Herne/Bochum. Ein Gutachten bestätigt jetzt endlich, was die Nachbarn eines Recycling-Unternehmens schon lange riechen: die Geruchs-Beeinträchtigungen sind erheblich. Nun Der Regierungspräsident macht Angelegenheit deshalb zur Chefsache.

Ende 2007 – Stefan Fleischmann will die Gerüche vor seiner Haustür nicht mehr ertragen. Der 41-Jährige, der in Riemke wohnt, seine Kinder aber in Herne zur Schule schickt, entscheidet sich zur Gegenwehr. Zunächst hört sich Fleischmann in der Nachbarschaft um. Er will wissen: Wie viele Menschen klagen in Bochum und Herne über jenen Müll-Gestank, der von dem Riemker Recyclingunternehmen Kost ausgeht?

In einem Umkreis von einem Kilometer werfen Fleischmann und die Mitglieder der Interessengemeinschaft Gartensiedlung Flugblätter in die Briefkästen. Nach und nach stellt sich heraus: Die Menschen im Herner Süden, aber auch jene in Riemke beschweren sich zu Hunderten. Allein in jenem Ein-Kilometer-Umkreis, den Fleischmann und Mitstreiter zunächst ins Visier nehmen, wohnen der Interessengemeinschaft zufolge mehr als 10 000 Bürger.

Information um Information sammeln die Kämpfer gegen den Gestank. Sie hinterfragen Genehmigungen, befragen Experten und machen sich bei öffentlichen Bürgerversammlungen und in Briefen mehrfach Luft. Die Kommunalaufsicht reagiert zunächst mit einer Ordnungsverfügung, die den bei Kost gelagerten Grünabfall betrifft. Als auch diese erfolglos bleibt, gibt sie ein Geruchsgutachten in Auftrag. Die Schnüffelnasen nehmen Proben, untersuchen, ob die Geruchsbelästigungen die gesetzlich geregelten Ausmaße übersteigen. Über ein halbes Jahr lang sammeln die Experten Daten. Die Zeit des Wartens beginnt. Und der Gestank? Der kommt wieder und immer wieder.

Ergebnis der staatlichen Schnüffelei:Gleich an mehreren Probepunkten gibt es „nachhaltige Beeinträchtigungen”

Am Donnerstag nun präsentieren Gutachter und Kommunalaufsicht die Ergebnisse der staatlichen Schnüffelei: Gleich an mehrere Probepunkten gibt es „nachhaltige Beeinträchtigungen”, so die Bezirksregierung. Die Bewohner der Südstraße, jene der südlichen Strehlener Straße, der Riemker Straße in Herne sowie die Anwohner von Meesmann- und Keplerstraße in Bochum sind im Besonderen betroffen. „Auch mir stinkt's. Wir müssen und werden durchgreifen”, lässt der Chef der Bezirksregierung, Helmut Diegel, bereits am Vormittag verlauten.

Die Anwohner nehmen die Nachricht aus Arnsberg erleichtert entgegen. „Jetzt haben wir es amtlich, wir sind keine Randalemacher und auch unsere Nasen sind okay”, sagt Richard Blome (41). Auch Raimund Pöpping (66), Anwohner der Feldkampstraße, fällt „ein großer Stein vom Herzen”.

Überraschend an den Aussagen der Gutachter: Es ist nicht – wie bisher angenommen – der organische Abfall, der im Besonderen riecht. Es müffelt vor allem nach normalem Müll. Der bei Kost gelagerte Grüne-Punkt-Abfall muss dafür die Quelle sein.

Unternehmer will erst abwarten

Unternehmer Paul Kost will zunächst abwarten, bis das Gutachten schriftlich vorliegt und dann entsprechende „Maßnahmen ergreifen”. Das Heft des Handelns liege bei der Bezirksregierung, er aber sei zu konstruktiven Gesprächen bereit, so Kost zur WAZ.

Wie der Gestank verschwinden soll, ist bisher offen. Aber: Die Anwohner wollen den weiteren Fortgang des Verfahrens sehr genau beobachten. „Der Geruch muss weg”, sagt Fleischmann. Die Aussagen des RP, der das Thema gestern zur Chefsache erklärt hat, seien lediglich ein Teilerfolg. Wenn es hart auf hart gehe, wollen die Anwohner vor dem Verwaltungsgericht klagen. „Das Thema ist noch nicht vom Tisch”, so Fleischmann.