Herne. In Herne wird auf dem Ostfriedhof das erste Indoor-Kolumbarium eröffnet. Der Ort fasziniert - und hat Platz für sehr viele Urnen.
Letzte Ruhestätte „Nische 416“... In dem Fach hinter der Stahlplatte könnte einmal ein langes Leben einen Endpunkt finden, alleine oder zu zweit. In jedem der kleinen Schränkchen ist Platz für zwei Urnen, gut gesichert mit stabilen Schrauben. Seine letzte Ruhestätte kann man sich schon zu Lebzeiten reservieren. Gut 1200 Urnen können bei „Vollauslastung“ in der umgebauten historischen Friedhofskapelle auf dem Ostfriedhof zwischen Horsthausen und Sodingen Platz finden. Herne eröffnet sein erstes Innenraum-Kolumbarium – ein modernes Schmuckstück.
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Letzte Ruhestätte auf dem Ostfriedhof - Sanierung kostet 1,9 Millionen Euro
Die Anlage erinnert in den Abmessungen an eine Schließfachanlage am Bahnhof. 516 dieser Doppel-Fächer sind im Hauptraum der Kapelle, im hinteren Bereich befindet sich noch eine Gemeinschaftsanlage für weitere 144 Urnen. Die alte Friedhofskapelle wurde für 1,9 Millionen Euro saniert und zum Kolumbarium umgebaut. „... dem Ort wieder zum Leben verholfen“, sagt Oberbürgermeister Frank Dudda. Die Ruhestätte für die Toten soll ein würdevoller Ort für die Lebenden sein. Sie kostet allerdings auch mehr als das Doppelte des ursprünglich Veranschlagten.
Ein großer Lichtkranz an der Decke leuchtet die Kapelle geschickt aus. Indirektes Licht lässt die Urnenschränke scheinbar schweben. Die historischen Materialien sind im modernen Stil ergänzt worden, ohne die alte Architektur zu zerstören. Die restaurierten alten Glasfenster prägen die Farben. In der Kapelle ist noch Platz für kleine Trauerfeiern. Angehörige sollen künftig rund um die Uhr mit einer Chipkarte die elektronisch verschließbaren Türen öffnen können. Für andere Besucherinnen und Besucher soll es feste Besuchszeiten geben.
Die Stadt folge der Nachfrage, den Veränderungen in der Bestattungskultur, betont der Oberbürgermeister. Während vor 20 Jahren nur die wenigsten Menschen mit dem Begriff des Kolumbariums etwas anfangen konnten, sind die modernen Urnenschränke mittlerweile von fast keinem Friedhof mehr wegzudenken. Viele Hinterbliebene schätzen das Gedenken ohne Grabpflege. Oft stehen die Schränke allerdings draußen. Die Kapelle auf dem Ostfriedhof ist der erste Raum für die Urnenfächer.
Platz für ein Teelicht und ein Reagenzglas mit Blume
Ursprünglich war kalkuliert worden, dass in jedem Fach nur Platz für eine Schmuckurne und eine etwas kleinere rein funktionale Urne sein sollte. Bei den Nachkalkulationen habe sich aber ergeben, dass zwei große Urnen hineinpassen, betonen die Verantwortlichen. Das trage auch dem Wunsch vieler Bestatter Rechnung, die ihrerseits die Ansprüche vieler Angehörigen weitergeben.
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Für die Vorstellung hat die Stadt eigenes eine Musterplatte anfertigen lassen, die künftig vor einem Fach hängen könnte. Die Aufschrift ist frei wählbar. Der fiktive Verstorbene heißt Bernd Scholz, wurde am 8. April 1939 geboren und starb am 22. Juni 2023. Auch hier wäre noch Platz für eine weitere Gravur. An jeder Platte ist ein Halter für ein elektrisches (!) Teelicht und ein schmales Reagenzglas für einzelne Blumen. Eine Ablagefläche für Blumen-Gestecke wird künftig draußen sein. Drinnen steht nur ein künstlicher Baum mit rieselndem Kunststoff-Herbstlaub. Die Gestaltung entwarf das Architekturbüro Laboda.
Was kostet die Beisetzung einer Urne in der Nische im Kolumbarium?
Der Platz im Kolumbarium ist nicht der billigste unter allen Beisetzungsformen. Gut 2150 Euro kostet die stille Beisetzung im Kolumbarium, erklärt Stadtgrün-Leiter David Hucklenbroich. Darin enthalten sind die Nutzungsgebühren für zwölf Jahre, aber auch der Platz für die zweite Urne, für die dann noch einmal knapp 150 Euro Beisetzungsgebühr fällig würden. Die Nutzungszeit lässt sich später verlängern. Wer schon zu Lebzeiten einen Blick auf „Nische 416“ (oder jede andere) gelegt hat, kann sich bald auch schon einen Platz reservieren.
Bezirksbürgermeister Mathias Grunert (SPD) erinnert daran, dass die Pläne für den Umbau mittlerweile 13 Jahre alt sind. Bevor der Umbau starten konnte, gab es 2017 noch einen Brand auf dem seit 2006 geschlossenen Ostfriedhof. Zwischenzeitlich wollte die Politik wegen der gestiegenen Kosten sogar mal den Stecker ziehen. Letztlich wurde in den vergangenen zwei Jahren gebaut. Der Haupteingang ist jetzt barrierefrei und über eine neue, breite Rampe erschlossen. In der Kapelle wurde ein behindertengerechtes Besucher-WC errichtet.