Essen/Herne. . Der Verdacht um illegale Müllentsorgung eines Unternehmens aus NRW weitet sich aus. NRW-Umweltministerium und RAG bestätigten einen Medienbericht, wonach nicht nur auf der Thyssen-Halde in Wanne-Eickel brisante Funde festgestellt worden sind.

Die Mitwisser wollten ihre Namen aus der Sache raushalten. Aber sie blieben dran. Im Juni 2010 brachten sie nach Informationen dieser Zeitung die Angelegenheit ins Rollen. Nach und nach versorgten sie die RAG, Thyssen-Krupp, die Stadt Herne und die Staatsanwaltschaft Bochum mit brisanten Hinweisen: Das Unternehmen Becker aus Bottrop, so die Tipps, sollte auf der Thyssen-Halde in Wanne-Eickel, aber auch bei der Füllung geschlossener Bergwerksschächte illegale Abfälle verbauen. Am Ende ausführlicher Ermittlungen waren Stadt Herne und RAG tatsächlich fündig geworden.

Bei Proben auf der Thyssen-Halde entdeckten Gutachter Ende August in bis zu 4,50 Metern Tiefe Autoreifen, alte Klos oder Textilien. Hinweise auf den Einbau gefährlicher Stoffe aus einer Müllverbrennungsanlage oder giftiger Gießerei-Altsande bestätigten sich nicht, so die Stadt Herne. Aber: Weil auf der ehemaligen Deponie hochgiftige Gichtgasreinigungs-Schlämme aus früherem Hochofenbetrieb lagern, könnten allein die illegale Abfälle gefährlich werden. Sie bedrohten Standfestigkeit und Dichtheit der Halde – und damit das Grundwasser.

"Kriminelle Energie am Werk"

Die RAG setzte aufgrund der anonymen Hinweise zunächst die eigene Revision in Gang. Im Spätsommer dieses Jahres fand der Konzern krebserregende Gifte in Füllmaterial, das für einen geschlossenen Schacht der Zeche Lippe bestimmt war. „Die Grenzwerte waren überschritten“, sagte ein Sprecher. Der Konzern informierte Staatsanwaltschaft sowie Behörden und kündigte die Zusammenarbeit mit Becker. „Unseren Erkenntnissen zufolge ist es möglich, dass kriminelle Energie am Werke war“, so der RAG-Sprecher. Alles weitere müsste die Staatsanwaltschaft klären. Die RAG unterstütze deren Arbeit. Mittlerweise hat sich auch das NRW-Umweltministerium eingeschaltet. „Die Stabsstelle Umweltkriminalität begleitet die Ermittlungen“. sagte ein Sprecher.

Die Firma Heinrich Becker war laut Internetseite allein von 2000 bis 2009 in großem Stil für namhafte Unternehmen in NRW aktiv. Sie verdient ihr Geld unter anderem mit dem Abriss alter Industrie-Anlagen und der Abfall-Entsorgung. Anwälte des Unternehmens erklärten auf Anfrage, Becker würde bei der Klärung der Vorwürfe mithelfen. Einem eigenen Gutachten zufolge, so berichtet der Spiegel, sei die Thyssen-Halde in ihrer Standfestigkeit nicht gefährdet. Es sei dort auch kein Gift verbaut worden.

Die Staatsanwaltschaft in Bochum ermittelt und äußerte sich bisher nicht zum Verfahren. Auch das NRW-Umweltministerium hält sich bedeckt. Ein Sprecher: „Wir rechnen mit einem langwierigen Verfahren.“