Mülheim. Die Diskussion um Zuschüsse für das AZ nach dem Polizeieinsatz erreicht den Mülheimer Rat. Die CDU pocht auf Gleichbehandlung der Jugendzentren.
Die Debatte um finanzielle Förderung des Autonomen Zentrums (AZ) setzt sich fort. Angeheizt wird sie jetzt von der CDU-Fraktion: Sie fordert, dass das AZ für die Alte Reithalle an der Auerstraße künftig Miete zahlen soll. In der Ratssitzung am 7. November will die CDU das zum Thema machen.
Im Rahmen der Etatverhandlungen hat die CDU einen Antrag formuliert, der sich um den Mietvertrag der Stadt mit dem Trägerverein des AZ dreht. Es geht um das städtische Gebäude an der Auerstraße 51, eine frühere Reithalle, in die das Zentrum Ende der neunziger Jahre gezogen ist. Das Haus steht mietfrei zur Verfügung.
CDU will den Mietvertrag des Autonomen Zentrums sehen
Die CDU möchte nun den geltenden Mietvertrag sehen. Außerdem soll die Verwaltung erläutern, warum der Verzicht auf Mietzahlungen laut Subventionsbericht 2020 entgangene Erträge von 19.200 Euro nach sich zieht sowie „geldwerte Vorteile bei Sachleistungen“ von 61.000 Euro. Zusätzlich erhält das AZ pro Jahr rund 140.000 Fördermittel aus der Jugendhilfe.
BAMH will Zuschüsse komplett streichen
Für eine harte Linie plädiert die BAMH-Fraktion: Sie hat für die Ratssitzung am Donnerstag den Antrag gestellt, dem Autonomen Zentrum die städtischen Leistungen komplett zu streichen. Es geht um rund 140.000 Euro aus dem Jugendhilfe-Etat.
Die BAMH argumentiert mit dem Polizeieinsatz im AZ Anfang Juni, bei dem sich Mitarbeiter des Zentrums „Respektlosigkeiten gegenüber Polizisten und Rettungskräften“ erlaubt hätten. Es könne nicht sein, dass die Stadt solche Verhaltensweisen hinnimmt. Richtiges Zeichen sei der Wegfall der Zuschüsse, so die Fraktion.
Dass die CDU hier nachhakt, sei unabhängig von der aktuellen Diskussion um den Polizeieinsatz am 8. Juni, erklärt die Fraktion. Man müsse einfach sicherstellen, dass alle Jugendeinrichtungen in Mülheim gleich behandelt werden „und das AZ nicht bevorzugt wird“. Bei anderen Zentren würden die Mieten nicht subventioniert, argumentiert die CDU. Angesichts der katastrophalen Finanzlage der Stadt dürfe es keine Sonderbehandlung des AZ mehr geben und sollte „zumindest die Subventionierung der Kaltmiete beendet werden“.
Zumindest für die Kaltmiete soll es keine Zuschüsse mehr geben
Vor einigen Wochen war ein Großteil der CDU-Fraktion im AZ zu Gast für einen persönlichen Austausch. „Dennoch gibt es weiterhin Informationsbedarf“, sagt CDU-Fraktionsgeschäftsführer Hansgeorg Schiemer. „Die Frage der Gleich- oder Sonderbehandlung hat an Bedeutung gewonnen. Wir legen Wert darauf, dass Steuergelder vernünftig verwendet werden.“ Die CDU fordert daher auch, dass das AZ jährlich dem Jugendhilfeausschuss, also der Politik, einen Tätigkeits- und Finanzbericht vorlegt. „Das haben wir schon im Ortstermin angesprochen“, so Schiemer.
Das AZ-Team bestätigt auf Anfrage, dass die Stadt die Räumlichkeiten an der Auerstraße mietkostenfrei zur Verfügung stellt. Nebenkosten für Heizung, Strom, Wasser, etc. würden selber bezahlt - etwa 20.000 Euro pro Jahr gehen an den städtischen Immobilienservice. Das AZ nutzt dafür den Sachkostenanteil aus der Jugendhilfeförderung.
Nebenkostenzahlung geht an den Immobilienservice
Warum durch die mietfreie Überlassung laut Subventionsbericht entgangene Einnahmen von 19.200 Euro sowie „geldwerte Vorteile“ von weiteren 61.000 Euro entstehen, erschließt sich den AZ-Mitarbeitern nicht. Sie ergänzen: „Unseres Wissens nach ist es auch nicht üblich, dass kommunal geförderte Jugendzentren in städtischen Gebäuden Miete an die Stadt Mülheim bezahlen.“
Dem Jugendamt werde jährlich ein Verwendungsnachweis für den städtischen Zuschuss vorgelegt, mit allen Einnahmen und Ausgaben, allen Angebote und deren Nutzung, so das AZ. Im Vergleich zu vielen anderen Trägern erwirtschafte das Zentrum einen sehr hohen Anteil an Eigenmitteln, 50 bis 60 Prozent.
Die Mitarbeiter fügen hinzu: „Wir sehen es mit Unverständnis und großer Sorge, dass nach der BAMH-Fraktion nun auch die CDU versucht, die Gunst der Stunde zu nutzen und die Förderung des AZ anzugreifen.“ Durch den Antrag werde die Arbeit eines etablierten, gut vernetzten und viel genutzten Jugendzentrums in Frage gestellt.
AZ-Team äußert Unverständnis und große Sorge
Rückendeckung bekommt das AZ von den Mülheimer Jusos. Sie positionieren sich in einer Stellungnahme „klar gegen Forderungen aus dem politisch rechten Spektrum, dem AZ für seine Jugendhilfearbeit städtische Fördermittel zu streichen“. Hervorgehoben wird, dass das Zentrum auch ältere Jugendliche und junge Erwachsene anspricht und ihnen selbst organisierte Projekte ermöglicht. Dies sei ein „in Mülheim und Umgebung herausragendes Angebot für die freie Selbstentfaltung junger Menschen“, argumentieren die Jusos.
Jusos gegen „Kollektivbestrafung“ durch Kürzung der Mittel
„Dass vornehmlich - aber nicht nur! - in verschiedenen Schattierungen links eingestellte Menschen das AZ besuchen, kann in einem Rechtsstaat selbstredend kein Grund sein, Fördermittel zu streichen“, ergänzt die Mülheimer Juso-Vorsitzende Laura Libera. Aufgrund eines einzelnen Polizeieinsatzes die Förderwürdigkeit des Zentrums generell in Frage zu stellen, käme einer „Kollektivbestrafung“ gleich, meint der Juso-Vorstand. Entgegen bestehender Vorurteile gebe es nur selten Polizeieinsätze am AZ - eine gute Bilanz angesichts der teils hohen Besucherzahlen bei Abendveranstaltungen.
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