Mülheim. . Die Oberbürgermeister aus Mülheim und Essen unterzeichneten die Fusion zur Ruhrbahn, die kundenfreundlich und wirtschaftlich unterwegs sein soll.

  • Evag und MVG sind mit der neuen Ruhrbahn seit Freitag Geschichte
  • Die neue Verkehrsgesellschaft setzt Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit an erste Stelle
  • Beim Personal wird nicht gespart, doch die Konsolidierung steht an

Ehe-Schließungen können auch dauern: Dreieinhalb Stunden sollen beim Notar-Termin verstrichen sein, berichten die Oberbürgermeister Ulrich Scholten und sein Essener Kollegen Thomas Kufen, dann setzten sie die Unterschriften unter den Fusionsvertrag zur neuen Ruhrbahn. Evag und MVG sind seit Freitag Geschichte, auch wenn die Umwandlung von Tickets, 2500 Haltestellen, 237 Bussen, Straßenbahnen und über 300 Fahrkartenautomaten noch ein wenig dauert.

Die neue Nahverkehrsgesellschaft mit 2500 Beschäftigen ist nun die drittgrößte im VRR-Gebiet. Und die Oberbürgermeister betonen: „Unsere Fahrgasttür ist offen.“ Soll heißen: Gerne können weitere Nahverkehrsgesellschaften sich der Ruhrbahn anschließen. Mehr Zusammenschlüsse bei den bislang 27 Verkehrsgesellschaften in der Region bleibt das große Ziel.

Zuverlässig und pünktlich

150 Millionen Fahrgäste will die Ruhrbahn im Jahr in den beiden Städten bewegen – und das zuverlässig und pünktlich, wie Geschäftsführer Uwe Bonan betont. Gerade diese beiden Attribute „stehen ganz weit vorne“ auf der Agenda. Gerade das hatten zuletzt viele MVG-Kunden vermisst. Wie dies umgesetzt wird? Die Eheleute blieben bei der Vorstellung noch recht unkonkret.

Es ist der dritte Anlauf eines Zusammenschlusses der Nahverkehrsgesellschaften nach Meoline und Via, die beide scheiterten. Dass es mit der Ruhrbahn besser läuft, davon sind die Oberbürgermeister überzeugt: Weniger Schnittstellen, eine Gesellschaft, eine Geschäftsleitung, ein Aufsichtsrat, deutlich effizientere Strukturen, zählen sie auf. Bonan glaubt, dass die Trennung von den alten Namen auch ein Vorteil sein wird.

Personal soll nicht eingespart werden

Personal, das machte Geschäftsführer Michael Feller deutlich, werde nicht eingespart, erst recht nicht im Fahrdienst, wo es in Mülheim in der Vergangenheit zu große Engpässe gab; Bonan spricht von Schwächen, die es nicht mehr geben soll. „Wir werden von innen nach außen sparen“, kündigt Feller an und bleibt auch hier im Unkonkreten. So viel steht fest: Beide Partner bringen erhebliche finanzielle Defizite mit in die Ehe. Die Konsolidierung soll daher zügig angegangen werden. Ein Muss, darin sind sich alle einig. Allein die MVG machte zuletzt Jahr für Jahr 30 bis 35 Millionen Euro Miese.

Ob alle glücklich sind mit der Fusion? Kritiker bleiben: In Essen sehen einige in der Fusion ein schlechtes Geschäft, in Mülheim dominiert jedenfalls deutlich die Zustimmung.

Das Unternehmen will mit Qualitäten punkten

Scholten und Kufen wissen, dass viele andere Kommunen nun auf die Ruhrbahn blicken werden. Sollen sie auch: Das Unternehmen will mit Qualitäten punkten. Die Fahrzeugflotte ist mit 86 neuen Bussen und zahlreichen neuen Straßenbahnen in den letzten zwölf Monaten deutlich modernisiert worden. Zu einem modernen Mobilitätsdienstleister gehört für die beiden Geschäftsführer aber auch, dass der Nutzer mit seinem Ticket wählen kann. Am Essener Landgericht ist die erste Mobilitätsstation eingerichtet, wo Kunden nach dem Ausstieg aus der Straßenbahn sich für die Weiterfahrt aufs Fahrrad oder ins Elektroauto setzen können. Ein Start, wie es heißt. In Mülheim gibt es das noch nicht.

Für Bonan gehören zum modernen Mobilitätsanbieter auch neue Antriebstechnologien. Denen gegenüber will das Unternehmen sich aufgeschlossen zeigen.

Am Ende spricht Feller gar von einer neuen Lebensqualität in den Städten, die die Ruhrbahn in Gang setzen könnte. Unter anderem hofft er in den Städten auf mehr Vorrangschaltungen für den ÖPNV. Hört sich erst einmal alles gut an – typisch für frische Ehen.

>> ZOLLVEREIN ZIERT ALS SYMBOL DIE WAGEN

Gelb bleibt die Farbe des Unternehmens. Auf allen Fahrzeugen der Ruhrbahn wird das Symbol von Zollverein zu sehen sein, das aus Sicht der Geschäftsführer für „Strahlkraft“ steht.

Operativ soll alles zum 1. September umgestellt sein. Der Fahrpreis bleibt für die Kunden überall gleich. In Essen soll es eine Leitstelle für beide Städte geben, ebenso werden die Werkstätten am Essener Standort zentralisiert. Abteilungen, die für Infrastruktur wie Gleisbau und Bauwerke zuständig sind, werden in Mülheim konzentriert.

Wie viel Geld gegenüber MVG und Evag die Ruhrbahn einsparen kann, darauf wollen sich die Geschäftsführer nicht festlegen.