Mülheim. . Michael Wasnick (Mülheim 5 vor 12) droht mit allerlei Strafanzeigen, sollten Verwaltung und Politik den Rettungsplan für die Rennbahn umsetzen.

Michael Wasnick, sachkundiger Bürger auf Ticket von „Mülheim 5 vor 12“, will offenbar mit aller Macht das Ende des hoch subventionierten Rennbahnbetriebes erzwingen, um auf dem Gelände am Raffelberg die Voraussetzungen für eine gewerbliche Entwicklung zu haben.

Laut Unterlagen, die dieser Zeitung vorliegen, hat Wasnick den Druck schon in den vergangenen Monaten massiv erhöht. Aktuell droht er Strafanzeigen gegen die ehemaligen Vorstände des alten Rennvereins und des neuen Rennclubs sowie Alt-Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld an. Auch die Ratsmitglieder glaubt Wasnick rechtlich in die Bredouille bringen zu können, sollten sie den aktuellen Rettungsplan für den Rennbetrieb weiter unterstützen.

Michael Wasnick von der Ratsgruppe „Mülheim 5 vor 12“
Michael Wasnick von der Ratsgruppe „Mülheim 5 vor 12“ © Tamara Ramos

Brisante Anträge für den Hauptausschuss

Zwei Anträge von Lutz Zimmermann, dem einzig verbliebenen Ratsmitglied von „Mülheim 5 vor 12“, für den Hauptausschuss an diesem Donnerstag lassen aufhorchen. Mit einem der Anträge fordert Zimmermann einen politischen Beschluss, Wasnick von dessen Schweigepflicht zu befreien. Wasnick will so zweifelsfrei in die Lage versetzt sein, juristische Schritte gegen Verantwortliche aus Verwaltung, Politik und Rennbahn-Betreibern zu forcieren.

Den Vorständen von Rennclub und Rennverein wirft Wasnick Insolvenzverschleppung vor. Er macht dies fest daran, dass beide Vereine nicht in der Lage (gewesen) seien, ihren vertraglichen Pflichten zur Unterhaltung der Gebäude und Anlagen auf dem Rennbahngelände nachzukommen. Wasnick verweist hierzu auf den Erbbaupachtvertrag aus dem Jahr 2004, den die Stadt mit dem Rennverein Raffelberg abgeschlossen hat. Hierin heißt es, dass der Verein das Grundstück samt Gebäude und Anlagen „ihrer Bedeutung entsprechend zu unterhalten“ habe. Demnach hatte der Rennverein Ausbesserungen und Erneuerungen „unverzüglich auf eigene Kosten vorzunehmen“.

Wasnick: Vereine hätten Insolvenz anmelden müssen

Wasnick beklagt, dass Gutshof und Bürogebäude entgegen der vertraglichen Verpflichtungen im baufälligen Zustand sind. Der alte Rennverein sei „nach vorliegenden Informationen“ seit 2004 nicht in der Lage gewesen, die Gebäude zu unterhalten. „Dies hätte die Mitglieder der jeweiligen Vorstände schon vor Jahren veranlassen müssen, die Insolvenz einzureichen“, heißt es nun in jenem Antrag auf Befreiung von der Schweigepflicht, den Lutz Zimmermann am Donnerstag für Wasnick zur Abstimmung im Hauptausschuss stellt. Da auch der neue Rennclub wohl nicht in der Lage sei, den Sanierungsstau unverzüglich zu beseitigen, sieht Wasnick auch bei ihm die Gefahr einer Insolvenzverschleppung.

Der Schätzung von „Mülheim 5 vor 12“ zufolge würde eine Sanierung mehrere Millionen Euro kosten. Hieran knüpft Wasnick eine weitere Drohung an: Auch Alt-Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld kündigt er – vorbehaltlich einer anwaltlichen Überprüfung – eine Strafanzeige an, weil sie a) als ehemalige Präsidentin des Rennvereins keinen Insolvenzantrag gestellt habe und b) als OB den Werteverfall der Immobilien nicht aufgehalten und sich so womöglich der Untreue schuldig gemacht habe.

Kämmerer hat Politik ihr Haftungsrisiko aufgezeigt

440 000 Quadratmeter groß ist das Rennbahngelände. Es ist kein Geheimnis, dass Wasnick vorschwebt, dort ein Gewerbegebiet zu etablieren, um Steuereinnahmen für die klamme Stadt zu generieren. Um seinem Ziel näher zu kommen, hat er zuletzt auch versucht, die Ratsmitglieder unter Druck zu setzen, die dem Rettungsplan für den Rennbahnbetrieb zugestimmt hatten.

