Mülheim. Das überschuldete Mülheim wird es allein nicht schaffen, sich aus der Finanzklemme zu befreien. Alles blickt nach Berlin, wo die Lösung liegt.

Im zweiten Jahr in Folge will Mülheims Stadtkämmerer Frank Mendack auch Ende 2020 einen kleinen Überschuss in der Jahresabrechnung stehen haben. Das ist weiterhin nur möglich, weil Millionen-Hilfen aus dem Stärkungspakt des Landes fließen (sollen). Hoffnung setzt Mülheim auch auf einen vom Bund getragenen Altschuldenfonds. Allein werde das aber nicht die Lösung sein, so Mendack.

Schon in diesem Jahr sollen die Landesmillionen solide Basis sein, um den Haushaltsausgleich am 31. Dezember tatsächlich auch auf dem Papier stehen zu haben. Verbucht werden konnten sie freilich noch nicht, weil die Bezirksregierung den Haushalt wegen der vage gehaltenen Eigenanstrengungen der Stadt zur Haushaltskonsolidierung (ÖPNV, Personal) noch nicht genehmigt hat.

2023 soll die Stadt ohne Stärkungspakt-Millionen klarkommen

Der Kämmerer setzt aber weiter darauf, dass der Stadtrat sich zu konkreten Maßnahmen durchringen wird, die in Düsseldorf Wohlwollen auslösen. So soll es die Stadt schließlich schaffen, 2023 ohne Landeshilfe einen verlustfreien Etat aufstellen zu können.

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Und die Zeit danach? Sie bereitet weiter Bauchschmerzen, könnten die Landesmillionen doch nur Strohfeuer sein – und nur für eine kurzfristige Befriedung der Lage sorgen. Schon jetzt droht konjunkturelles Unheil – und damit ein deutliches Minus bei den Steuereinnahmen.

Mendack: Altschuldenfonds allein schafft keine Spielräume

Gar nicht daran zu denken, wenn einmal wieder die Zinsen steigen sollten. Die Zwei-Milliarden-Verschuldung würde die Stadt deutlich teurer zu stehen kommen als bisher. Und das Grundproblem im Mülheimer Haushalt bleibt ohnehin: Strukturell sind Einnahmen und Ausgaben einfach nicht in der Waage.

OB: Unser demokratisches System ist in Gefahr

Das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“, ein Zusammenschluss finanzschwacher Kommunen, kämpft laut Scholten „für die Wiedergewinnung kommunaler Gestaltungsfähigkeit, weil sonst unser gesamtes demokratisches System in Gefahr ist“.

Vor dem Stadtrat mahnte Mülheims OB zuletzt auch, dass Mülheim weitere Haushaltsdisziplin walten lassen müsse, „um glaubhaft zu bleiben und unseren Anteil an der Lösung für eine dauerhafte Entlastung der Kommunen zu erbringen. Allerdings immer mit der Maßgabe, unsere Stadt nicht kaputt zu sparen.“

So sei ein Altschuldenfonds, so wertvoll er auch sein würde, „nicht die Lösung unserer Grundprobleme“, sagt Mendack. Er warnt die lokale Politik davor zu glauben, dass die Beteiligung an einem Altschuldenfonds Spielräume in der Haushaltsbewirtschaftung bedeute. Eher sei das Gegenteil der Fall, weil Kurzfrist-Kredite auf eine längere Laufzeit umgeschuldet werden müssten – mit der Folge einer aufs Jahr gesehen höheren Zinsbelastung.

Angestrebte Lösung: Mehr Bundesgeld für die Kosten der Unterkunft

„Deswegen drängen wir in Berlin darauf, neben dem Altschuldenfonds eine Entlastung über die Kosten der Unterkunft zu bekommen“, so der Kämmerer im Einklang mit OB Ulrich Scholten, der als Sprecher des Aktionsbündnisses notleidender Kommunen den Druck auf die Bundesregierung aufrecht hält.

hier gibt es mehr artikel, bilder und videos aus mülheimAktuell erstattet der Bund den Kommunen nur rund die Hälfte der Kosten der Unterkunft. Laut OB vertritt der Bund die Meinung, nicht mehr als 50 Prozent der Kosten übernehmen zu können, sonst sei eine Grundgesetz-Änderung nötig. Mendack sieht „da noch andere Lösungen“.

Mülheims OB Scholten erwartet bis Jahresende Klarheit

OB Scholten ließ zuletzt in seiner Rede zur Einbringung des Etat-Entwurfs für 2020 durchklingen, dass er das Land als Unterstützerin sieht, um „auf allen politischen Ebenen für eine nachhaltige Entlastung der kommunalen Haushalte bei den Kosten sozialer Leistungen durch den Bund zu kämpfen“.

Bis Ende des Jahres erhofft sich Scholten Klarheit in der Frage, wie der Bund den Kommunen aus ihrer misslichen Lage helfen will. Am 25. September habe das Sprecherteam einen Termin bei Staatssekretär Dr. Rolf Bösinger im Bundesfinanzministerium. Thema: der Altschuldenfonds.