Mülheim. . Der Mülheimer Energiedienstleister Medl will den Strommarkt erobern. Mit aggressiver Preispolitik hat der Energiedienstleister schon 15 Prozent der Haushalte für sich gewonnen, man will Grundversorger werden. Eine Preissenkung zu Jahresbeginn wird's aber nicht geben.
Laut Vergleichportal Verivox.de haben zum Jahreswechsel 242 von bundesweit rund 800 Stromanbietern Preissenkungen von durchschnittlich 2,4 Prozent angekündigt. Die heimische Medl zieht nicht mit. Sie verzichtet auch darauf, den geringfügigen Rückgang staatlich regulierter Preisbestandteile wie der Ökostromumlage an ihre Kunden weiterzugeben. Medl-Geschäftsführer Gerd Bachmann versucht erst gar nicht, die „versteckte Preiserhöhung“ mit salbungsvollen Worten zu kaschieren. Er glaubt, sie den Kunden nach zweieinhalb Jahren der Preisstabilität auf niedrigem Niveau zumuten zu können.
Offensichtlich hat sich die Medl seit Juli 2011 mit Kampfpreisen Anteile am heimischen Markt des Stromvertriebs erobert. Schon beim Markteinstieg unterbot sie den Grundversorger RWE im Preis um Längen. Mitgesellschafter RWE ließ die Medl weiter Kunden abgreifen. Während der Altmonopolist seit Juli 2012 zweimal die Preise anhob, gab die Medl eine Bruttopreisgarantie nach der nächsten ab. Mit der Konsequenz, dass die Medl mit ihrem Tarif „medlstrompur“ Kunden mit einem Jahresverbrauch von 3000 Kilowattstunden aktuell ein Angebot macht, das im RWE-Grundversorgungstarif um fast 220 Euro (29,2 Prozent) teurer ist.
RWE will Preise Anfang 2015 senken
Daran wird sich auch Anfang 2015 nicht wesentlich etwas ändern. Zwar hat RWE angekündigt, die Preisschraube aufgrund der sinkenden staatlichen Abgaben/Umlagen nach unten zu drehen – in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt, so ein RWE-Sprecher, werde der Energieriese Ende des Jahres durchrechnen. Doch ist kaum zu erwarten, dass RWE riesige Sprünge machen wird.
So hat die Medl nach Aussage ihres Geschäftsführers Bachmann mit ihren Tarifen „medlstrompur“ und „Doppelwatt“ (Kombiprodukt Gas/Strom) mittlerweile 15 Prozent aller Mülheimer Haushalte als Stromkunden gewinnen können – und das, wie gesagt, in gerade einmal 41 Monaten, die sie auf dem Markt aktiv ist. Eine Leistung auf umkämpftem Terrain, deren aktuelles Ergebnis bei Weitem nicht das Ende der Fahnenstange sein soll. „Wir wollen Grundversorger werden“, sagte Bachmann am Mittwoch. Das Ziel sei, den Platzhirschen RWE innerhalb von fünf Jahren, also 2016, von der Spitzenposition des Versorgers mit den meisten Mülheimer Haushaltskunden zu verdrängen.
Medl hat mit aggressiver Preispolitik Marktanteile gewonnen
Das, so Bachmann, wäre dann bundesweit einmalig. Gelingen soll dies eben auch durch eine aggressive Preispolitik, die RWE als Mitgesellschafter offenbar duldet, weil es ihm lieber ist, über die Medl mitzuverdienen als Kunden komplett an andere Wettbewerber zu verlieren. Bachmann: „Wir werden in den Vergleichsportalen nach wie vor einer der günstigsten Versorger bleiben.“ 150 Stromanbieter tummeln sich mit annähernd 400 Produkten auf dem Mülheimer Markt. Bei Wertung aller Vertragsdetails (Laufzeit, Kündigungsfristen, Bedingungen für Boni-Zahlungen, Vorauskasse, Kautionen etc.) steht die Medl als einer der preisgünstigeren, fairen Anbieter dar.
Es wird sich zeigen müssen, ob die Medl-Strategie, sich mit aggressiver Preispolitik Marktanteile zu sichern, Früchte tragen wird. In unsicherer Zeit von Energiewende und hohem Wettbewerbsdruck dürfte aber so manch ein Stadtwerk derzeit neidisch nach Mülheim blicken. Das Geschäftsmodell der Medl erweist sich als äußerst erfolgreich. Während andere schon Insolvenz anmelden mussten, ist die Medl schuldenfrei und mit solider Eigenkapitalquote ausgestattet, konnte zuletzt starke Jahresergebnisse präsentieren und erwirtschaftete mit jedem ihrer 100 Mitarbeiter fast eine Million Euro Umsatz. Das schafft Kraft für Bachmanns große Vision: dass die Medl es mit dem Großprojekt „Energetische Stadtentwicklung“ schafft, Mülheim komplett auf eine dezentrale Energieerzeugung umzustellen. Das wäre die Energiewende „made in Mülheim“.