Gespräch mit dem Planungsdezernenten Peter Vermeulen über Ruhrbania, Luftbelastungen und den Druck durch das Ed Sheeran-Konzert auf die Stadt .

Mülheim. Schon vor 30 Jahren gab es Debatten zur Stilllegung des Flughafen. Jetzt soll, so der politische Wille, 2025 oder 2034 Schluss sein. Bis zum Jahresende sollen die Städte Mülheim und Essen einen Masterplan vorlegen, was danach kommen soll. Schaffen Sie das?

Ich bin mir sicher, dass wir der Politik Entwicklungsszenarien vorlegen werden. Wir haben auf Workshops erste Grundlagen gelegt. Der Charakter des Hochplateaus wird sicher erhalten bleiben. Ich denke, ein Mix aus Gewerbe, Wohnen und Natur wird am Ende als Ergebnis stehen.

Und der Flugverkehr?

Wir erleben im Flugverkehr einen Umbruch. Wir werden in Zukunft viel mehr Elektroflugzeuge haben, die nicht viel lauter sind als die Segler. Und was dann, wenn der Lärm weg ist? Die Stadtgesellschaft wird neu bewerten müssen: Können wir in Zukunft Wohnen, Gewerbe und Natur mit verträglichem Fliegen kombinieren? Darüber ist nachzudenken. Die Entscheidung wird die Unternehmen am Flughafen interessieren. Sie sind abhängig von der Luftfahrt.

Aktuell steht am Flugplatz jedoch die Frage im Vordergrund: Werden 80 000 Menschen im Sommer dort Ed Sheeran erleben und hören können?

Wir werden jetzt das vorliegende Gutachten zum Schutz der Feldlerchen prüfen. Wir nehmen den Artenschutz sehr ernst und werden es gewissenhaft prüfen. Ich denke, dass es zeitnah eine Entscheidung gibt.

Spüren Sie dabei Druck auf das Umweltdezernat?
Es gibt Druck, weil eine gigantische Maschinerie in Gang gesetzt worden ist. Was wir hier erleben, ist, dass das Unnormale normal werden soll. Die Verhältnismäßigkeit stimmt nicht mehr. Es fehlen ein Verkehrskonzept, ein Sicherheitskonzept, ein Brandschutzkonzept. Es gibt gute Orte im Ruhrgebiet, wo dies alles für ein solches Konzert vorhanden ist. Aber es werden Fakten geschaffen und es wird danach erwartet, dass wir es möglich machen.

Die Weiterentwicklung der Ruhrbania-Baufelder 3 und 4 steht an. Halten Sie an Ihrer Idee vom Hochhaus an der Konrad-Adenauer-Brücke fest?

Wir werden Bauparzellen definieren, auf denen wieder Wohnquartiere entstehen können. Mit der AOK und dem Gesundheitshaus haben wir dort zwei Nutzer, die bleiben wollen. An der Brücke brauchen wir einen Lärmschutz. Ich halte ein Hochhaus nach wie vor hier für das Beste. Ich denke an ein begrüntes Hochhaus, modern, aufgeschlossen. Viele Städte planen Hochhäuser, weil sie auch wenig Fläche verbrauchen. Wir sollten hier auch neu denken und uns nicht verzwergen. Wir als Stadt werden das nie bauen, aber ein mutiger Investor könnte so etwas schaffen. Mülheim sollte mutiger sein. Mit Ruhrbania haben wir es auf viele Titelseiten in der Republik geschafft. Wir sollten öfters Menschen für außergewöhnliche Projekte in unserer Stadt begeistern.

Die Unternehmen in der Stadt erwarten mehr Mut bei der Ausweisung neuer Gewerbegebiete. Was kann die Stadt gegen den Engpass tun?

Wir können nur neue Gewerbeflächen errichten, wenn wir an anderer Stelle in der Stadt etwas wegnehmen, also Landschaft, Wald oder Wohnflächen. Da will aber keiner ran. Wohl aber sind wir schnell im Umwandeln von Gewerbeflächen in Wohnflächen. Da schreit keiner auf! Wir leben aber auch in einer Industriestadt. Ich denke, wir müssen die Gewerbeflächen besser ausnutzen, die wir haben. Dabei unterstütze ich die Wirtschaftsförderung gerne.

Mit der Erneuerung der Thyssenbrücke haben Sie ein kompliziertes Bauwerk zu erneuern. In den Osterferien soll die neue Brücke gesetzt, in den Herbstferien die alte abgebaut werden. Können Sie den Zeitplan einhalten?

Es gibt die Befürchtung, dass sich die Fertigstellung verzögern könnte. Dabei ist die Brücke kein technisches Wunderwerk. Aber wir haben nur kurze Zeitfenster, in denen der Bahnverkehr ruht.

Müssen Autofahrer mit einem Dieselfahrzeug ein Fahrverbot in Mülheim befürchten?

Ich mag die Diskussion nicht, wie sie geführt wird. Sie verstellt den Blick: Wer von Diesel auf Benzin umsteigt, verbraucht deutlich mehr Brennstoff. Wir müssen generell weg von fossilen Brennstoffen, wir brauchen mehr Elektromobilität. Aber dafür brauchen wir auch eine entsprechende Infrastruktur, Versorgungssicherheit. Verändern können wir die Mobilität durch einen attraktiven ÖPNV, oder indem wir Anreize geben, aufs Rad umzusteigen. Der neue Radschnellweg ist so ein Anreiz, er macht Lust aufs Radfahren.

Die Schadstoffbelastungen durch den Autoverkehr an der Aktienstraße sind nach wie vor zu hoch. Welche Lösung gibt es?

Wir haben auf der Kölner Straße in Selbeck mit Tempo 30 sehr gute Erfahrungen gemacht. Für den Autofahrer bedeutet das auf der Strecke einen Zeitverlust von einer Minute. Das ist zumutbar, wenn dadurch andere Menschen weniger Belastungen ausgesetzt sind. Autofahren in Mülheim macht nicht immer Spaß angesichts vieler Baustellen und komplizierter Verkehrsführung.

Was erwartet die Autofahrer an größeren Störungen in diesem Jahr?

Die Rumbachsanierung geht weiter. Ich bin mit dem Verlauf dieser Großbaustelle im Großen und Ganzen zufrieden. In den Stoßzeiten gibt es Engpässe, sonst geht es. Bei der Umgestaltung des Kaiserplatzes rechne ich nicht mit größeren Störungen. Am Klöttschen errichten wir den Kreisverkehr. Die Schollenstraße werden wir wohl nach Abschluss der Bauarbeiten wieder öffnen. Der entsprechende Wunsch aus der Bevölkerung ist recht groß. Generell werden wir weiter daran arbeiten, den Durchgangsverkehr aus der Innenstadt herauszuhalten, aber jedes Ziel in der Innenstadt muss auf dem gleichen Weg zu erreichen und wieder zu verlassen sein.

>> ZUR PERSON: PETER VERMEULEN

Peter Vermeulen (60) leitet das Dezernat für Bauen, Stadtplanung und Umwelt. 2006 wurde Vermeulen Beigeordneter in Mülheim. Bis zu seinem Wechsel ins Technische Rathaus war er zuständig für Schule, Kultur, Kinder/Jugend.

Unter anderem hat Vermeulen Wirtschaftswissenschaften und Soziologie studiert. Vor seiner Dezernenten-Tätigkeit war er Unternehmensberater. Vermeulen ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt in Krefeld.