Mülheim. Angriffe auf Polizeileute wie bei der Kölner Hooligan-Demo sind heute keine Ausnahmefälle mehr. Die Beamten kehren auch in Mülheim und Essen häufig mit Verletzungen von ihren Einsätzen zurück. Eine Studie belegt die Intensität der Gewalttaten. Die Betreuung der Polizeikräfte wird immer wichtiger.

Für alle sichtbar wurde die Gewalt gegen Polizeibeamte erst kürzlich bei der Hooligan-Randale in Köln. Dabei kam es zu massiven Übergriffen auf die Beamten. Auch 14 Beamte der Einsatzhundertschaft Essen, darunter etliche Mülheimer, erlitten Verletzungen. Selbst im Streifendienst stehen Beamte heute plötzlich Streitenden gegenüber, die sich verbünden und einen neuen gemeinsamen Feind entdecken: die Polizei. Prellungen, Blutergüsse, Schürfwunden und mehr erleben Polizistinnen und Polizisten auch bei ihren Einsätzen auf den Straßen in Mülheim und Essen.

Das Polizeipräsidium differenziert nicht zwischen den beiden Städten – Mülheimer Beamte sind auch auf Essener Straßen im Einsatz und umgekehrt –, spricht aber von sechs Fällen in der Woche – im Schnitt also mehr als einer pro Tag.

Intensität der Gewalttaten nimmt zu

Bedrohungen, Beleidigungen, selbst Spuck-Attacken sind an der Tagesordnung: Hier nennt die Polizei rund zwei Fälle am Tag. „Polizeibeamte brauchen ein sehr dickes Fell. Wenn alle Angriffe und Beleidigungen aufgezählt würden, wären es noch erheblich mehr“, schätzt Polizeisprecher Peter Elke.

Dabei sind es nicht einmal gestiegene Zahlen, die der Polizei Sorge bereiten, sondern vielmehr die Intensität der Gewalttaten. Bereits 2013 veröffentlichte das NRW-Innenministerium eine Studie zur Gewalt gegen Polizeibeamte. Im Essener Präsidium setzen sich mit der Untersuchung im Auftrag von Polizeipräsidentin Stephania Fischer-Weinsziehr zwölf Beamte verschiedener Direktionen auseinander. Was läuft gut, wo hakt es – das soll festgestellt werden, um Empfehlungen an die Leitung zu geben. Betreuung, Fürsorge der Führungskräfte, Fortbildung und körperliche Fitness sind die Themen, besondere Gefährdungsbereiche bei Einsätzen und auch der Umgang bei Einsätzen mit negativen Erfahrungen.

Hemmschwelle muss noch sinken

Grundsätzlich gehört zu jedem Einsatz eine Nachbereitung. Bei besonders belastenden Einsätzen ist der Vorgesetzte gefragt. Die Studie stellt fest, dass zu wenige Polizisten wissen, wo sie Hilfe erhalten können. Bestehende Hilfsangebote will die Essener Arbeitsgruppe daher bekannter machen. „Inzwischen sind die Anlaufstellen in unserem Intranet gelistet“, sagt Holger Schepanski, ein Mitglied der Arbeitsgruppe.

Bedrohung in Eppinghofen

Erst in der vergangenen Woche ereignete sich in Eppinghofen wieder ein Zwischenfall. In der Nähe des Kreisels/Heißener Straße überprüften Polizeibeamte routinemäßig bei einem Schwerpunkteinsatz drei junge Männer, die sie dem Rockerumfeld zurechneten.

Ein weiterer Mann sei aus einem nahegelegenen Friseurgeschäft dazugekommen, habe die Polizeimaßnahmen mit einem Handy aus nächster Nähe gefilmt. Als der Mann dann selbst überprüft werden sollte, leistete er Widerstand und wurde festgenommen.

Inzwischen, so die Polizei, hatten sich rund zwei Dutzend Männer vor dem Geschäft versammelt, die sich den Polizisten entgegenstellten, die sofort Verstärkung riefen. Durch den Schwerpunkteinsatz waren genug Polizeikräfte und zahlreiche Streifenwagen vor Ort. Der Festgenommene wurde zur Personalienfeststellung mit zur Wache genommen.

Er meint: Ärzte, psychologisch geschulte Polizeibeamte, Opferschutzbeauftragte oder Polizeiseelsorger. Möglicherweise muss bei manchem Polizisten, mancher Polizistin erst noch die Hemmschwelle sinken, Hilfe zu suchen und auch zu akzeptieren. Es ist schon Dienstalltag, wenn sich lärmende Partygäste auf die Polizei stürzen, anstatt die Musik leiser zu drehen. Oder wenn die Arbeit der Polizei beim Einsatz massiv behindert wird.