Mülheim. Der Ortsverein verweigerte Mülheims SPD-Fraktionschef die Kandidaten-Nominierung. Spliethoff kündigte Freitag seinen Rückzug aus der Politik an.

Dass ihm Gegenwind entgegenblasen würde bei der Kandidaten-Kür seiner SPD für die Kommunalwahl im September, war längst kein Geheimnis mehr. Dass SPD-Fraktionschef Dieter Spliethoff nun aber schon in seinem eigenen Dümptener Ortsverein gescheitert ist, ist ein weiteres kommunalpolitisches Donnerwetter dieser Tage. Spliethoff zieht seine Konsequenz daraus.

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Am Donnerstagabend hatte der SPD-Ortsverein Dümpten seine Mitglieder ins Jugendzentrum Nordstraße geladen, um dort unter anderem die Direktkandidaten für fünf Kommunalwahlbezirke zu wählen. Dabei kam es schnell zum offenen Affront mit SPD-Fraktionschef Dieter Spliethoff. Der eigene Ortsverein versagte Spliethoff die erneute Kandidatur im Wahlbezirk Dümpten-Süd – obwohl kein direkter Gegenkandidat in Erscheinung trat. Erst später wurde Klaus Stelter in einem zweiten Wahlgang nominiert. Stelter sollte eigentlich ein Mann für die Bezirksvertretung sein.

Spliethoff verließ Versammlung direkt nach seiner Wahlpleite

Spliethoff war da längst verschwunden. Mit seiner Frau verließ er die Versammlungsstätte direkt nach der verpatzten Wahl, die mit 19 zu 16 Stimmen bei fünf Enthaltungen gegen ihn ausgegangen war. Auch Ex-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft verließ, offenbar im Protest gegen das Votum, die Veranstaltung. Den Schilderungen nach soll Kraft die Mitglieder im Vorfeld der Wahl mit aller Vehemenz davor gewarnt haben, Spliethoff den Garaus zu machen. Es gelte, nicht mehr die Schlacht von gestern zu schlagen, soll sie mit Blick auf die Kritik an Spliethoffs Rolle bei der OB-Affäre gesagt haben. Geschlossenheit sei gefragt, um mit OB-Kandidatin Monika Griefahn bei der Kommunalwahl im Herbst erfolgreich zu sein.

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Ortsvereinsvorsitzender Oliver Willems hatte nach eigener Aussage zu Beginn der Versammlung ebenso dafür geworben, geschlossen nach vorne zu schauen und die vom Parteivorstand vorgeschlagenen Kandidaten für die Wahlkreise mitzutragen.

Jungpolitiker Filip Fischer (23) bekennt sich als einer der Königsmörder

Es kam anders. Die Mitglieder forderten vor den Wahlen eine Aussprache zur Arbeit der Ratsfraktion. Dabei soll Spliethoff kräftiger Gegenwind entgegengebracht worden sein wegen seiner Rolle in der Affäre um OB Ulrich Scholten, die er mit Fraktionsgeschäftsführer Claus Schindler sowie den Dezernenten Frank Mendack und Ulrich Ernst seinerzeit – und ohne Absprache mit der Partei – ins Rollen gebracht hatte. Auch sollen Vertreter der AG 60plus Sturm gelaufen sein wegen Spliethoffs Positionierung zur Zukunft einer Seniorenbegegnungsstätte im Stadtteil, insbesondere ging es demnach um Interessen des Seniorenclubs Dümpten.

Einer derjenigen, die gegen Spliethoff mobil gemacht haben, war Filip Fischer (23), seit jüngstem jüngster DGB-Regionalvorsitzender in Deutschland. Fischer bekannte sich auf Nachfrage offen dazu, im Vorfeld für Mehrheiten gegen Spliethoff geworben zu haben. Fischer hatte Spliethoff schon bei einer Sitzung des Ortsvorstandes Ende Januar sein Misstrauen ausgesprochen. Fischer wirft Spliethoff in der Causa Scholten „unsolidarisches Verhalten“ gegenüber der Partei vor.

