Herne. Gab es auf Seiten der Stadt Versäumnisse oder Fehler bei der Aufsicht über die Rekultivierung der Thyssenhalde? Nein, erklärt die Verwaltung.

Bis vor wenigen Tagen war es einfach nur eine riesige Mondlandschaft, die Jogger, Radfahrer und Spaziergänger links oder rechts liegen ließen, wenn sie auf der Erzbahntrasse oder der Plutohalde im Wanner Westen unterwegs waren. Doch die Berichte über das Abladen illegalen Mülls und aktuelle staatsanwaltlichen Ermittlungen lassen die Thyssenhalde plötzlich in einem ganz anderem Licht erscheinen.

Ein mit Flatterband markierter Holzpflock – ist das eine vom anonymen Hinweisgeber angegebene Stelle, an der die Firma Heinrich Becker unerlaubterweise Bauschutt und Hausmüll abgeladen hat? Eine größere Aufschüttung am Rande des Geländes – schlummern darunter etwa belastete Gießerei-Altsande?

Neue Vorwürfe gegen den Bottroper Entsorger Becker – Stichwort: Verfüllung von Schächten mit krebserregenden Stoffen – geben solchen Gedanken über die einstige Deponie für Gichtgasschlämme neue Nahrung. Beweise oder gar einen Nachweis, dass auf der Wanner Halde neben Bauschutt und Hausmüll auch hochgiftige Stoffe gelandet sind, liegen bis heute nicht vor.

Auch der von der Stadt beauftragte Gutachter ist in dieser Richtung nicht fündig geworden, was zu der Botschaft führte: Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung sind nach allen vorliegenden Informationen ausgeschlossen. Aber: Dichtigkeit und Standfestigkeit des Bauwerks könnten auf lange Sicht in Gefahr sein.

In Herne stellt sich noch eine andere Frage. Ist die Stadt als zuständige Aufsichtsbehörde ihrer Verantwortung gerecht geworden? Ja, erklärt Stadtsprecher Horst Martens auf WAZ-Anfrage. Und: Es gebe keine Versäumnisse. Die Verwaltung habe vor Aufnahme der Arbeiten auf der Halde mit dem Landesumweltamt Hagen „ein engmaschiges Kontrollsystem“ erstellt. Dazu gehörten u.a. monatliche Baustellenbesprechungen und Betriebstagebücher. Dieses System könne nur unterlaufen werden, so die Stadt, „wenn mehrere Leute mitmachen“ – was offenbar der Fall war. Gerd Werner vom Fachbereich Umwelt formuliert es so: „Wir können ja nicht 24 Stunden daneben stehen.“

Dem Deponieeigentümer ThyssenKrupp (Real Estate) hat die Stadt 2006 die Auflage erteilt, zur Begleitung der Rekultivierung einen „unabhängigen Sachverständigen“ einzusetzen. Das ist erfüllt worden – durch die Becker GmbH, die auch diese Pflicht von dem Konzern übernahm und einen Gutachter verpflichtete. Aus rechtlicher Sicht ist an diesem Konstrukt offenbar nicht zu rütteln. Ob das System aber einer echten Kontrolle förderlich ist, sei dahin gestellt.

Bis Ende 2013 sollte die Umgestaltung der einstigen Deponie zum „begehbaren Landschaftsbauwerk“ abgeschlossen sein. Mit dem knapp einjährigen Stillstand ist dieser vom Eigentümer aufgestellte Zeitplan hinfällig geworden. Die Ausweitung der Ermittlungen lässt nicht gerade den Schluss zu, dass hier buchstäblich schneller Prozess gemacht werden kann – auch wenn Becker (über einen Anwalt) und ThyssenKrupp zumindest nach außen immer wieder ihre Bereitschaft zur Kooperation signalisieren.