Mülheim. . Mülheims Stadtverwaltung hat geprüft, wie sicher öffentliche Räume vor Anschlägen sind. Angenommen wurde eine Terrorfahrt mit Kleintransporter.

Die Amokfahrt jüngst mitten in Münster schockierte. Fast zwei Jahre ist es her, dass das NRW-Innenministerium nach einem Terroranschlag in Barcelona die Städte per Erlass aufgefordert hatte zu prüfen, ob stark frequentierte Fußgängerbereiche durch Absperrungen zu sichern sind. Mülheims Stadtverwaltung hat mittlerweile 23 Örtlichkeiten überprüft, heißt es. Es liege eine vertrauliche Einschätzung zur Sicherheitslage vor, so der zuständige Dezernent Dr. Frank Steinfort. Baulich ist indes noch nichts geschehen.

Der Terroranschlag in Barcelona am 17. August 2017 war Anlass für die eingehende Untersuchung auch in Mülheim. In der katalanischen Metropole war ein Attentäter mit einem Lieferwagen auf dem Boulevard La Rambla durch eine Menschenmenge gefahren. 14 Menschen starben, über 100 wurden verletzt.

Frequentierte Orte untersucht

Auch die Stadt Mülheim war in der Folge aufgefordert, über weitergehende Sicherungsmaßnahmen nachzudenken. Ein Arbeitskreis mit Vertretern aus dem Ordnungsamt und dem Baudezernat, von der Feuerwehr, der Stadtmarketing- und Tourismus- sowie der Ruhrbaniagesellschaft hat sich laut Steinfort 23 öffentliche Veranstaltungsorte näher angeschaut. Die Spanne reichte von einem seinerzeit noch im Raum stehenden Ed-Sheeran-Konzert vor 80 000 Besuchern am Flughafen über den Rosenmontagszug (60 000 Besucher) bis hin zu Kleinveranstaltungen mit rund 300 Gästen am Berliner oder am Synagogenplatz.

Die Frequenz lief ein in eine Einschätzung der Gefährdungslage, insbesondere aber auch die Zugänglichkeit der öffentlichen Bereiche. Als Ergebnis stehe eine nach potenzieller Gefährdung gewichtete Liste, so Steinfort. Die bleibe aus guten Gründen vertraulich.

Wohl keine versenkbaren Poller

Bauliche Veränderungen, die aus der Begutachtung erwachsen wären, sind noch nicht sichtbar. Steinfort kündigte an, dass das Baudezernat für eine besonders stark frequentierte Örtlichkeit der Politik bis zum Sommer Sicherungsmaßnahmen vorschlagen werde. Es würden aufgrund der angespannten Haushaltssituation aber wohl keine versenkbaren Poller werden, eher massive Pflanzkübel oder ähnliches.

Der für die öffentliche Sicherheit zuständige Dezernent wies im Gespräch mit dieser Zeitung darauf hin, dass die Stadt Großveranstaltungen ohnehin „mit mobilen Mitteln“ absichere. So geschehen etwa beim Streetfood-Festival am vergangenen Wochenende auf dem Rathausmarkt. Dort seien die Wagen so aufgestellt worden, dass es keine offenen Flanken gegeben habe. Ihr Terrorpräventionskonzept von März 2017, so Steinfort, werde die Verwaltung absehbar „noch verfeinern“.

„Niemand wird es schaffen, hier absolute Sicherheit gewährleisten zu können“, sagt Steinfort. Untersucht worden seien die öffentlichen Plätze dergestalt, wie zugänglich sie für eine Amokfahrt mit Kleintransporter seien. Terror sei aber in vielen Facetten denkbar, denen nicht vollumfänglich präventiv zu begegnen sei.

Umfrage bei Gastronomen in der Innenstadt

Der Amokfahrer Jens R. hat vergangenen Sonntag in Münster durch seine Attacke zwei Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt. Er raste mit einem VW-Bus in eine Menschenmenge vor dem Gasthaus „Grosser Kiepenkerl“. Wie denken Mülheimer Gastronomen und ihre Gäste darüber. Haben Sie Angst? Wir haben mal nachgefragt.

„Es ist traurig, dass so etwas passiert“ klagt Emin Abuzi, Angestellter im Café La Terrazza am Kurt-Schumacher-Platz. „Ich halte einen Angriff auf ein Café für unwahrscheinlich. Sorgen mache ich mir, wenn meine Kinder zu großen Veranstaltungen gehen.“ Im Außenbereich des Cafés sitzt das Ehepaar Guetzke: „Wir haben keine besonderen Bedenken wegen Münster, es kann sowieso immer was passieren.“ Gar empört reagiert der Geschäftsführer des gegenüberliegenden Cafés Galleria auf die Frage, ob er einen Anschlag in Mülheim für möglich halte: „Als ob wir jetzt Angst haben. . .!“

„Gefahr besteht leider immer“

Damian Kollek, Geschäftsführer des König Pilsener Wirtshauses an der Ruhrpromenade, schätzt die Situation so ein: „Dass in Mülheim so etwas passiert, ist schon unwahrscheinlich, naja: so unwahrscheinlich wie in Münster. Unser Terrassenbereich ist ungeschützt. Gefahr besteht leider immer.“

Colm Redmond, Barkeeper im Mezzomar am Hafenbecken von Ruhrbania, lässt sich von den jüngsten Ereignissen nicht beunruhigen: „Soll man jetzt jeden Tag in Angst leben? Dann kann man nirgendwo mehr hingehen.“

Zurück in die Fußgängerzone der City. Joel ist Service-Angestellter im Café-Bistro Leandro an der Schloßstraße. „Mülheim ist viel zu klein, um in das Visier eines Attentäters zu geraten, die wollen ja meistens viele Leute erwischen“, ist seine Meinung. Besucher lassen sich dieser Tage nicht abschrecken.

Vorerst keine Pläne für zusätzlichen Schutz

„Wir haben hier massive Blumenkübel vor der Tür stehen, aber ich mach mir generell über so etwas keinen Kopf“, berichtet ein Schichtleiter im Café Alex. Vorerst gibt es in keinem der befragten Cafés Pläne für zusätzlichen Schutz. Colm Redmond glaubt, es lohne sich auch nicht: „Wenn jemand wirklich vor hat, einen Anschlag durchzuziehen, schafft er es sowieso.“