Spliethoff könnte nur noch über Reserveliste in den Stadtrat kommen

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Spliethoff erklärte am späten Freitagmorgen zunächst einmal, dass er das demokratische Votum akzeptiere, äußerte aber auch kritisch, „dass auch die SPD von der gesellschaftlichen Entwicklung, Einzelinteressen über das Allgemeinwohl zu stellen, nicht verschont bleibt“.

Spliethoff erklärte weiter seine Bereitschaft, bis zum Ende der Ratsperiode am 31. Oktober die SPD-Fraktion im Stadtrat zu führen. Allerdings werde er in einer Fraktionssitzung am kommenden Mittwoch die Vertrauensfrage stellen. Später am Tag kündigte Spliethoff auf Nachfrage dieser Zeitung an, sich zum Ende der Wahlperiode aus der Kommunalpolitik zurückzuziehen.

„Ich bin zum 1. November aus dem politischen Geschäft raus“

Spliethoff-Wahlkreis übernahm am Ende noch Filip Fischer

Für den Wahlbezirk 12 (Mellinghofen) nominierte der Ortsverein ursprünglich Filip Fischer. Nach der gescheiterten Wahl von Dieter Spliethoff als Kandidat für den Wahlkreis 13 (Dümpten-Süd) nominierte der Ortsverein Klaus Stelter. Mit einem zusätzlichen Beschluss kam der Ortsverein schließlich dem Wunsch von Fischer und Stelter nach, im jeweils anderen Wahlkreis antreten zu wollen.

Die weiteren Nominierten sind André Kasberger (Dümpten Nord-West), Oliver Willems (Dümpten Nord-Ost) und Gabi Hawig (Dümpten-Styrum).

Für die Bezirksvertretung 2 treten für Dümpten Holger Remming, Nicole Ritter, Olaf Vier, Sven Seidler und Hildegard Schroeter-Spliethoff an.

„Ich bin zum 1. November aus dem politischen Geschäft raus.“ Spliethoff beklagte „einen maximal respektlosen Umgang“ mit seiner Person. Er sprach mit Blick auf die internen Querelen rund um die OB-Affäre davon, dass „jetzt subtil Rechnungen beglichen werden“. Man müsse mit ihm ja nicht einverstanden sein, aber Respekt sei schon angebracht bei all dem, was er ehrenamtlich für seinen Ortsverein und die Mülheimer SPD geleistet habe.

Spliethoff verteidigte im Gespräch mit dieser Zeitung noch mal sein Wirken in der OB-Affäre. Er habe sich aufgrund der mangelhaften Amtsführung von OB Scholten „in der Verantwortung gesehen“, weil er das Wohl und die Entwicklung der Stadt gefährdet gesehen habe. Ein Zusammenwirken mit der Parteispitze um OB Scholten und seinen ihm freundlicher gesonnenen Stellvertretern Cem Aydemir und Silvia Richter sei nicht möglich gewesen.

Auf Parteitag kommende Woche sind Kampfabstimmungen zu erwarten

Vor dem SPD-Parteitag am Samstag in einer Woche ist der parteiinterne Konflikt wieder offen zutage getreten. Der neue Parteichef Rodion Bakum hatte bereits vor Monaten angedeutet, dass eine personelle Erneuerung der SPD für die Wahl zum Stadtrat ohne Tabus möglich sein sollte. Bakum scheint seinen Worten, mehr junge und weibliche Genossen in Verantwortung bringen zu wollen, Taten folgen zu lassen. Dem Vernehmen nach ist mit Kampfabstimmungen zu rechnen. Spliethoff, der erst 2017 den Fraktionsvorsitz von Dieter Wiechering übernommen hatte, hat seinen Kampf schon verloren.