Mülheim. . Der Ruhrbahn-Betriebsrat will mit mehr Fahrern künftig pünktlicher sein. Im Gegenzug sollen in der Verwaltung „Wasserköpfe“ abgebaut werden.
Die Belegschaft der im September 2017 gestarteten Ruhrbahn hat ihren neuen Betriebsrat gewählt. 19 Mitglieder werden sich in den kommenden Jahren für Fahrgäste einsetzten, die Rechte der knapp 2500 Belegschaftsmitglieder schützen sowie deren Interessen vertreten. Die Liste „Gemeinsam für die Ruhrbahn“ holte bei den Wahlen die meisten Stimmen. Mit einer Stimme Abstand folgte eine zweite Liste. Neuer Vorsitzender des Ruhrbahn-Betriebsrates ist Ahmet Avsar aus Mülheim. Sein Stellvertreter ist Dirk Hoffmann aus dem Werkstattbereich in Essen. Mit beiden sprach diese Zeitung über deren anstehende Arbeit, ihre Ziele und die Zukunft des Nahverkehrsbetriebes.
In den letzten Jahren waren die Vorgängerbetriebe der Ruhrbahn oft mit sich selbst beschäftigt. Ist der Fusionsprozess jetzt abgeschlossen.
Ahmet Avsar: Die Mehrheit der Belegschaft hat mit ihrer Wahl gezeigt, dass sie die Fusion jetzt auch leben will. Wir sind ein Nahverkehrsbetrieb mit fünf Standorten in zwei Städten.
Verspätungen darf es nur in Ausnahmen geben
Dirk Hoffmann: Wir haben vor der Fusion zur Ruhrbahn in den Werkstätten schon gut gemeinsam gearbeitet (bei Via, dem geplatzten Gemeinschaftsbetrieb mit Duisburg, Essen, Mülheim). Das werden wir nun konsequent fortsetzen.
Bringt das einen stabilen Fahrplan und mehr Pünktlichkeit für Ruhrbahn-Fahrgäste?
Natürlich muss unser Service für Fahrgäste noch besser werden. Das ist unser Kerngeschäft. Darin müssen wir stark werden und bleiben. Verspätungen darf es nur in unvorhersehbaren Ausnahmen geben.
Was bedeutet das für den Betrieb?
Wir haben in Mülheim schon früh eine Beschäftigungsgarantie bis 2033 vereinbart. Das war zukunftsorientiert.
Die gleichen Bedingungen wollten auch die Essener Kollegen. Jetzt haben wir sogar einen mit der Gewerkschaft Verdi und der Geschäftsführung ausgehandelten Tarifvertrag daraus für alle Mitarbeiter gemacht.
Fahrplan nicht nach nackten Zahlen berechnen
Innerbetrieblich bringt der Vertrag Stabilität. Wirkt sich das positiv auf die Fahrgäste aus?
Sind unsere Fahrerinnen und Fahrer zufrieden, steigen auch die Kunden gern ein. Damit wird der Service besser.
Bei fast täglichen Fahrtausfällen und Verspätungen sind Sie von diesem Ziel aber noch weit entfernt.
Die Betriebsleitung darf den Fahrplan nicht nach nackten Zahlen berechnen, sondern muss ihn unter wahren Bedingungen erstellen, damit er fahrbar ist.
Sind Pausenzeiten zu knapp, kommen Bahnen und Busse zu spät. Bei dicken Baustellen und Umleitungen muss ein Zusatzkurs eingeschoben werden. Fahrerinnen und Fahrer hören zuerst die Beschwerden der Einsteiger – die Fahrplanmacher viel zu selten.
In Spitzenzeiten sogar noch öfter fahren
In Mülheim fahren Straßenbahnen alle 15 Minuten, in Essen alle zehn. Fehlen einheitliche Takte für ein fahrgastfreundliches Angebot?
Stark belastete Linien brauchen den Zehn-Minuten-Takt. Dort müssten wir in Spitzenzeiten sogar öfter fahren.
Auf schwächeren Linien reicht der 20-Minuten-Takt oder alle halbe Stunde. Wichtig ist, dass dann die Anschlüsse an den Umsteigepunkten immer klappen.
Hat die Ruhrbahn genug Fahrer für diesen Anspruch?
Wir brauchen zusätzliches, qualifiziertes Fahrpersonal. Dazu müssen wir noch einige Schrauben drehen.
Verbessern sich die Arbeitsbedingungen, bekommen wir auch Leute. Nachbarbetriebe zeigen, wie es besser geht. Wir müssen Fahrzeiten einhalten, Anschlüsse garantieren und Ausfälle vermeiden. Daran messen uns unsere Kunden.
In beiden Städten gleiche Standards
Die Ruhrbahn vergibt auch Buslinien an Subunternehmen, deren Fahrer für die gleiche Leitung weniger verdienen?
Zum Glück ist das Kontingent der Fremdvergaben beschränkt. Ziel muss es sein, dass die Ruhrbahn alle Linien selbst fährt. Dann hätten wir an jeder Haltestelle in beiden Städten gleiche Standards.
Wie läuft es in den Werkstätten?
Auch dort brauchen wir Fachkräfte, die unsere Fahrzeuge kennen.
Ohne gute Wartung, zuverlässige Reparaturen und Sauberkeit haben Kunden nichts von unseren Bussen und Bahnen.
Wollen die Geschäftsführer mehr Fahrer und Mechaniker einstellen?
Das werden wir konsequent einfordern und verhandeln. Wir brauchen mehr Fachkräfte für unser Kerngeschäft und Kundennähe. Fahrer, Werkstattpersonal und Kundenbetreuer – die sind unser Rückgrat. Die Wasserköpfe in den Büros gehören bald abgebaut.
Kann sich die Ruhrbahn in Zukunft zwei Gleisbreiten mit unterschiedlichen Fahrzeugen leisten? Ist das nicht dauerhaft unwirtschaftlich?
Das müssen seriöse Berechnungen ergeben. Geben Bund und Land für den Umbau zum einheitlichen Schienennetz ausreichend Zuschüsse, ist das machbar. Sonst müssen wir beide Systeme behalten, auch wenn das teurer ist.
Bald gemeinsamen Nahverkehrsplan aufstellen
Die Ruhrbahn darf nicht allein auf den Kosten sitzenbleiben. Damals war es eine politische Entscheidung, die breite U-Bahn zu bauen. Neue Bahnen brauchen wir auf jeden Fall.
Ist die Ruhrbahn zur Zeit finanziell zu schwach ausgestattet?
Unsere Fusion ist zukunftsorientiert. Völlig kostendeckend ist öffentlicher Personen-Nahverkehr nicht zu haben. Das müssen auch die Räte und Kämmerer aus Mülheim und Essen einsehen.
Beide Städte sollten bald auch einen gemeinsamen Nahverkehrsplan aufstellen. Dann wird es mehr Linien geben, die über die Stadtgrenze fahren. Wir arbeiten schon zusammen. Die Städte sollten uns bald folgen.
Gibt es schon Fahrer, die in beiden Städten auf Linien unterwegs sind?
Damit haben wir bereits begonnen. Es wird noch einige Zeit dauern, bis sich viele Kolleginnen und Kollegen in beiden Städten auskennen. Aber das ist unser gestecktes Ziel.
Das macht uns bei Dienstplänen und Einsätzen flexibler. Wir spüren auch deutlich, dass die Kollegen das wollen und darum auch mitziehen.