Mülheim. Das Bildungs- und Teilhabepaket fördert die Schulsozialarbeiterstellen nur für insgesamt drei Jahre.Viele dieser Stellen an Mülheimer Schulen können daher bald nicht mehr finanziert werden.
An vielen Mülheimer Schulen sind sie die guten Seelen: Sozialarbeiter und Sozialpädagogen. Sie halten den Lehrern so gut es geht den Rücken frei und kümmern sich um die kleinen und großen Probleme der Schüler. Wie lange diese Arbeit an Mülheimer Schulen jedoch noch geleistet werden kann, ist fraglich. Denn viele der Sozialarbeiter werden durch das Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) der Bundesregierung finanziert. Dieser Fördertopf versiegt - er wurde nur für drei Jahre zur Verfügung gestellt.
Nicht nur viele Sozialarbeiter bangen jetzt um ihren Job, auch die Lehrer der Schulen möchten die Unterstützung ihrer Kollegen nicht missen. „Ich habe große Bedenken, wie die Arbeit aufgefangen werden soll“, sagt Ulrike Nixdorff, Schulleiterin der Hexbachschule. „Sozialarbeiter bringen uns Lehrern wichtige Informationen, da sie einfach den näheren und auch einen sehr positiven Kontakt zu den Schülern und ihren Eltern haben.“ Wenn es hart auf hart kommt, hat die 57-jährige Schulleiterin ab kommenden Schuljahr nur noch zwei halbe Stellen für Sozialarbeiter zur Verfügung. Daher steht auch die Überlegung im Raum, zumindest eine halbe Lehrerstelle zusätzlich für die Sozialarbeiter zu opfern.
Alexandra Kammann arbeitet seit gut zwei Jahren als Sozialpädagogin an der Hauptschule Hexbachtal. Da ihre Stelle über das BuT finanziert wird, muss sie die Schule zum Schuljahresende verlassen. „Natürlich gehe ich mit einem sehr schlechten Gefühl“, sagt die 46-jährige Sozialpädagogin. „Ich befürchte, dass sich aus dem Lehrerkollegium niemand mit solch einer Intensität um die Kinder kümmern kann – es fehlen einfach die Ressourcen.“
Alexandra Kammann hat sich speziell um die Schulverweigerer gekümmert. Das bedeutet viel Elternarbeit, und auch Hausbesuche stehen regelmäßig auf dem Programm. Dafür fehle den unterrichtenden Kollegen schlichtweg die Zeit, so Kammann. „Schüler fehlen ja nicht einfach, weil sie keinen Bock auf Schule haben“, sagt die Sozialpädagogin. „Oft stecken große, meist familiäre Probleme dahinter.“ Diese Hindernisse, die Schüler dazu bringen, nicht zur Schule zu gehen müssten Stück für Stück aus dem Weg geräumt werden. Und das könne ein langer Weg sein. Durch Alexandra Kammann und ihre Kollegen konnte in den letzten Jahren jedoch schon einiges erreicht werden. Umso größer ist die Sorge, dass durch den Wegfall der Stellen die Schüler wieder in alte Muster verfallen und ihnen eine wichtige Bezugsperson fehlt.
Stadt sucht nach Plan B
n Mülheim fallen durch das Auslaufen des BuT vor allem an den Grundschulen Stellen weg. An zehn Mülheimer Grundschulen sind acht Sozialarbeiter über das BuT beschäftigt. Bis jetzt konnte die Stadt keine Folgefinanzierung auf die Beine stellen, da im Bereich der Grundschule aktuell kein geeignetes Förderprogramm ausgeschrieben ist.
Von den acht Stellen an den weiterführenden Schulen hofft Brita Russack vom Mülheimer Bildungsbüro fünf retten zu können. „Wir haben bereits zwei Projektanträge gestellt, um das irgendwie aufzufangen“, sagt Russack. „Gerade die Sozialarbeiter bei der so genannten Übergangsbegleitung leisten eine enorm wichtige Arbeit.“ Gemeint ist die Beratung und Begleitung der Jugendlichen beim Übergang von Schule in den Beruf. „Bei uns gehen 43 Prozent aller Hauptschüler direkt nach dem Abschluss in eine betriebliche Ausbildung“, sagt Brita Russack. „Das ist eine sehr gute Quote, die nicht zuletzt der tollen Arbeit der Sozialpädagogen zu verdanken ist.“
Daher müsse man vor allem in diesem Bereich einen Anschluss hinbekommen. Dass die Mittel, die über den Bund zur Verfügung gestellt wurden, begrenzt sind, davon wussten alle Beteiligten von Anfang an. „Wir haben trotzdem gedacht, wir machen innerhalb von drei Jahren das Beste draus“, so Brita Russack. „Es ist viel Tolles an den Schulen passiert – alle haben voneinander viel gelernt.“ Zum Beispiel hätten die Sozialarbeiter ein ganz neues Problembewusstsein in die Schulen getragen. Auch für die Kinder, die das Angebot in Anspruch nehmen konnten, seien die Erfahrungen gut gewesen. Für die nachfolgenden Kinder speziell an Mülheims Grundschulen findet es Brita Russack natürlich bedauerlich. Deshalb werde sie und ihre Kollegen auch weiterhin nach einer Lösung suchen.