Mülheim. . Ermittler lieferten tausende Seiten Beweismaterial. Zwei Jahre nach der Anklage wurde nun das Hauptverfahren gegen den Ex-Geschäftsführer der Seniorendienste eingeleitet.

Zwei Jahre nach der Anklage hat die Wirtschaftsstrafkammer des Duisburger Landgerichtes das Hauptverfahren gegen den im Sommer 2013 fristlos gekündigten Chef der Mülheimer Seniorendienste, Heinz Rinas, eingeleitet. Von ursprünglich neun Angeklagten werden sich nur noch vier vor Gericht verantworten müssen. Auch die Ehefrau und Geschäftspartnerin des Mülheimer FDP-Fraktionsvorsitzenden Peter Beitz geht straffrei aus. Das Verfahren gegen sie wurde gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt.

Tausende Seiten Beweismaterial und Berichte der Ermittler umfassen die Akten zu dem Fall, in denen die Mitarbeiter des Landeskriminalamtes anfangs fast 40 Verdächtige auflisteten, darunter nach Informationen dieser Zeitung namhafte Mülheimer aus Politik und Stadtgesellschaft.

Rinas soll Bestechungsgelder kassiert haben

Stets ging es um den Verdacht, dass Rinas innerhalb seiner nur kurzen Geschäftsführertätigkeit bei der städtischen Gesellschaft krumme Geschäfte eingestielt haben soll, von denen er und andere Verdächtige profitiert hätten. Gelder aus den Seniorendiensten sollen abgezweigt worden sein, Rinas soll sich privat bereichert haben. Auch mit Bestechungsgeldern, mit denen sich Geschäftspartner Aufträge der Seniorendienste an Land gezogen haben sollen. Die Verpflichtung zur öffentlichen Ausschreibung soll Rinas dafür ignoriert haben.

Einer der mutmaßlichen Korruptionsfälle, für die zumindest Rinas nun noch strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden soll, hat in Mülheim schon für öffentlichen Wirbel gesorgt, als von einem Korruptionsverdacht nicht einmal die Rede war. Es ging um ein Projekt zur Ausbildung rumänischer Pflegekräfte für einen Einsatz in Deutschland, das Rinas mit der Awo und der Firma Aleha eingestielt hatte. Hinter Aleha steht Geschäftsfrau Sabine Dreiling-Beitz.

Bis zuletzt blieb Rolle von Peter Beitz unklar

Unklar blieb bis zuletzt die Rolle ihres Mannes und FDP-Fraktionschefs Peter Beitz. Er war seinerzeit auf der Homepage der Firma zwar als vertretungsberechtigt aufgeführt, wies aber stets jegliche Beteiligung am Projekt von sich. Beitz sorgte für Aufsehen, als er sich beharrlich weigerte, wegen Befangenheit den Sitzungen des Aufsichtsrates der städtischen Beteiligungsholding fernzubleiben, wenn der Sachstand zum Fall Rinas berichtet werden sollte. Beitz blieb noch einige Zeit Geschäftspartner von Rinas beim Betrieb eines Seniorenheims in der Eifel.

Wie ein Sprecher des Landgerichtes nun angab, hat Sabine Dreiling-Beitz vom Gericht schon einen Freispruch zweiter Klasse bekommen. So wird die Einstellung des Strafverfahrens nach Paragraf 153a der Strafprozessordnung landläufig genannt, auf das sich Gericht, Staatsanwaltschaft und Geschäftsfrau verständigt haben. Für insgesamt vier ehemals Angeklagte endet die Angelegenheit auf diese Weise (einer ist zwischenzeitlich verstorben). Laut Aussage des Gerichtes wird ihr Verfahren wegen geringer Schuld eingestellt, wenn sie Geldbußen zahlen. Diese schwanken zwischen 5000 und 20 000 Euro.

Einsatz städtischer Mitarbeiter für private Zwecke

Dem Strafverfahren ausgesetzt bleiben neben dem Hauptangeklagten Rinas dessen Sohn (29) sowie zwei Geschäftsleute aus Norddeutschland (49, 51). Ursprünglich umfasste die Anklage 123 Fälle mit Untreuevorwurf und fünf Fälle mit dem Vorwurf der Korruption. Teilweise wurden sie zusammengefasst, einige Tatvorwürfe haben sich laut Gericht infolge von Nachermittlungen erübrigt, für andere verlangt das Gericht nochmals Ermittlungen.

Rinas muss sich noch dafür verantworten, dass er etwa durch den Einsatz städtischer Mitarbeiter für private Zwecke, für Scheinbeauftragungen von Beratern, für die Begleichung privater Telefonkosten oder die Abrechnung privater Einkäufe knapp 260 000 Euro der Seniorendienste veruntreut haben soll. Hinzu kommt ein „Gefährdungsschaden“ von 85 000 Euro, der geltend gemacht wird, weil Rinas bei der Beantragung von EU-Fördermitteln derart getrickst haben soll, dass die Rückzahlung der Mittel in Frage gestanden haben soll. Außerdem wird ihm vorgeworfen, Bestechungsgelder in Höhe von 53 000 privat vereinnahmt zu haben.

Anklageschrift nochmals angepasst

„Der Fall liegt bei der Staatsanwaltschaft, um weitere Fragen zu klären“, sagte der Gerichtssprecher auf Anfrage dieser Zeitung. Dort werde die Anklageschrift nochmals angepasst. Eine Terminierung der Verhandlungstage sei noch nicht abzusehen. „Haftsachen haben Vorrang.“