Herne. „Open Library“: Nach Vorbild Skandinavien soll sich die Stadtbibliothek Herne für die Zukunft rüsten. Was das für die Besucher bedeuten würde.
So will sich die Stadtbibliothek Herne für die Zukunft rüsten: Die Stadt will die Öffnungszeiten flexibler gestalten. Das sagt Bildungsdezernent Andreas Merkendorf zur WAZ. Die Stadtbibliothek auch abends besuchen? Oder mal am Mittwoch oder Sonn- und Feiertag? Das Rathaus will sich bewegen: „Wir wollen die Öffnungszeiten kundenfreundlicher gestalten“, so der Dezernent. Er plant eine Pilotphase.
Der Anstoß für neue, flexiblere Öffnungszeiten kommt aus der Politik. Zunächst legten die Grünen einen Antrag für einen Testlauf vor: Eine der beiden Stadtbibliotheken in Herne und Wanne soll im Winter auch am Sonntag öffnen. Anschließend folgte ein gemeinsamer Antrag von CDU und SPD, der noch weiter geht: Geprüft werden soll, ob beide Bibliotheken eine „Open Library“ (Deutsch: „Offene Bücherei“) werden können. Am Ende entschied sich der Kulturausschuss für die Variante der Ratskoalition.
In vielen Ländern schon Standard
Open Library? Dieses Konzept stammt unter anderem aus Skandinavien und ermöglicht es Menschen, auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten die Bibliothek zu besuchen. Dort arbeitet dann wenig bis gar kein Personal, die Besucherinnen und Besucher können sich aber in den Räumen aufhalten, das Angebot nutzen und über Terminals sogar selber Medien ausleihen. In vielen Ländern gehören Open Libraries längst zum Standard, auch in Deutschland gibt es mehrere Dutzend, darunter in Hamburg.
Die Stadtbibliotheken in Herne und Wanne haben bislang Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 10 bis 19 (Herne) beziehungsweise bis 18 Uhr (Wanne) geöffnet, am Samstag von 10 bis 13 Uhr. Mittwochs sind beide Einrichtungen dicht, ebenso sonntags. Diese Öffnungszeiten reichten nicht mehr aus, so die Parteien in ihren Anträgen. Die Voraussetzungen für Besuche auch zu später Stunde oder an Sonn- und Feiertagen seien in Herne mittlerweile geschaffen: Sowohl im Kulturzentrum in Herne-Mitte als auch am Postpark in Wanne-Mitte gebe es seit 2023 Selbstverbuchungsterminals: Nutzerausweis an einem Terminal einscannen, Bücher ausleihen oder abgeben, Beleg ausdrucken - fertig.
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Bei Bildungsdezernent Merkendorf rennt die Politik offene Türen ein. Er begrüße den Vorstoß für eine „Open Library“, sagt er zur WAZ. Und stellt klar: Zu flexibleren Öffnungszeiten gehöre auch eine Sonntagsöffnung. Geprüft werden müsse aber zunächst, wie das Ganze realisiert werden könne. An welchen Tagen, an welchen Orten und wie lange ist eine Verlängerung der Öffnungszeiten sinnvoll? Gibt es Bibliotheksmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, die auch abends, am Mittwoch oder am Sonntag arbeiten wollen? Oder reicht Sicherheitspersonal? Diese Fragen, aber auch noch zahlreiche andere, müssten noch geklärt werden. Bis Ende des Jahres wünscht er sich ein Ergebnis. Anschließend könne, wenn die Voraussetzungen geschaffen seien, eine Pilotphase durchgeführt werden.
Auch wenn Grüne auf der einen und CDU/SPD auf der anderen Seite im Kern dasselbe wollten: Im Kulturausschuss kochten am Mittwoch, 24. April, die Emotionen noch mal kurz hoch. Grünen-Ratsfrau Tina Jelveh ärgerte sich darüber, dass die Ratskooperation kurz vor der Sitzung ihren Open-Library-Antrag einbrachte, nachdem die Grünen ihren Antrag auf verlängerte Öffnungszeiten längst gestellt hatten. Mehr noch: Es wurden plötzlich Zweifel laut, dass der Grünen-Antrag nicht rechtskonform sei. So kam es, dass die rot-schwarze Mehrheit ihren eigenen Antrag durchbrachte und den Grünen-Antrag ablehnte. Die Grünen waren bedient. Ausschussvorsitzende Bettina Szelag kann den Ärger der Oppositionspartei nicht nachvollziehen: „Unser Antrag geht weiter“, stellte die CDU-Ratsfrau gegenüber der WAZ klar.
Am Ende war aber auch Grünen-Ratsfrau Jelveh besänftigt. „Wir freuen uns, dass nach jahrelangen Bemühungen die Verwaltung ernsthaft eine baldige Umsetzung der Sonntagsöffnung der Bibliothek in Aussicht gestellt hat“, sagt sie in einer Mitteilung.