Herne. Ministerin Mona Neubaur war Gast in Herne. Das dickste Lob richtete sie ausgerechnet an den wichtigsten Mann einer anderen Partei - an OB Dudda.
Der Appell, sich für die Demokratie und gegen Strömungen von Rechts einzusetzen, stand im Mittelpunkt des Maiempfangs der Grünen-Fraktion in Herne. Gastrednerin war die Grüne Mona Neubaur, NRW-Wirtschaftsministerin und stellvertretende NRW-Ministerpräsidentin. Ungewöhnlich: Das dickste Lob bekam kein Parteifreund, sondern der SPD-Mann Frank Dudda.
Dass bei allem politischen Disput im Rat die Vertreterinnen und Vertreter fast aller Fraktionen in Herne kollegial und respektvoll miteinander umgehen, zeigte sich einmal mehr beim Maiempfang der größten Ratsopposition im Veranstaltungszentrum Gysenberg. Gäste aus fast allen Parteien waren am Dienstag, 14. Mai, vor Ort und tauschten sich bei Bier und Weißwein aus. Das ist in anderen Städten so nicht die Regel. Eingeladen waren ebenso Vertreterinnen und Vertreter aus Verwaltung, Politik, Organisationen, Vereinen und Verbänden. Grünen-Fraktionschef Thomas Reinke lobte in seiner Begrüßung vor 180 Menschen dieses Miteinander der demokratischen Parteien, die Herne gemeinsam und auf Augenhöhe weiterentwickeln wollten. Zugleich rief er dazu auf, die gemeinsamen Werte, ja nichts Geringeres als die Demokratie zu verteidigen.
Herne: Neubaur ruft zur Wahl auf
In diesem Zusammenhang kritisierte Reinke die Angriffe auf Politiker im Wahlkampf, unter anderem gegen den Essener Bürgermeister Rolf Fliß (Grüne), der auch zu dem Treffen nach Herne gekommen war und der seine Erlebnisse in den Gesprächen aus erster Hand schildern konnte. Reinke stellte klar, dass man sich von den Attacken nicht einschüchtern lassen werde. Herne arbeite sowieso vorbildlich gegen Rechts: Das Bündnis Herne sei da rege und plane regelmäßig Aktionen, außerdem habe die Politik jüngst das „Herner Versprechen“ unterzeichnet, in dem sich die demokratischen Parteien verpflichtet haben, niemals mit der AfD zu kooperieren und zusammenzuarbeiten.
Mona Neubaur rief ebenfalls dazu auf, Flagge gegen Populisten, Antidemokraten und Rassisten zu zeigen. In ihrer rund 20-minütigen Rede, frei gesprochen, spannte sie einen ganz weiten Bogen von Themen wie Energieversorgung über Desinformationskampagnen und Exportland NRW bis hin zu Start-ups und Europawahl. Was Letztere angeht, rief sie zur Wahl auf. Europa, so die 46-Jährige, sei kein Bürokratiemonster, sondern „unsere Bank für Freiheit und Sicherheit“.
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Ein dickes Lob - „sorry, liebe Grüne“ - richtete die Ministerin an Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD), der ebenfalls vor Ort war und zu den letzten Gästen gehörte, die am Abend gingen. Zu lange habe es Kirchturmdenken im Ruhrgebiet gegeben, Dudda gehe da einen anderen Weg und suche die Zusammenarbeit mit anderen Städten. Außerdem habe er eine „Erzählung“, sprich: eine Marschroute, wie er Herne und das Ruhrgebiet voranbringen wolle. Dabei nutze er auch Fördermöglichkeiten wie das 5-Standorte-Programm. Kurz: Der Herner OB agiere „sehr, sehr geschickt“. Grünen-Fraktionschef Reinke war das fast zu viel des Lobes für den SPD-Mann. „Ein Taktikfuchs ist er“, kommentierte Reinke.
In den obligatorischen Geschenkkorb für die Gastrednerin hatte die Grünen-Fraktion auch einen Fritzpin, den Anstecker mit dem Kirmesmaskottchen, gelegt. Neubaur war begeistert. Ob sie im August wieder zum Crange-Auftakt, also zum Fassanstich mit dem OB, ins Bayerenzelt kommt? So wie im vergangenen Jahr? „Wenn ich eingeladen werde, werde ich nicht Nein sagen“, stellte sie klar. Ob OB Dudda nach so viel Lob für seine Arbeit ihr diese Einladung jetzt noch verwehren kann?