Mülheim. . Das überschuldete Mülheim leistet sich ein Ränkespiel in der Frage, ob es sich die Beteiligung an der IGA leisten kann. Es geht um 270 000 Euro.
Scheitert Mülheims Teilnahme an der Internationalen Gartenbauaustellung 2027 der Metropole Ruhr an 27 209 Euro, die in den kommenden zehn Jahren jährlich von der Stadt als Beitrag zur Finanzierung einer IGA-Gesellschaft aufzubringen wären? Das wohl kaum, doch Baudezernent Peter Vermeulen hat der Politik die Pistole auf die Brust gesetzt: Woher die gut 270 000 Euro kommen sollen, darüber solle sich die Politik gefälligst mal Gedanken machen. Die ungeklärte Frage geistert seither unbeantwortet durch die Gremien des Stadtrates.
Baudezernent provoziert Debatte
Vermeulen mag es mitunter, die Dinge mal auf die Spitze zu treiben. Bei mehr als zwei Milliarden Euro Schulden sind jene 270 000 Euro, die Mülheim zur IGA-Gesellschaft beizusteuern hätte, wohl eher Peanuts. Doch Vermeulen will das Geld nicht in seinem Dezernat zusammenkratzen. Da sei nichts mehr zu holen, erinnert er an den Aufschrei in Politik und Bürgerschaft, als er nach Aufforderung des Kämmerers im Vorjahr öffentlichkeitswirksam aufzeigte, wo er überhaupt noch sparen könnte, wenn er denn gezwungen wäre. Dass die Blumenuhr am Wasserbahnhof nicht mehr saisonal bepflanzt werden könnte, sorgte binnen weniger Stunden in den sozialen Netzwerken für einen Sturm der Entrüstung. Der OB ließ den Sparvorschlag aus dem Hause Vermeulen seinerzeit direkt wieder einkassieren. Zu unpopulär.
Nun hat Vermeulen erneut auf seine Weise aufgezeigt, dass sein Dezernat keinen finanziellen Puffer mehr habe. Wieder provozierte er den lauten Aufschrei, auch das Gespött, dass eine Stadt, die nicht mal mehr jährlich 27 000 Euro aufbringen könne, sich der Lächerlichkeit preisgebe. Derart angestachelt, debattierten zuletzt Planungs- und Stadtentwicklungsausschuss munter drauflos, als stehe wegen der 27 000 Euro der Untergang bevor. Schließlich hatte Vermeulen auch festgestellt, dass nicht nur die Eigenmittel für die IGA-Gesellschaft nicht aufzubringen seien, sondern auch jene Eigenmittel, die die Stadt aufbringen müsste, sollten in Mülheim mit Landesmitteln geförderte IGA-Projekte zur Umsetzung gelangen.
Es gehe darum, in der Stadt nichts verrotten zu lassen
Claus Schindler, planungspolitischer Sprecher der SPD, erinnerte daran, dass in Mülheims Konzept zur IGA Projekte Platz fänden, die ohnehin anstünden, unter der IGA-Marke aber die Chance auf Förderung hätten – etwa die Sanierung des Bismarckturms oder die Modernisierung der Müga, die nun ja auch schon ein Vierteljahrhundert auf dem Buckel hat. Da sei das Geld, das Mülheim nun für die IGA-Beteiligung berappen müsse, alles andere als unwirtschaftlich investiert. „Wir wollen hier nicht in Champagnerlaune investieren“, so Schindler. Es gehe nicht darum, dem „süßen, schleichenden Gift der Zuschüsse“ zu erliegen. Es gehe darum, in der Stadt nichts verrotten zu lassen.
Schindlers Vorschlag, das Geld über „Umschichtungen“ im Dezernat 6 bereitzustellen, laut Vermeulen ein „abenteuerliches“ Unterfangen, wurde schließlich relativiert. Nun soll wohl die Verwaltungsspitze eine Lösung im Gesamthaushalt finden.
Politisches Ping-Pong
Christina Küsters (CDU) brachte finanzielle Hilfen von Stiftungen oder Fördervereinen ins Spiel, sie denke da etwa an den Verkehrsverein. Klaus Ruppin als sachkundiger Bürger war der Meinung, dass vielleicht eine Tombola oder eine Projektpatenschaft von Firmen, die in Vorleistung treten, helfen könnten, „wenn die Stadt so klamm ist“. . . Auch im Wirtschaftsausschuss ließen sich die Politiker munter auf ein Ping-Pong ein, wo das Geld herkommen könnte: Wenn die Stadt weniger ÖPNV-Gutachten in Auftrag gäbe (Siegfried Rauhut, CDU), sie die Parkgebühren erhöhe (Axel Hercher, Grüne), sie angesichts der hohen Defizite nur ein paar Minuten ÖPNV-Leistung einspare (Peter Beitz, FDP). Dass die Angelegenheit für die Stadt ein „Armutszeugnis“ auch in der Außendarstellung sei, machte die Runde. Vermeulen wollte da nicht widersprechen.
Über eine Beteiligung an der IGA ist weiter nicht entschieden. Der Stadtrat soll dies in der kommenden Woche nachholen. Dann vielleicht mit ein bisschen weniger Getöse.
>>>Metropole Ruhr erhielt Ende 2016 den Zuschlag
Ende 2016 hat die Metropole Ruhr den Zuschlag für die Internationale Gartenausstellung 2027 von der Deutschen Bundesgartenschau-Gesellschaft bekommen. Die Landesregierung hat am 10. Juli beschlossen, das Projekt grundsätzlich zu unterstützen.
Getragen werden soll die IGA vom Regionalverband Ruhr, den 53 Städten und vier Kreisen des Ruhrgebiets, der Emschergenossenschaft und dem Land.