vorsitzende, Daniela Heimann, hat die Kundgebung maßgeblich organisiert. Sie hätte sich gleichwohl gewünscht, dass mehr Mütter und Väter den Weg vor das Rathaus mitgehen. Wegen Corona hätten wohl einige abgesagt und wegen des Wetters…
Heimann, Mutter einer dreijährigen Tochter, ergreift das Wort und erklärt, man wolle bewusst mit Blick auf den Kommunalwahlkampf Aufmerksamkeit erregen. Die Forderungen, die im Laufe der Kundgebung formuliert werden, sind nicht neu, aber drängend. Etwa der Wunsch nach angemessenem Ausbau der Kita-Plätze: „Überbelegung darf nicht zum Standard werden“, sagt Daniela Heimann. In der Praxis ist sie es aber.
Bei 25 Einrichtungen beworben, aber keinen U3-Platz bekommen
Eine andere Mutter schildert die Schwierigkeit, in der U3-Betreuung unterzukommen: „Ich habe mich bei insgesamt 25 Kitas beworben und keinen Platz bekommen.“ Letztlich fand sich eine Tagesmutter, die passte. Flexiblere Öffnungszeiten sind ein anderes großes Thema: „Wir wollen auf keinen Fall 24-Stunden-Kitas“, betont Daniela Heimann, „aber bedarfsgerechte, realistische Betreuungszeiten.“
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Beate Staudinger, langjährige Leiterin der städtischen Tageseinrichtung „Fiedelbär“, spricht ein anderes Problem an, das ihre Arbeit im Alltag belastet: „Viele Mitarbeiter in Mülheim bekommen nur Zeitverträge. Oft verschwinden sie dann in Nachbarstädte, wenn der erste Vertrag ausläuft.“
Die Beiträge steigen, die Qualität sinkt
Kräftigen Beifall aus dem Zuhörerkreis bekommt die Vorsitzende des Stadtelternrates für das Statement: „Bildung muss kostenlos sein. Dagegen steigen die Beiträge, während die Qualität sinkt.“ An dieser Stelle regt sich aber auch Widerspruch, ein Vater erhebt seine Stimme: „Ich bin gerne bereit zu zahlen, wenn die Kinderbetreuung vernünftig ist. Wer viel Geld hat, kann auch zahlen.“
Online-System für die nächste Anmelderunde
Zu den Forderungen der protestierenden Eltern gehört auch ein funktionstüchtiges Online-System zur Vergabe von Kita-Plätzen.
Dezernent Marc Buchholz erklärte jetzt, dass für die nächste Anmelderunde ein EDV-gestütztes Programm zur Verfügung stehen soll. Die Kosten dafür bezifferte er auf einen „mittleren fünfstelligen Betrag“.
Jugenddezernent Marc Buchholz als Gastredner verweist darauf, dass Mülheim bis zum Jahr 2022 insgesamt 525 Kita-Plätze schaffen werde, davon 162 für Kleinkinder unter zwei Jahren. Er erinnert außerdem daran, dass die NRW-Landesregierung ein weiteres beitragsfreies Kita-Jahr einführt. Dadurch würden die Mülheimer Eltern in der Summe um mindestens 1,35 Millionen Euro entlastet.
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„Sinnvoll und überfällig“ nennt Buchholz die Forderung nach landesweit einheitlichen Beitragsregelungen: „Es ist doch keiner Familie zu vermitteln, dass wir im Ballungsraum Ruhrgebiet mit unterschiedlichen Beitragstabellen arbeiten.“
Vertretungspool für städtische Kitas wird verdoppelt
Trotz weiterhin schwieriger Finanzlage wollte der Dezernent nicht mit leeren Händen vor Eltern und Fachkräften erscheinen. Buchholz verspricht: Zum nächsten Kita-Jahr wird der Vertretungspool der Erzieherinnen in den 37 städtischen Einrichtungen verdoppelt, auf mindestens zwölf Personen. So sollen krankheitsbedingte Ausfälle abgemildert werden.
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Fast verdoppeln will die Stadt Mülheim auch die Plätze für Jahrespraktikanten: Dann wären es 17 angehende Erzieherinnen. Nach erfolgreicher Ausbildung sollen sie übernommen werden. Und: Die Stadt Mülheim will in die praxisintegrierte Ausbildung von Erziehern investieren, am Berufskolleg Plätze dafür einrichten, allerdings erst zum Kita-Jahr 2021/22.