Herne. . Die Ausbildung zum Fahrzeugführer ist bei Jugendlichen nicht beliebt. Nun will die Arbeitsagentur Bochum das Berufs-Image verbessern und mehr Lehrstellen schaffen.

Lange Arbeitszeiten, weite Strecken, wenig Zeit zu Hause und hohe Verantwortung: Diese Aspekte prägen das Image von Berufskraftfahrern – auch bei vielen jungen Menschen. Die Folge: Der Nachwuchs bleibt aus. Ein neues Projekt der Arbeitsagentur Bochum soll nun mit den Vorurteilen aufräumen und dem drohenden Fachkräftemangel entgegenarbeiten.

Bereits heute sind 60 Prozent der Berufskraftfahrer nach Angaben des Last Mile Logistik Netzwerks über 40 Jahre alt, 35 Prozent bereits über 50. „Wir haben langjährige, treue Mitarbeiter, aber auch einen hohen Altersdurchschnitt“, bestätigt Ute Burgmer, Geschäftsführerin der gleichnamigen Spedition, die Altersstruktur. In ihrem Betrieb seien sogar schon 37 Prozent der Fahrer über 60 Jahre alt und gingen in den nächsten Jahren in Rente. Demgegenüber steht die niedrige Ausbildungsquote von 0,6 Prozent in NRW. Zum Vergleich: Im Durchschnitt aller Berufe beträgt die Ausbildungsquote sechs Prozent. Verschärft wird die Lage der Logistikbranche zusätzlich dadurch, dass 40 Prozent der Auszubildenden ihre 36.000 Euro teure dreijährige Lehre nicht beenden.

Ziel: Ausbildungsquote steigern

„Ausbildungsbrücke in die Logistikbranche“ heißt der etwas sperrige Titel des Projekts der Arbeitsagentur, das die Lösung bringen soll. Dahinter steckt ein an und für sich einfacher Plan: Logistikunternehmen verpflichten sich, ihre Ausbildungsquote für Berufskraftfahrer zu erhöhen. Im Gegenzug beteiligt sich das Land an den dafür anfallenden Kosten und die Jobcenter suchen nach geeigneten Kandidaten. Innerhalb der nächsten fünf Jahre soll so die Ausbildungsquote auf mindestens drei Prozent gesteigert werden. In einem der ersten Schritte müsse dafür aber zunächst das Image des Berufskraftfahrers verbessert werden. In dem Punkt sind sich die Spedition Burgmer sowie der Logistikdienstleister Dachser, die sich beide an dem Vorhaben beteiligen wollen, einig. Denn „es wird über unsere Branche immer nur negativ berichtet“, sagt Ute Burgmer. Daher stimme das Bild der Öffentlichkeit nur wenig mit der Realität überein, ergänzt Werner Papencordt, Leiter der Dachser Niederlassung in Herne.

Beruf mit vielen Facetten 

Dabei sei der Beruf Kraftfahrer doch „ein hochinteressanter“ mit vielen Facetten: So gehört nicht nur die Fahrzeugführung zur Ausbildung. Die Lehrlinge lernen zudem Touren zu planen und vorzubereiten, das Fahrzeug zu reparieren sowie kaufmännische Grundlagen. Jugendliche bräuchten auch keine Angst mehr zu haben, später im Berufsleben tagelang von der Familie getrennt zu sein: „Die Touren werden immer kürzer“, berichtet Ute Burgmer, „80 Prozent unserer Fahrer sind abends zu Hause.“ Das wahrscheinlich überzeugendste Argument bringt aber Joachim Grollmann, Leiter des Last Mile Logistik Netzwerkes: „Der Beruf Kraftfahrer ist eine zukunftssichere Angelegenheit.“

Vielleicht hat die Landesregierung deshalb bereits grünes Licht für das Projekt gegeben – wenn auch vorerst nur mündlich. 50 Prozent der Kosten übernehme sie, sollte das Vorhaben zustande kommen. Denn noch fehlen acht bis zehn weitere Unternehmen, die sich beteiligen wollen, um das Projekt umzusetzen. Warum sich andere Firmen engagieren sollten, ist für Ute Burgmer eine einfache Frage: „Sie stehen doch vor dem gleichen Problem wie wir.“