Mülheim. Ein neues Konzept, das vor allem auf Prävention ausgerichtet ist, soll verhindern, dass Blaumachen für einige Schüler zum Volkssport wird. Anfällig seien Jugendliche, die einen unfreiwilligen Schulwechsel hinter sich haben. An einer Hauptschule in Mülheim geht man nun neue Wege.

Schulsozialarbeit hat viele Gesichter: In unserer Stadt kommt sie Grundschülern ebenso zugute wie jungen Erwachsenen, die auf dem Weg in die diffizile Berufswelt sind. Und auch die so genannten Schulverweigerer haben die Sozialarbeiter im Blick: Wie bloß lässt sich ihre Zahl reduzieren, wie bloß ausreichend Motivation fürs Lernen vermitteln? Seit Sommer 2013 läuft zu diesen und anderen Fragen in der Schule am Hexbachtal ein Pilotprojekt, das ganz auf Prävention setzt.

Blaumachen ist bei vielen Schülern beliebt, besonders aber bei jenen, die schon einmal von einer Schule „geflogen“ sind, also nach offiziellem Sprachgebrauch „abgeschult“ wurden. Für sie ist es oft mühselig, sich auf der neuen Schule zurechtzufinden und so verfallen sie leicht in schlechte Gewohnheiten.

Jetzt werden „Willkommensgespräche“ geführt

Diese Beobachtung habe zu einem für Mülheim neuen Ansatz geführt, berichtet Brita Russack, Leiterin der Koordinierungsstelle Bildung im Amt für Kinder, Jugend und Schule: Die Sozialarbeiter wollten diesmal nicht erst aktiv werden, wenn die Kinder sprichwörtlich erneut in den Brunnen gefallen sind – sondern bereits weit vorher. So entschied man sich unter anderem für „Willkommensgespräche“.

Schon in den Sommerferien nahmen die beiden an der Dümptener Hauptschule eingesetzten Sozialarbeiterinnen Kontakt auf zu möglicherweise gefährdeten Jugendlichen und deren Eltern. So vermittelten sie gleich zu Beginn ein positives Gefühl und konnten zum Beispiel in aller Ruhe klären, was zum unfreiwilligen Schulwechsel geführt hatte. Je nach Bedarf kam es zu weiteren Treffen mit den im Auftrag des Bildungsbüros tätigen Expertinnen.

Eine Idee, die auch gut wäre für andere Schulen

Die präventive Arbeit habe gefruchtet, freut sich Brita Russack: Von den 25 beteiligten Schülern hätten sich 15 gut entwickelt („sie laufen so durch“). Vier benötigten von Zeit zu Zeit noch etwas Unterstützung und lediglich sechs seien bis heute in ständiger Begleitung. „Damit stehen wir deutlich besser da als in früheren Jahren.“

Man wolle die Arbeit also fortsetzen – und gerne auch an anderen Schulen damit starten. Denn gegen das Schulschwänzen vorzugehen, „ist eine fundamental wichtige Aufgabe“, betont Russack. „Bei Acht-, Neunt-, Zehntklässlern haben wir noch die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen. Und wir wollen ihnen vermitteln, dass sie ihr Leben selbst in die Hand nehmen müssen.“ Ohne Abschluss sei die Perspektive übel, „mit Abschluss dagegen kann man sich selbst von einem schwierigen sozialen Hintergrund befreien“.

Projektgelder reichen derzeit nur für zwei Vollzeitstellen

Schulen, die ebenfalls Interesse an dem Projekt haben, melden sich unter 455-47 80 bei Brita Russack. „Die Projektgelder sind allerdings begrenzt“, warnt Russack – aktuell reichten sie aus, um zwei Vollzeitstellen zu finanzieren.

Die beiden Schulsozialarbeiterinnen kommen vom Zentrum für Ausbildung und berufliche Qualifikation in Oberhausen, kurz ZAQ. Dieses hatte sich an der Ausschreibung für die Aufgabe beteiligt – und sich gegen die Mitbewerber durchgesetzt.

Wichtig für eine erfolgreiche Arbeit sei im Übrigen nicht nur die Arbeit mit den Schülern. „Jede Schule braucht ein klares Konzept, wie sie mit Schulverweigerern umgeht.“ Entscheidend sei dabei, dass Lehrer sensibel genug sind, um gefährdete Schüler zu erkennen und auch um die diversen Gründe fürs Blaumachen wissen: Ein problematisches Elternhaus kann ebenso dazu gehören wie ein verkorkstes Klima in der Klasse. Wichtig sei zudem, dass Regeln konsequent umgesetzt werden.