Herne. . Die Verwaltung hat der Haushaltskommission eine neue Liste mit 43 Sparvorschlägen vorgelegt. Schon im Vorfeld der Sitzung der kam es zum Eklat. Die Grüne sagten ihre Teilnahme ab und die CDU stellte die Kommission sogar grundsätzlich in Frage.

Die Verwaltung hat zur (nicht öffentlichen) Sitzung der Haushaltskommission am Donnerstag eine Liste mit Sparvorschlägen vorgelegt. Bei Umsetzung aller 43 Maßnahmen könnten im nächsten Jahr bis zu 1,4 Millionen Euro und ab 2015 jährlich rund 2,1 Mio Euro eingespart werden. In der Politik sind jedoch schon vor der Sitzung Zweifel an dem Paket und sogar grundsätzlich an der Zukunft der Kommission laut geworden. Damit nicht genug: Jenseits der Fachdiskussion ist es zu einem handfesten politischen Eklat gekommen.

Grünen-Fraktions-Chefin Dorothea Schulte hat ihre Teilnahme an der Sitzung der Haushaltskommission abgesagt, weil die Verwaltung den Stadtverordneten die umfangreiche Vorlage erst am Dienstagabend zugestellt hat. „Das ist völlig inakzeptabel“, sagt Dorothea Schulte zur WAZ. Als Hobbypolitikerin sei sie nicht in der Lage, ein derart umfangreiches Zahlenwerk in so kurzer Zeit zu lesen.

Entsetzen über die Linkspartei

FDP-Fraktions-Chef Thomas Bloch schließt sich der Kritik an. „Noch schlimmer“ findet er jedoch das Verhalten der Linkspartei. Hintergrund: Die Linke hat die nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Liste auf ihre Homepage gestellt - so wie es bisher mit allen Unterlagen der Haushaltskommission praktiziert hat, die von der Stadt nicht als „vertraulich“ deklariert wurden. „Das ist ein Vertrauensbruch“, so Bloch.

Und auch Kämmerer Hans Werner Klee ist „entsetzt“ über die Transparenz der Linken. Für die harsche Kritik an der späten Übermittlung der Unterlagen zeigt er jedoch Verständnis. Aber: „Wir haben mit Hochdruck daran gearbeitet. Außerdem mussten wir das Paket erst am Montag im Verwaltungsvorstand besprechen.“ Anschließend hätten noch kleinere Änderungen eingefügt werden müssen.

„Dann muss man die Sitzung eben verschieben“, sagt Dorothea Schulte. Markus Schlüter (CDU) teilt die Ansicht von FDP und Grünen. Angesichts der jüngsten Erfahrungen in der Kommission wirft der CDU-Fraktions-Chef aber auch die Frage auf, ob die Arbeit der Haushaltskommission überhaupt noch Sinn macht. Unter dem früheren Kämmerer Peter Bornfelder habe das Miteinander in der Kommission ausgezeichnet funktioniert. „Wenn es nicht deutlich besser wird, sehe ich schwarz für die Zukunft“, so der Christdemokrat.

SPD-Fraktions-Chef Frank Dudda kann die Aufregung nicht verstehen: Es handele sich nur um Vorschläge, nicht um Beschlüsse. Die SPD werde die Liste der Verwaltung allen Fraktionsmitgliedern übermitteln und in der übernächsten Woche darüber sprechen. Der Haushalt werde vom Rat ja erst am 28. Januar beschlossen. Und: Richtig Sinn mache eine Bewertung erst, wenn man wisse, was die neue Bundesregierung zur weiteren Entlastung der Kommunen plane.

Hundesteuer, Musikschule, Radaranlagen ...

Erhöhung der Hundesteuer, der Entgelte für die Musikschule sowie der Kitabeiträge, Installation von fünf festen Geschwindigkeitsmessanlagen, Vorziehen der bereits beschlossenen Vergnügungssteuererhöhung, Streichung der Sozialfreikarten für den Südpool, Verzicht auf Schnittchen und Frikadellen für Stadtverordnete nach Ratssitzungen – das sind sieben von 43 Vorschlägen, mit denen aus Sicht der Verwaltung in den kommenden Jahren weitere notwendige Einsparungen erzielt werden könnten.

