Herne. . Eine von den Grünen in Auftrag gegebene Studie thematisiert den hohen Ausstoß des Giftes Quecksilber am Steag-Kraftwerk in Herne. Der Betreiber selbst sagt, es gebe keinen Grund zur Sorge. Laut Steag sei der Herner Standort sogar wegweisend in Sachen Emissionsschutz.

Das Steag-Kraftwerk geht kritischen Bürgern im wahrsten Sinne des Wortes auf die Nerven: 50,5 Kilogramm Quecksilber pustet es jährlich in die Luft, wie eine aktuelle Studie der Umweltwissenschaftlerin Barbara Zeschmar-Lahl im Auftrag der Grünen-Bundestagsfaktion bilanziert. Pures Nervengift einerseits, weit unterhalb aller Schmerz- , sprich Toleranzgrenzen andererseits, glaubt man den Beteuerungen der Betreiber.

„Kohlekraftwerke sind Dreckschleudern. Selbst bei Einhaltung der Grenzwerte werden große Mengen potenziell gesundheitsschädlicher Schadstoffe emittiert“, bemängelt Dirk Jansen, Geschäftsleiter beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Düsseldorf. Das Steag-Heizkraftwerk Herne habe im Jahr 2012 nicht nur 50,5 Kilogramm des Nervengifts Quecksilber, sondern auch große Mengen an u.a. Blei, Arsen, Cadmium, Zink, Schwefeldioxid, Stickoxiden und Feinstaub ausgestoßen. „Da die EU verbindlich festgelegt hat, dass bis zum Jahre 2028 kein Quecksilber mehr zusätzlich in die Biosphäre freigesetzt werden darf, sehe ich die Notwendigkeit, entweder entsprechende Filtersysteme und Abwasserreinigungsstufen zur Eliminierung dieses Schwermetalls nachzurüsten, oder die Kohlemeiler dicht zu machen“, erklärt der Umweltschützer.

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Blei, Arsen, Cadmium und Zink

Auch die Herner Grünen sind „erstaunt, dass die Amerikaner uns in Sachen Luftreinhaltung etwas vormachen“, sagt Dirk Gleba, Vorsitzender des Umweltausschusses. Ganz so kritisch wie der BUND sieht der Grüne das Steag-Kraftwerk jedoch nicht: „Es hat den Vorteil, dass dort Wärme ausgekoppelt wird.“ Mittelfristig allerdings, davon ist Gleba überzeugt, „haben Kohlekraftwerke keine Chance“.

Diese Auffassung relativiert Wolfgang Konrad, Umweltexperte bei der Steag. Gaskraftwerke beispielsweise hätten andere problematische Emissionen, zum Beispiel hohe Stickoxid-Werte. Außerdem sei das von den Grünen in Auftrag gegebene Gutachten ungeeignet, weil es lediglich die Höhe der Jahresemissionen betrachte. „Ein geeigneteres Maß ist die verbleibende Konzentration nach der Rauchgasreinigung. Die Autorin der Studie weist diese mit 5,85 Mikrogramm Quecksilber pro Kubikmeter Reingas aus. Dies entspricht etwa einem Sechstel des derzeit geltenden Emissionsgrenzwertes.“

Neuer Grenzwert ab 2019

Ab 2019 gelte ein Grenzwert von 10 Mikrogramm, erklärt der Steag-Experte. Zusätzlich würden zurzeit Referenzanlagen in ganz Europa zur Ermittlung der besten verfügbaren Technik (BVT) untersucht. „Das Heizkraftwerk Herne ist eine dieser Referenzanlagen“, macht Konrad deutlich.

