Mülheim. . Am Dienstag berät die SPD, wie sie sich zum OB und seinen Widersachern stellt. Der Ausgang ist offen. Scholten düpiert derweil seine Gegner.

Am Dienstagabend kommt es für Oberbürgermeister Ulrich Scholten parteiintern zum Showdown. Der Unterbezirksvorstand hat zur außerordentlichen Sitzung im Kaminzimmer von Franky’s Bar eingeladen, Scholten soll als Parteivorsitzender auch den Vorsitzenden der Ortsvereine und der SPD-Arbeitsgemeinschaften Rede und Antwort stehen. Am Ende will der Parteivorstand entscheiden, wie er mit Scholten, aber auch mit dessen vier Gegenspielern aus den eigenen Reihen verfahren will.

„Es kann in alle Richtungen gehen“, sagte am Montag der stellvertretende Parteivorsitzende Cem Aydemir, der angab, dass die Partei auf seine Anregung hin zur Sondersitzung lade, sie also nicht auf Initiative von Scholten stattfinde. Um 18 Uhr werde der Parteivorstand zunächst „unseren Oberbürgermeister anhören“, so Aydemir. Bis 19 Uhr, wenn die Vorsitzenden von Ortsvereinen und Arbeitsgemeinschaften ebenso dazustoßen sollen wie die Fraktionsspitze sowie Hannelore Kraft und Arno Klare als beratendende Mitglieder des Vorstandes, solle „die weitere Verfahrensweise“ abgestimmt sein.

Bei Partei-Vize Aydemir sitzt der Frust tief

Deutlich machte Aydemir am Montag seine fortdauernde Verärgerung über den Alleingang der SPD-Dezernenten Frank Mendack und Ulrich Ernst sowie der Fraktionsspitze um Dieter Spliethoff und Claus Schindler, die Scholten wegen angeblicher Verfehlungen bereits am 16. Mai zum Rücktritt aufgefordert hatten. „Der Frust ist nach wie vor da. Der Parteivorstand war nicht involviert, auch nicht die Fraktion oder der Fraktionsvorstand. Wenn sich vier Akteure auf den Weg gemacht und den Rücktritt gefordert haben, stellt sich mir die Frage der Legitimation“, so Aydemir.

Er drängt auf eine Aufarbeitung dessen, was ab dem 16. Mai passiert ist – und hofft darauf, dass sich Fraktion und Partei in dieser Sache einigen. „Wir müssen das in geregelte Bahnen bringen, es von der persönlichen und emotionalen Ebene lösen“, sagt er. Es gehe allein um die Sache: „Wir müssen Lösungen liefern als Partei.“

Setzt die SPD auf ihre Schiedsleute?

Wie sich also stellen zu Scholten und zu seinen parteiinternen Widersachern, die mit ihrem Tun offensichtlich einen Keil in die Partei gerammt haben? Vieles ist denkbar, bis hin zur Rücktrittsforderung für den Parteivorsitzenden Scholten und/oder das Einsetzen der parteiinternen Schiedskommission, die für Mendack, Ernst, Schindler und Spliethoff prüfen könnte, ob ihnen parteischädigendes Verhalten vorzuwerfen ist.

Letzteres wäre die denkbar härteste Gangart, die der Parteivorstand wählen könnte. Es geht auch milder, was denn auch mehr dem Streben nach Konsens entsprechen könnte. Der Parteivorstand könnte eine Art Untersuchungskommission einrichten. Schiedsleute der Partei könnten dann durch Befragungen versuchen zu klären, was in den vergangenen Wochen oder Monaten innerparteilich schiefgelaufen ist und dem Parteitag eine Empfehlung zur weiteren Vorgehensweise vorlegen.

OB Scholten verbreitet persönliche Erklärung im Netz

OB Scholten hatte im exklusiven WAZ-Interview am Sonntag mit der Rückkehr ins Rathaus seine Vorwärtsverteidigung angekündigt. Am Montag sein erster Donnerhall im historischen Gemäuer: Er ließ eine persönliche Erklärung auf der Startseite der städtischen Homepage veröffentlichen, in der er deckungsgleich zu seinen Äußerungen im WAZ-Interview den schweren Vorwurf einer politischen Intrige des Viererbundes gegen seine Person erhob. Laut NRZ wird Scholten fortan anwaltlich von Dr. Thomas Hermes von der renommierten Essener Kanzlei Holthoff-Pförtner vertreten.

Zahlreiche Ortsvereine teilten das Statement des OB in den sozialen Medien. Der Ortsverein ­Broich, dessen Vorsitzender Aydemir ist, etwa zitierte dazu ein Lied der Arbeiterbewegung: Wann wir schreiten Seit’ an Seit’. . . Speldorfs SPD, dessen Vorsitz die stellvertretende Parteichefin Silvia Richter inne hat, erklärte gar: „Der Ortsverein steht solidarisch an der Seite von Uli Scholten.“ Andere posteten die Stellungnahme kommentarlos. Die Likes waren bis zum Abend überschaubar. Kritische Stimmen zu Scholten blieben aus.

>> Dezernent Ulrich Ernst weist Vorwürfe von sich

Bildungs- und Sozialdezernent Ulrich Ernst
Bildungs- und Sozialdezernent Ulrich Ernst © Daniel Elke

Dezernent Ulrich Ernst, der von Teilen der SPD als einer von vier politischen Intriganten angesehen wird, verwahrte sich am Montag gegen den Vorwurf einer „inszenierten Hetzjagd“, den Oberbürgermeister Ulrich Scholten am Sonntag im WAZ-Interview geäußert hatte.

„Ich habe seit inzwischen mehr als 30 Jahren mit großem Einsatz für die Stadt gearbeitet. Ich habe gerade mein jetziges Amt immer als Pflicht, Verpflichtung und als Anspruch an mich verstanden, mich korrekt, anständig und dem Amt angemessen zu verhalten“, so Ernst.

Ihn der Beteiligung an Intrige und Rufmord zu bezichtigen, stelle „die Tatsachen komplett auf den Kopf. Denn darum geht es: um Tatsachen. Im ersten Schritt um ihre Ermittlung und Aufbereitung, dann um ihre Beurteilung und Bewertung. Die regelhafte Aufklärung eines Sachverhaltes – eine Hetzjagd?“, fragt Ernst.