„Das sind zunächst mal Möglichkeiten, die nun von der Politik diskutiert werden müssen“, so Kämmerer Klee auf WAZ-Anfrage. Zu berücksichtigen sei dabei, dass zahlreiche Vorschläge auch mit Risiken verbunden seien.

Über diese Liste hinaus sieht Klee angesichts des langjährigen Sparkurses in Herne wenig Potenzial für weitere Einsparungen: „Die Möglichkeiten sind sehr begrenzt.“ Der Kämmerer setzt stattdessen weiterhin darauf, dass Bund und Land zusätzliche Mittel in Millionenhöhe zur Entlastung der Kommunen locker machen wird.

CDU-Fraktions-Chef Markus Schlüter sieht aber durchaus noch Potenzial für Einsparungen in Herne. Vor dem Hintergrund der riesigen Haushaltslöcher werde er künftig in der Kommission aber nur noch über Sparmaßnahmen ab 100.000 Euro aufwärts diskutieren. Es könne nicht angehen, dass in der Haushaltskommission über Sparvorschläge in Höhe von 1400 Euro diskutiert werde. Sein Fazit: „Es liegen Welten zwischen der Arbeit der Haushaltskommission unter Kämmerer Bornfelder und der Kommission unter Kämmerer Klee.“

Die 43 Sparvorschläge der Stadt 

Und das sind die von der Stadt zur Diskussion gestellten 43 Sparvorschläge (in Klammern: die Summe der angestrebten Einsparung bzw. Verbesserung im Haushalt):

1. Einsparung von Sitzungsgeldern bei Wegfall eines Ausschusses (2100 Euro in 2014, 3700 Euro ab 2015).

2. Einsparungen beim Postversand durch digitale Bereitstellungen von Sitzungsunterlagen (11.000 Euro pro Jahr).

3. Amtliche Bekanntmachungen (Tagesordnungen) werden nur noch durch Aushang kommuniziert (6000 Euro pro Jahr).

4. Verzicht auf Ehrengaben an Mandatsträger und damit Wegfall der Rahmenveranstaltung (20.000 Euro in 2014, 15 000 Euro pro Jahr in 2020).

5. Einschränkungen beim Bewirtschaftungsangebot in Sitzungen und Besprechungen (5200 Euro pro Jahr).

6. Wegfall der Bewirtung von Stadtverordneten nach Sitzungen des Rates und des Hauptausschusses (3000 Euro pro Jahr).

7. Verzicht auf Unterstellung von Postfahrzeugen in gemieteten Garagen; Vermieter ist Entsorgung Herne (jährlich 5100 Euro ab 2015).

8. Wegfall der Ausschreibungen via Zeitungsanzeige und Übergang zur digitalen Veröffentlichung (5000 Euro im Jahr).

9. Reduzierung der Postfahrzeuge um 1 Fahrzeug (jährlich 10.000 Euro ab 2016).

10. Verzicht auf Unterstellung von Dienstfahrzeugen in gemieteten Garagen; Vermieter ist Entsorgung Herne (1300 Euro pro Jahr).

11. Einsparung bei den SAP-Lizenzkosten (25.000 Euro jährlich ab 2015).

12. Umstellung der externen Stellenausschreibungen; Verzicht auf Nutzung von Printmedien und Nutzung von Online-Stellenbörsen (20.000 Euro im Jahr).

13. Bündelung von Service-Funktionen im Konzern Stadt (jährlich 100.000 Euro).

14. Wegfall der zwölfmonatigen Hundesteuerbefreiung für vermittelte Tierheimhunde (10.000 Euro jährlich ab 2015).

15. Hundesteuererhöhung um 1 Euro pro Monat sowie Umstellung des Zahlungsrhythmus auf quartalsweise Zahlung (90.000 Euro ab 2015).