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In Agbogbloshie in Ghana sorgten vor allem der falsche Umgang mit ...
In Agbogbloshie in Ghana sorgten vor allem der falsche Umgang mit ... © Blacksmith Institute
... Schadstoffen wie Quecksilber ...
... Schadstoffen wie Quecksilber ... © Blacksmith Institute
... zum Beispiel in Elektromülldeponien zu verheerenden langfristigen Verschmutzungen.
... zum Beispiel in Elektromülldeponien zu verheerenden langfristigen Verschmutzungen. © Blacksmith Institute
In Dsershinsk in Russland sollen rund 300 000 Tonnen Chemie-Abfälle unsachgemäß abgelagert worden sein. Bis heute seien Umweltgifte wie das Nervengas Sarin, Blei oder Phenole nachweisbar.
In Dsershinsk in Russland sollen rund 300 000 Tonnen Chemie-Abfälle unsachgemäß abgelagert worden sein. Bis heute seien Umweltgifte wie das Nervengas Sarin, Blei oder Phenole nachweisbar. © Blacksmith Institute
In Tschernobyl in der Ukraine ...
In Tschernobyl in der Ukraine ... © Blacksmith Institute
... ist bis heute der Reaktorunfall von 1986 spürbar.
... ist bis heute der Reaktorunfall von 1986 spürbar. © Blacksmith Institute
In Tschernobyl sollen besonders Kinder von der Umweltverschmutzung betroffen sein, da viele oft schon vor der Geburt geschädigt würden.
In Tschernobyl sollen besonders Kinder von der Umweltverschmutzung betroffen sein, da viele oft schon vor der Geburt geschädigt würden. © Blacksmith Institute
Schädliche Chemikalien, die in die Umgebung fließen, stellten in Gerbereien in Bangladesch eine große Gefahr dar. In Hazaribagh seien rund 185 000 Bewohner akut bedroht. Besonders gefährdet seien  Arbeiter, die praktisch ohne Schutz Chrom ausgesetzt seien.
Schädliche Chemikalien, die in die Umgebung fließen, stellten in Gerbereien in Bangladesch eine große Gefahr dar. In Hazaribagh seien rund 185 000 Bewohner akut bedroht. Besonders gefährdet seien Arbeiter, die praktisch ohne Schutz Chrom ausgesetzt seien. © Blacksmith Institute
In Kabwe in Sambia soll die Erde mit Blei verseucht sein. Eisenerze, in denen das Blei steckte, wurden abgebaut und geschmolzen. Schwermetalle sollen den Boden in der Umgebung von Kabwe verseuchen.
In Kabwe in Sambia soll die Erde mit Blei verseucht sein. Eisenerze, in denen das Blei steckte, wurden abgebaut und geschmolzen. Schwermetalle sollen den Boden in der Umgebung von Kabwe verseuchen. © Blacksmith Institute
Auch in Kalimantan in Indonesien werden Schadstoffen wie Quecksilber, falsch entsorgt, sodass Lebensmittel zu Schaden kommen können.
Auch in Kalimantan in Indonesien werden Schadstoffen wie Quecksilber, falsch entsorgt, sodass Lebensmittel zu Schaden kommen können. © Blacksmith Institute
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Die sibirische Industriestadt Norilsk ist das Zentrum der russischen Nickelproduktion und soll durch Schwermetalle so stark verschmutzt sein, dass der Schnee dort schwarz ist. © Blacksmith Institute
Die Bewohner im afrikanischen Niger-Delta, Nigeria, leiden unter der Erdölförderung  - sie sind der Verschmutzung fast schutzlos ausgesetzt.
Die Bewohner im afrikanischen Niger-Delta, Nigeria, leiden unter der Erdölförderung - sie sind der Verschmutzung fast schutzlos ausgesetzt. © Terry Whalebone
Der Riachuelo in Argentinien ist wohl einer der am meisten belasteten Flüsse der Welt. Giftiger Schlamm, Abfall und Schwermetalle machen sein Wasser zur einem gefährlichen Tümpel.
Der Riachuelo in Argentinien ist wohl einer der am meisten belasteten Flüsse der Welt. Giftiger Schlamm, Abfall und Schwermetalle machen sein Wasser zur einem gefährlichen Tümpel. © Yanina Budkin/World Bank
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