Wenn die Politiker des Hauptausschusses ihm heute nicht den Weg freimachen zur juristischen Prüfung der Sachlage „und damit eine Verjährung von Regressforderungen billigend in Kauf nehmen“, heißt es im Antrag, „handeln die Mitglieder vorsätzlich, grob fahrlässig und verletzen damit ihre Pflichten gegenüber der Stadt“. Für diesen Fall hält es Wasnick mit Verweis auf die Gemeindeordnung für möglich, dass Politiker mit ihrem Privatvermögen haften. Eben diese Einschätzung hatte sich die Ratsgruppe „Mülheim 5 vor 12“ bereits im Mai in nicht-öffentlicher Sitzung des Hauptausschusses von Kämmerer Frank Mendack bestätigen lassen.

Streit um den maroden Gutshof auf dem Areal

Dabei zielte ihre Frage insbesondere auf einen Deal aus dem Rettungsplan für den Rennbahnbetrieb. So hatten Stadt und neuer Rennclub sich darauf verständigt, dass der Rennclub der Stadt den maroden Gutshof samt 8000 Quadratmetern Gelände ohne finanziellen Ausgleich für den Sanierungsstau zur Vermarktung überträgt. Bis Ende Juni sollte sich die Stadt erklären, ob und wann sie den Gutshof aus dem Pachtvertrag herauslöst. Dazu ist es bislang nicht gekommen; Wasnick hat mit seinem forschen Auftreten daran womöglich seinen Anteil.

Auf die Androhung mehrerer Strafanzeigen zum Rennbahn-Betrieb am Raffelberg durch den sachkundigen Bürger Michael Wasnick sind auf Anfrage dieser Redaktion drei Betroffene der Bitte um eine Stellungnahme nachgekommen: Alt-Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld, der Vorstand des neuen Rennclubs und Dirk von Mitzlaff, ehemals Vorstand im alten Rennverein.

Alt-OB Mühlenfeld: „Wäre ein Schlag ins Gesicht“

„Mit der Weiterführung des Erbbaupachtvertrages, die durch den Insolvenzverwalter befürwortet wurde, zeigt sich eine grundsätzlich wirtschaftliche Tragfähigkeit für die Fortsetzung des Rennsports“, sagte Alt-OB Mühlenfeld, dass „wir alle dankbar sein können, dass die Mitglieder des neuen Rennclubs bereit waren, sich so zu engagieren“.

Jetzt auf alle, die sich zuletzt und zuvor für den Rennsport ehrenamtlich engagiert hätten, mit dem Finger zu zeigen und sie mit schweren Vorwürfen zu konfrontieren, sei „ein Schlag ins Gesicht aller ehrenamtlich Tätigen. Ich hoffe nicht, dass das zum Sargnagel für den Rennsport in Mülheim wird“, so Mühlenfeld.

Rennclub behält sich rechtliche Schritte vor

Der neue Rennclub behält sich vor, gegen Lutz Zimmermann und Michael Wasnick von „Mülheim 5 vor 12“ wegen übler Nachrede vorzugehen. Der Vorstand werde den Erbbaupachtvertrag mit allen Rechten und Pflichten erfüllen. Circa 300 000 Euro seien bereits in erste Sanierungsmaßnahmen an der Rennbahn investiert worden.

Von Mitzlaff nahm als ehemaliges Präsidiumsmitglied des alten Rennvereins Stellung. Nach seiner Kenntnis seien „die Mülheimer sehr froh darüber, dass es den jeweils Verantwortlichen des Rennvereins ungeachtet der schwierigen Gesamtsituation des Galopprennsports in unserem Land gelungen ist, den Renn- und Trainingsbetrieb zu gewährleisten und damit die größte Mülheimer Sportveranstaltung aufrecht zu erhalten“. Es gebe sicher Interessenten, die am Raffelberg lieber Gewerbe oder lukrativen Wohnungsbau statt Vollblüter sehen würden. Zum Glück sei dies „auch im Interesse der Bürger“ bisher verhindert worden. Von Mitzlaff hofft, dass dies auch so bleibt.

>> DER RETTUNGSPLAN FÜR DIE RENNBAHN

Am 30. Januar hatte der Hauptausschuss den Rettungsplan für den Rennbahnbetrieb abgesegnet.

Demnach ist der neue Rennclub Mülheim an der Ruhr 1:1 in den Erbbaupachtvertrag des in Schieflage geratenen Rennvereins Raffelberg eingestiegen – mit allen Rechten und Pflichten.

Die Stadt subventioniert den Betrieb, indem sie eine Pacht in Höhe von nur rund 5000 Euro verlangt. Dem Rettungsplan hat neben dem Insolvenzverwalter auch die Sparkasse als Gläubigerin zugestimmt; bei ihr liegt ein Darlehen in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro.

Im Gegenzug musste der neue Rennclub einen Wirtschaftsplan vorlegen, der auch Investitionen ausweist. Nach eigenen Angaben hatte der Rennclub schon Mitte August mehr als 300 000 Euro in die Anlage am Raffelberg gesteckt. Zu den fünf Renntagen 2018 seien 26 600 Zuschauer gekommen.