16. Überprüfung des Hundebestands (10.000 Euro jährlich).

17. Vorgezogene Erhöhung der Vergnügungssteuer in zwei Schritten: im Juli 2014 auf 18 Prozent, im Januar 2018 auf 19 Prozent (210.000 Euro jährlich).

18. Weitere Kostenreduzierung bei der Gebäudereinigung (80.000 Euro jährlich).

19. Erhöhung der VHS-Entgelte (15.000 Euro jährlich ab 2015).

20. Entgelterhöhung Flottmann-Hallen (15.000 Euro pro Jahr ab 2015).

21. Erhöhung der Eintrittspreise des Kulturbüros (10.000 Euro jährlich ab 2015).

22. Entgelterhöhung im Emschertalmuseum (15.000 Euro im Jahr ab 2015).

23. Entgelterhöhung in der Musikschule (60.000 Euro jährlich ab 2015).

24. Entgelterhöhung im Stadtarchiv (2000 Euro im Jahr ab 2015).

25. Entgelterhöhung in der Stadtbibliothek (12.000 Euro im Jahr ab 2015).

26. Erhöhung der Elternbeiträge für die Tagesbetreuung, allerdings nur, wenn im Städteverbund ein Konsens darüber erzielt werden kann (keine Summe genannt).

27. Erhebung von Geschwisterkinderbeiträgen für die Tagesbetreuung (18.750 Euro in 2015, 45.000 Euro jährlich ab 2016).

28. Erhöhung des Verpflegungsentgeltes in Kitas (21.900 Euro in 2014, 52.700 Euro im Jahr ab 2015).

29. Abschaffung der Erstattung für die Nichtteilnahme an der Verpflegung in der Kita (22.900 Euro in 2014, 55.000 Euro jährlich ab 2015).

30. Kita-Elternbeiträge für Betreuung über 45 Stunden (10.000 Euro in 2015, 24.000 Euro jährlich ab 2016).

31. Steigerung der Buß-/Verwarngelder durch Installation zweier neuer Rotlichtüberwachungsgeräte (37.400 Euro pro Jahr).

32. Geschwindigkeitsüberwachung auf Autobahnen (100.000 Euro pro Jahr).

33. Reduzierung von Beschilderung und damit verbundenem Unterhaltungsaufwand (30.000 Euro pro Jahr).

34. Weiterer Radarwagen zur Geschwindigkeitsüberwachung (139.000 Euro in 2014, 59 000 Euro jährlich ab 2015).

35. Installation von Geschwindigkeitsmessanlagen an fünf Standorten und damit Ausweitung der Messzeiten (110.000 Euro pro Jahr).

36. Erhöhung ausgewählter Sondernutzungsgebühren (24.000 Euro jährlich).

37. Einsparung der Sozialfreikarten für den Südpool (45.000 Euro pro Jahr).

38. Steuerung der Hilfe zur Pflege durch Einsatz von Pflegefachkräften (150.000 Euro jährlich ab 2015).

39. Inrechnungstellen von Planungskosten für Großveranstaltungen (rund 11.000 Euro pro Jahr).

40. Wegfall des Rabatts für die Cranger Kirmes (rund 11.000 Euro pro Jahr).

41. Beteiligung der Sportvereine an den steigenden Energiekosten (143.000 Euro jährlich ab 2015).

42. Erhöhung der Aufwandserstattung für die Müllbeseitigung in Grünanlagen (379.600 Euro pro Jahr).

43. Zusätzliche Kürzung ÖPNV (100.000 Euro ab 2018).

Darüber hinaus stellt die Stadt zwei Konsolidierungsmaßnahmen zur Diskussion, „die weiteren Haushaltsverschlechterungen entgegenwirken“ sollen. Und zwar: „Einfrieren“ der Fraktionskostenzuschüsse (rund 9000 Euro pro Jahr) sowie die Senkung des Anteils öffentlichen Grüns im Bereich der Friedhöfe (347.000 Euro pro Jahr).