Mülheim. . Mülheims Politik hat Nachforderungen der Baufirma zur Thyssenbrücke zugestimmt. Es ist von Gesamtkosten in Höhe von 25 Millionen Euro die Rede.
Der Neubau der Thyssenbrücke am Übergang zu Styrum wird aktuellen Schätzungen zufolge rund 40 Prozent teurer als noch vor vier Jahren veranschlagt. Noch einmal war Mülheims Planungspolitik zuletzt in einer Sondersitzung aufgefordert, einen kräftigen Nachschlag für die Baufirma freizugeben. Das Zähneknirschen ist laut, die Brücke wird nach aktuellem Stand 25 statt 18 Millionen Euro kosten.
Schon im August 2017 hatte Baudezernent Peter Vermeulen erstmals Kostensteigerungen eingeräumt. War seinerzeit noch von einer Abweichung von zehn Prozent plus X die Rede, so sind es nun 40. Teils sind die Probleme hausgemacht, teils fremdbestimmt. Hausgemacht war der Optimismus, dass Stadt und Ruhrbahn dank üppig fließender Fördermittel nur einen geringen Teil der Baukosten selbst zu tragen hätten. Aktuell rechnen Stadt und Verkehrsbetrieb schon mit einem Eigenanteil von 9,9 Millionen Euro statt 7,1 Millionen. Das geht aus einem nicht-öffentlichen Papier des Baudezernats hervor, das dieser Zeitung vorliegt.
Fördergeber beteiligen sich an Kostenexplosion
Diese ohnehin schon miserable Zwischenbilanz basiert auf der Annahme, dass sich das Land und der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr als Fördergeber anteilig auch an der Kostenexplosion beteiligen. Das sei so zwischen den Projektbeteiligten vereinbart, heißt es dazu.
Auch der verschobene Baustart rächt sich jetzt. Der Zeitdruck ist enorm, den für den Verkehr auf der Landesstraße zwingend erforderlichen Neubau fertigzustellen, so marode ist die alte Bausubstanz. Eng getaktet sind die Bauzeitenpläne auch deshalb, weil Bauarbeiten und Bahnverkehr auf der wichtigen Regionalstrecke darunter zusammen ein enges Korsett für die Planer bedeuten.
„Umfangreiche Beschleunigungsmaßnahmen“ nötig
Heinrich Walter Bau aus Borken ist mit den Arbeiten beauftragt und hatte, wie es im besagten Papier heißt, bereits zu einem früheren Zeitpunkt „aufgrund zusätzlicher Kampfmitteluntersuchungen und verschiedener anderer bauerschwerender Umstände“ weitere 2,7 Millionen Euro eingefordert. Es heißt in dem Papier vom 8. März, die Firma sei zuletzt wegen der Störungen nicht mehr in der Lage gewesen, die zur Ostersperrpause der Bahnstrecke notwendigen Arbeiten „zu den kalkulierten Rahmenbedingungen zu gewährleisten“. Deshalb seien „umfangreiche Beschleunigungsmaßnahmen“ nötig. Und die verursachten zusätzliche Kosten – noch einmal in Höhe von gut einer halben Millionen Euro.
Der städtische Bauleiter Ralf Grunert sagte am Dienstag auf Anfrage, dass die Baufirma etwa zehn zusätzliche Mitarbeiter auf die Baustelle beordert habe. Man sei seit Mitte Februar dabei, mehr Tempo zu organisieren, damit an den Pfeilerscheiben und Widerlagern des Brückenneubaus die restlichen Betonarbeiten rechtzeitig zur Sperrung der Bahnstrecke am frühen Freitagmorgen erledigt sind.
Erster Brückenträger wird Samstag montiert
Immerhin: „Es sieht positiv aus“, sagte Grunert nach einer Abschlussbesprechung mit der DB Netz AG zur bevorstehenden Sperrung. Am Freitag ab 16 Uhr soll ein Autokran aufgestellt werden. Der erste Brückenträger soll am Samstagmittag montiert werden.
Die Fraktion Bürgerlicher Aufbruch Mülheim (BAMH) will die aus dem Ruder gelaufene Preissteigerung nicht kommentarlos hinnehmen. Ist die Stadt einem Anbieter hilflos ausgeliefert? In der nächsten Sitzung des Planungsausschusses am 12. April bittet die Fraktion die Stadtverwaltung, das Vergaberecht darzustellen und die rechtlichen Möglichkeiten einer Kommune bei Vertragsabschluss und im laufenden Verfahren aufzuzeigen.
Ist die Stadt einem Anbieter hilflos ausgesetzt?
Fraktionschef Jochen Hartmann geht es darum, künftig Nachteile für die Stadt abzuwenden. „Ich frage mich im Fall der Thyssenbrücke, warum die Stadt bei Vertragsabschluss keinen Anwalt eingeschaltet hat.“ Gerade bei so komplizierten und komplexen Bauprojekten könnten sich echte Spezialisten bezahlt machen. Inzwischen soll die Stadt einen Anwalt hinzugezogen haben. Der Bürgerliche Aufbruch hätte sich auch einen Festpreis, feste Fristen, gegebenenfalls Konventionalstrafen vorstellen können. Bisher 2,8 Millionen Euro Mehrkosten allein für die Stadt sind aus Sicht des BAMH äußert schmerzlich. „Man sollte“, so Hartmann, „bei Ausschreibungen den billigsten und teuersten Anbieter herausstreichen, wenn es rechtlich möglich ist.“ Vielleicht fahre man dann sicherer.