Mülheim. Oberhausens OB Daniel Schranz hat mit seiner Ankündigung, seine Stadt plane mit der HRW ein Gründerzentrum, Irritationen in Mülheim ausgelöst.
Seit die Hochschule Ruhr West (HRW) ihren Betrieb vor nun mehr als zehn Jahren in der Stadt aufgenommen hat, ist das wirtschaftspolitische Ziel ausgerufen, der Standort Mülheim möge von Ausgründungen profitieren und jungen innovativen Firmen eine Heimat bieten. Nun aber plane die Hochschule mit der Stadt Oberhausen ein Gründerzentrum, verkündete jetzt der OB der Nachbarstadt, Daniel Schranz (CDU).
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Schranz nutzte am Dienstagabend den Neujahrsempfang von Mülheims Nachbarstadt, um seine frohe Botschaft für Oberhausen zu verkünden. Für die Stadt, die am Makel zu knabbern hat, als größte deutsche Stadt ohne eigenen Hochschulstandort dazustehen. „Wir sind in guten Gesprächen über ein Gründungszentrum der Hochschule Ruhr West in unserer Stadt“, kündigte Schranz überraschend am Ende seiner Ansprache vor 600 Gästen an, darunter Hochschulpräsidentin Susanne Staude.
Mülheims Pläne für ein Innovationszentrum liegen auf Eis
Nach Treffen mit dem Land und den Führungskräften der in Bottrop und Mülheim angesiedelten HRW zeichne sich ab, dass in Oberhausen gar zwei Projekte verwirklicht werden könnten, hieß es. Neben einem Gründerzentrum habe die HRW die Absicht, ein naturwissenschaftlich-technisches Schülerlabor außerhalb normaler Schuleinrichtungen zu etablieren, hieß es.
Oberhausen soll also ein Gründerzentrum bekommen, etwaige Mülheimer Pläne liegen seit Jahren auf Eis. Dabei war das Ziel lange ausgerufen, dass Mülheim als „wissensbasierter Industriestandort“ insbesondere auch von HRW-Ausgründungen profitieren sollte. So hatte etwa die städtische Industriekonferenz 2017 nochmals die eindeutige Forderung zum Ergebnis, in Mülheim ein an die HRW angedocktes Innovationszentrum zu etablieren.
Wirtschaftsförderer sieht aktuell keinen Bedarf für zusätzliche Experimentierräume
Geworden ist daraus nichts, auch die Wirtschaftsförderung hat die Papiere dazu unter ihrem Interimsgeschäftsführer Hendrik Dönnebrink tief hinten in eine Schublade geschoben, wie dieser selbst am Mittwoch auf Anfrage bestätigte. Die Idee sei seinerzeit nicht zu Ende gedacht gewesen, weil einerseits die Millionen zum Bau eines Innovationszentrums nicht aufzubringen seien, andererseits seien auch die laufenden Betriebskosten mit Blick auf die Haushaltssituation nicht zu stemmen.
Dönnebrink sagte im Gespräch, dass er seitens der Hochschule jüngst keine Signale vernommen habe, dass dringlicher räumlicher Bedarf bestehe für Start-Up-Aktivitäten aus dem Hochschulbetrieb heraus. „Es gibt in der Hochschule genügend Räume, wo sich Studenten ausprobieren können“, so der Wirtschaftsförderer. Wenn Bedarf angemeldet werde, sei die Stadt auch stets in der Lage, etwas Adäquates anzubieten.
Hochschule hat eigene Co-Working-Spaces für Gründungswillige geschaffen
HRW-Präsidentin: Erst einmal muss ein Gründerklima her
Grundsätzlich zeigt sich Hochschulpräsidentin Susanne Staude kooperationswillig, sollte die Stadt Mülheim doch noch den Aufbau eines Innovationszentrums verfolgen. Seit sie vor eineinhalb Jahren ins Amt gekommen sei, so Staude, habe es dazu aber kein Gespräch zwischen ihr und der Stadt gegeben.
Staude warnt aber vor voreiligen Schritten. „Wenn wir hier jetzt ein Innovationszentrum hinstellen, entstehen ja nicht plötzlich Start Ups.“ Es sei noch einiges zu tun, um überhaupt eine Gründerkultur zu schaffen. Für die HRW allein sei ein Innovationszentrum momentan „nicht interessant“. Wenn aber von anderer Seite, etwa den Max-Planck-Instituten, Interesse bestehe, „könnte man darüber sprechen“.
Eine Gründerkultur an der HRW zu befördern, ist momentan der Schwerpunkt der HRW-Strategie, in fernerer Zukunft tatsächlich ein Hort für Start-ups und wissensbasierte Ausgründungen zu werden. Um die Startbedingungen zu schaffen, bekommt die HRW aus dem Förderprogramm „Exist des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie“ über vier Jahre eine Förderung in Höhe von 800.000 Euro. Ende Februar soll das Projekt starten.
Die Stadt habe der HRW auch eine Fläche am Ende der Eltener Straße angeboten für ein Innovationszentrum. Die Hochschule habe dafür keinen Bedarf gesehen. Wenn ein privater Investor der HRW auf hochschulnahen Flächen, etwa an der Liebigstraße oder auf dem Tengelmann-Areal, etwas für Ausgliederungen anbieten wolle, sei das die eine Sache, so Dönnebrink. Für ein städtisches Engagement sei derzeit keine Notwendigkeit zu erkennen.
Tatsächlich hält die Hochschule seit etwa einem halbem Jahr so genannte Co-Working-Spaces an ihrem Standort an der Duisburger Straße vor, in denen Ausgründungen vorbereitet werden. In jüngerer Vergangenheit hatte sich die HRW auf dem Tengelmann-Areal eingemietet, um dort Projektflächen, Büros und Besprechungsräume für die zahlreichen Forschungsprojekte zur Verfügung zu haben, für die die HRW Fördergelder an Land gezogen hatte. Auch die Gründer-Initiative „Starbuzz“, ohnehin beim Handelsunternehmen angedockt, hatte bei Tengelmann Platz gefunden.
HRW-Präsidentin: Das Gründerzentrum bauen nicht wir
Mülheims Wirtschaftsförderer versteht die Pläne für ein Gründerzentrum und Schülerlabor in Oberhausen nicht als Niederlage für den Wirtschaftsstandort Mülheim, sondern als strategische Hochschulplanung, sich in Oberhausen als Bindeglied zwischen den eigenen Standorten Bottrop und Mülheim zu etablieren.
Eben solche Bemühungen bestätigte am Mittwoch HRW-Präsidentin Susanne Staude. Das Bestreben sei es, die Hochschule im westlichen Ruhrgebiet breiter zu verankern. Staude sah sich auch zur Klarstellung veranlasst nach der Ankündigung des Oberhausener OB: „Wenn eine Stadt im westlichen Ruhrgebiet wie Oberhausen auf uns zukommt, in der Stadt was für Gründer machen zu wollen, engagieren wir uns natürlich.“ Die HRW selbst habe aber keine Mittel, um den Bau eines Gründerzentrums zu finanzieren. Quintessenz: Man bringe sich gerne ein, aber die Initialzündung müsse anderswoher kommen.