Die jüngste Turbulenzen am Raffelberg werden in Mülheims Rathaus aufmerksam beobachtet. Es gibt gar ein Szenario für den Insolvenzfall.
- Die Turbulenzen rund um den existenzbedrohten Rennverein Raffelberg haben im Rathaus aufmerksame Beobachter
- Stadtkämmerer Frank Mendack gibt sich vorsichtig optimistisch, dass eine Insolvenz vermieden werden kann
- Dem Vernehmen nach wird im Rathaus aber auch der Ernstfall vorbereitet – da steht der Golfclub in den Fokus
Die Irrungen und Wirrungen rund um den existenzbedrohten Rennverein Raffelberg haben in den vergangenen Wochen, auch wenn lange kein offizielles Wort dazu zu vernehmen war, im Rathaus aufmerksame Beobachter gehabt. Auf Anfrage dieser Zeitung äußerte sich nun erstmals ein Vertreter der Stadtspitze zu der Frage, wie sich die Stadt als Verpächterin des Rennbahn-Areals, die den Rennbahnbetrieb zudem großzügigst subventioniert, zur weiter undurchsichtigen Sachlage positioniert. Kämmerer Frank Mendack gab sich vorsichtig optimistisch.
Der Ärger um den Beschluss, den Trainingsbetrieb einzustellen. Die Unterwanderung des Rennvereins durch neue Mitglieder, die aus dem Golfclub, dem Untermieter des Rennbahn-Areals, in den Verein drängen und die Angst seit Jahren schüren, der Golfclub von Ralf H. Schmitz verfolge mit aller Vehemenz das Ziel des schleichenden Tods für den Rennverein, um sich vor Ort ausbreiten zu können. Strafanzeigen. Die Gründung einer Bürgerinitiative zum Erhalt des Trainingsbetriebs. Zwei Tage vor dem letzten Renntag: kurzfristig die Absage einer Pressekonferenz und die offensichtlich nicht im Vorstand abgestimmte Ankündigung einer bevorstehenden Insolvenzmeldung. Das Dementi, der Rücktritt von Schmitz, die mögliche Rettung: Mit dem Kölner Direktorium für Vollblutzucht und Rennen will der Dachverband den Fortbestand von Renn- und Trainingsbetrieb sicherstellen – mit neuer Führungsmannschaft im Verein.
Eine sich selbst überschlagende Chronologie der Ereignisse liegt hinter dem Rennverein. Nach außen hin hat die Stadtspitze bis dato stoische Ruhe walten lassen, intern aber ist die Zukunft des Rennvereins natürlich sehr wohl ein Thema, das große Aufmerksamkeit im Rathaus findet. Im Hintergrund werden schon die Antworten auf politische Anfragen für die nächste Sitzung des Hauptausschusses zusammengetragen.
Kämmerer Frank Mendack äußerte sich nun auf Nachfrage dieser Zeitung zum Geschehen. „Wir gehen davon aus, dass der Rennverein nun mit uns Kontakt aufnimmt, um noch einmal gemeinsam die finanzielle Situation zu erörtern“, drückt er seine Erwartungshaltung aus. Eine Erwartungshaltung darf die Stadt haben: Denn sie subventioniert den Rennverein mit einer jährlich um 200 000 Euro vergünstigten Pacht. Die eher nur symbolisch zu verstehende Pacht, die die Stadt seit Jahren vereinnahmt, liegt bei läppischen 5000 Euro.
Da darf die Stadt durchaus geordnete Verhältnisse am Raffelberg erwarten, zumal, wie Mendack es sagt, „der Rennverein für uns ein wichtiges Gut in der Stadt ist“. Zur Rechtfertigung der jährlichen Subvention bestehe die Stadt darauf, dass im Jahr mindestens drei bis vier Renntage sichergestellt seien und die Pacht pünktlich gezahlt werde.
