Mülheim. . Mülheimer fühlen sich von der Ruhrbahn überrollt, die Millionen in neue Stadtbahnwagen investieren will. Es stellt sich die Systemfrage.
Die Ruhrbahn muss ihre komplette Stadtbahn-Flotte erneuern. Das kostet rund 153 Millionen Euro. 21 Millionen Euro für sieben Fahrzeuge entfallen auf Mülheim. Kämmerer Frank Mendack und die örtlichen Parteien wurden von dieser Ansage aus der Essener Ruhrbahnzentrale überrollt: „Keiner hat das vorher kommuniziert.“ Jetzt ziehen sie die Notbremse, wollen die Alleinfahrt des Verkehrsbetriebes stoppen. „Vorher muss geklärt werden, ob sich beide Städte zwei Netze mit 1000 und 1435 Millimeter breiten Gleisen und ungleichen Fahrzeugen weiterhin leisten können und wollen“, sind sich SPD und Grüne einig.
Das Düsseldorfer Regierungspräsidium unterstützt diesen Vorstoß für einheitliche Gleisbreiten und Fahrzeuge. Wenn „es sich wirtschaftlich rechnet und dies neben einer Komfortsteigerung für Nutzer zur Entlastung der städtischen Haushalte beiträgt“, erklärt Beatrix van Vlodrop, Sprecherin der Bezirksregierung. So lange die Fakten nicht auf dem Tisch lägen, erhalte die Ruhrbahn „keine Zuschüsse für neue Fahrzeuge“, bekräftigt die Aufsichtsbehörde.
SPD will vor Investition Systemfrage geklärt sehen
Die SPD-Ratsfraktion erwartet, dass vor dem Kauf neuer U-Bahnen die Systemfrage geklärt wird. „Wir befinden uns in einem Zeitfenster, wo es möglich ist, im Bereich der Ruhrbahn die Vielfalt der Schienensysteme zu beenden“, erläutert Daniel Mühlenfeld, nahverkehrspolitischer Sprecher der SPD. Der Antrag dazu wird im nächsten Mobilitätsausschuss behandelt. Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung soll die Umspurung auf Meterspur (passend zum Straßenbahnnetz) mit Erhalt des derzeitigen Normalspursystems (U-Bahn) vergleichen.
Ausgaben für Gleis- und Bahnhofumbauten, Zugsicherung und zusätzliche Straßenbahnen fielen wohl zuerst höher aus als nur für neue Stadtbahnzüge. „Dem gegenüber steht jedoch eine Kostenersparnis im Betrieb“, sagt Mühlenfeld. „Auch ohne Umspurung stehen bald Stadtbahn-Haltestellen zur Sanierung an. Diese Entscheidung müssen Essen und Mülheim gemeinsam treffen. Nur dann können die Kostenvorteile tatsächlich realisiert werden.“
Hercher: Dauerhaft ist einheitliches System günstiger
„Dauerhaft betrachtet ist ein einheitliches System günstiger“, sagt auch Axel Hercher (Grüne). Er fragt: „Warum hat das bisher keiner in den Stadtverwaltungen ernsthaft geprüft?“ Das Stadtbahnnetz sei ein Inselbetrieb.
„Die Systembrüche (uneinheitliche Gleisbreiten) im kommunalen Schienennetz an Rhein und Ruhr finden sich ganz überwiegend im Ruhrbahnnetz“, sagt Beatrix van Vlodrop. Düsseldorf und Duisburg hätten rund 200 Kilometer mit Regelspur (1435 mm). Ein Ast reicht bis Mülheim Hauptbahnhof. Oberhausen, Mülheim, Essen, Gelsenkirchen, Bochum, Herne, Hattingen und Witten hätten ein rund 230 Kilometer zusammenhängendes Meterspurnetz. Davon entfallen 119 Kilometer auf die Ruhrbahn.
Ruhrbahn plant Investition in ein Inselnetz
„Diesen großen Netzen gegenüber steht ein auf die Ruhrbahn beschränktes Inselnetz von rund 34,5 Kilometer Regelspur. Es erschwert die flexible Nutzung in den Stadtkernen von Mülheim und Essen.
Es passt nicht zum größeren Teilnetz von 119 Kilometern“, sagt van Vlodrop. Für Mülheim besonders fatal: „Wegen isoliert eingeführter technischer Standards ist es auch nicht mit dem Netz von Duisburg und Düsseldorf kompatibel. Darum werden Fahrgäste trotz gleicher Spurweite (1435 mm) am Hauptbahnhof zum Umsteigen gezwungen – auf der innerstädtischen Ost-West-Achse.“