Klar sei, so Mendack: Zusätzliche Mittel zur Gesundung des Rennvereins, der laut eigener Aussage bei der Sparkasse mit 1,4 Millionen Euro in der Kreide steht, kann es von der Stadt aufgrund ihrer Haushaltssituation nicht geben. Zu den vereinsinternen Querelen und Machtkämpfen will sich Mendack nicht äußern. Er sagt nur, dass ihn die Ankündigung einer bevorstehenden Insolvenz „irritiert“ habe und er nach der aktuellen Entwicklung Hoffnung habe, dass der Insolvenzfall nicht eintritt und die Arbeitsplätze im Trainingsbetrieb erhalten bleiben.
Kritik an Einfluss des Golfclubs
Dass durchaus von mehr als Irritationen die Rede sein kann, ist auf den Rathausfluren zu vernehmen. „Wenn man den Trainingsbetrieb am Raffelberg einstellt, exekutiert man den Rennverein“, ist da zu hören. Auch in der Stadtspitze hat sich dem Vernehmen nach der Eindruck verfestigt, der Golfclub nutze all seinen Einfluss, um die Nutzung des Areals am Raffelberg „in all seinen Facetten zu optimieren“. Wer den Trainingsbetrieb einstelle, so sagen Insider, der werde sehr bald dafür gesorgt haben, dass die Rennbahn in einem derart desolaten Zustand sein würde, dass keine Rennen mehr stattfinden könnten.
Aus dem Rathaus ist aber auch zu hören, der Golfclub müsse nicht meinen, dass er seine Chancen auf den Kompletteinstieg in den Pachtvertrag erhöht, „wenn er den Rennverein in den Konkurs treibt“. Kämmerer Mendack soll schon geprüft haben, welche juristischen und baurechtlichen Abwehrstrategien für den Fall der Fälle bestehen. „Wenn es dort keinen Rennbetrieb mehr geben sollte, ist es nur legitim, über andere Nutzungen nachzudenken“, droht so mancher in Verwaltung und Politik (zuletzt SPD-Fraktionschef Dieter Wiechering) mit einer baurechtlichen Intervention. Die könnte etwa darin bestehen, zumindest in Randbereichen Wohnbebauung zuzulassen, um dem Golfclub einen Strich durch die Rechnung zu machen. Gleichwohl ist derzeit für einen derartigen Eingriff ins Grünland keine politische Mehrheit denkbar. Die Entwicklung vor Ort aber, so ist zu hören, könne einen Gesinnungswandel herbeiführen.
Golfclub im Bestand geschützt
Der Golfclub hat Informationen dieser Zeitung zufolge seit 1999 einen Vertrag als Unterpächter, der damals auf zunächst zehn Jahre fixiert war und sechs Optionen zur Verlängerung um jeweils fünf Jahre beinhaltet. Dafür überweist der Golfclub annähernd eine sechsstellige Summe an den Rennverein. Bei einer Insolvenz des Rennvereins gäbe es laut informierten Kreisen zunächst einen Bestandsschutz bis zum Jahr 2039.
Wenn sich nicht die Stadt entscheidet, in den Pachtvertrag einzusteigen und dem Golfclub mit Verweis auf anderweitige städtebauliche Ziele per Fünf-Jahres-Frist zu kündigen. Die Rechtslage zu einem solchen Vorgehen soll allerdings diffizil sein. Fakt ist: Stiege die Stadt im Insolvenzfall in den Vertrag ein, müsste sie die Schulden des Rennvereins übernehmen – und wäre gehalten, das Geld über eine Baulandentwicklung wieder reinzuholen.
Ob die aktuellen Entwicklungen Hoffnung machen? Im Rathaus bleibt man skeptisch: „Die Golfclub-Mitglieder haben weiter die Mehrheit im Rennverein, da bedeutet es wenig, ob Herr Schmitz sich zurückzieht oder nicht“, sagt einer. Aufmerksam wird man in der Verwaltung verfolgen, wie sich das künftige Präsidium des Vereins zusammensetzt – und wie sich die Sparkasse als Hauptgläubigerin positioniert.