Herne. Die Ermittlungen nach einem Verbrechen in Herne liefern keine erkennbaren Fortschritte. Was passiert gerade hinter den Kulissen?

Gut drei Wochen nach der Bluttat an der Magdeburger Straße im Herner Stadtteil Eickel haben die Ermittler noch keine Täterin oder keinen Täter präsentieren können. Ein 66-Jähriger wurde zunächst lebensgefährlich verletzt, als ihm sein Penis abgeschlagen oder abgeschnitten wurde. Das Genital bleibt weiter verschwunden. In Leserbriefen und Kommentaren wird immer wieder gefragt, warum es in dem Fall scheinbar keine Fortschritte gibt. Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengestellt.

  • In Herne wurde ein Mann am 27. Februar mit abgetrenntem Penis gefunden
  • Der 66-Jährige wird lebensgefährlich verletzt
  • Das Genital bleibt verschwunden, eine Tatwaffe ist nicht aufgetaucht
  • Die Polizei ermittelt in einer Mordkommission
  • Ein Unfall oder eine Selbstverletzung sind mittlerweile ausgeschlossen

+++ Penis abgetrennt: Alle Hintergründe zum Fall aus Herne +++

1. Kümmert sich überhaupt noch jemand um den Fall?

Ja, bei der Kriminalpolizei ermittelt weiter eine Mordkommission. Diese wird geleitet von Oberstaatsanwalt Andreas Bachmann. Wie viele Menschen auf der Ermittlerseite involviert sind, verrät die Staatsanwaltschaft auf Nachfrage nicht. Die Mordkommission trägt Beweisstücke zusammen, vernimmt Zeugen und wertet Daten aus. Mehrere Menschen arbeiten Vollzeit an der Aufklärung der Tat. Der Fall ist noch längst nicht zu den Akten gelegt.

2. Treten die Ermittler wirklich auf der Stelle?

Das lässt sich von außen schwer beurteilen. Polizei und Staatsanwaltschaft bestreiten, dass die Ermittlungen stocken. Dass es nichts erkennbar Neues gibt, sagt außerdem wenig aus. Selbst bei einem konkreten Verdacht, wäre es eher die Regel, dass Polizei und Staatsanwaltschaft erst über einen Ermittlungserfolg sprechen, wenn ein Verdacht sich auch gerichtsfest bestätigt hat.

Die Polizei geht jetzt sicher von einer Straftat aus. Im konkreten Fall liegt laut Ermittlern eine sogenannte Beziehungstat nahe. Das heißt: Täter und Opfer dürften sich gekannt haben. Wer hatte schon mal Streit miteinander? Wer hat vielleicht schon einmal gedroht? Wer hätte ein Motiv? Die Regel ist, dass dann der komplette Schriftverkehr und Adressbücher ausgewertet werden. Die Ermittler sind in ihrer Arbeit oft mit einer Datenflut konfrontiert. Kein Ansatz ist ausgeschlossen. Dabei sind auch ungewöhnliche Methoden denkbar. Im konkreten Fall war beispielsweise ein Hund der einzige Zeuge der Tat. Die Polizei hatte es bereits theoretisch für möglich gehalten, dass auch ein Hund, dessen Verhalten mithilfe externer Experten analysiert wird, zu einem Ermittlungserfolg beitragen kann. Solche Analysen und Ansätze kosten aber viel Zeit.

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3. Warum veröffentlicht die WAZ keine Details zum Opfer?

Der Schutz des Opfers steht an erster Stelle. Allerdings hat die Tat schon aufgrund ihrer Schwere eine erhebliche Relevanz, sodass wir im Grundsatz über die Tat berichten. Dazu kommt die Tatsache, dass öffentlich nach Hinweisen auf Täter gefahndet wird. Die Redaktion beschränkt sich in der Berichterstattung aber auf die Angaben, die nach aktuellem Stand für die Tat relevant sind. Polizei und Staatsanwaltschaft hatten sich beispielsweise bewusst dafür entschieden, den Beruf des Opfers nicht öffentlich zu nennen - weil sie diesen auf der Suche nach Hinweisen nicht für relevant hielten. Wir haben aktuell keinen Anlass, an dieser Darstellung zu zweifeln. Sollten sich andere Details für die Tat als relevant herausstellen, kann sich diese Bewertung ändern.

4. Was ist an den Gerüchten dran?

Zahlreiche Gerüchte wabern durch die Sozialen Netzwerke. Von den Mutmaßungen ist allerdings nichts durch die Polizei bestätigt worden. Etliche geschilderte Tatsachen sind außerdem schlichtweg falsch.

5. Wie hoch ist die Aussicht auf einen Ermittlungserfolg?

Das wissen letztlich nur die Ermittler. Sollte es sich tatsächlich um eine Form von Beziehungstat handeln, gilt es eher als eine Sache der Zeit, bis ein Täter oder eine Täterin ermittelt sind. Es ist auch weiter denkbar, dass sich unter dem Fahndungsdruck eine Täterin oder ein Täter stellt. Allerdings blieb bislang auch ein schneller Erfolg aus.

6. Welche Details zu dem Fall werden noch herauskommen?

Es ist grundsätzlich denkbar, dass die Ermittler mit weiteren Details an die Öffentlichkeit gehen, um den Fahndungsdruck zu erhöhen. Sollte es zu einem Ermittlungserfolg kommen, werden sich die Angaben wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit des Opfers aber auf den wesentlichen Tatablauf beziehen. Dass es eine Belohnung für Hinweise geben soll, wie von anderen Medien berichtet, bestätigt die Polizei so nicht.

Ein Blick in die Magdeburger Straße in Herne: Hier passierte die Tat.
Ein Blick in die Magdeburger Straße in Herne: Hier passierte die Tat. © WAZ | Arne Poll

7. Wie geht es dem Opfer heute?

Bekannt und durch die Polizei bestätigt ist nur, dass der Mann außer Lebensgefahr ist. Die Ermittler wollen aktuell nicht sagen, ob der Mann bereits ausgesagt hat oder aussagefähig ist. Sie beziehen sich dabei auf „ermittlungstaktische Gründe“.

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8. Was macht den Fall so besonders?

Es handelt sich um eine sehr schwere Straftat. Ob womöglich sogar ein Mord beabsichtigt war, wird aktuell ermittelt. Der konkrete Tatablauf macht die Tat außergewöhnlich. Die gesamte Situation deutet darauf hin, dass die Tat in jedem Fall dazu dienen sollte, den Mann herabzuwürdigen und nicht nur schwer zu verletzen. Eine Selbstverletzung wurde klar ausgeschlossen.

9. Sucht die Polizei weiter Hinweise?

Ja. Die Mordkommission bittet um Hinweise, die zur Aufklärung des Geschehens beitragen könnten, unter der Rufnummer 0234 909-4106 oder -4441 (Kriminalwache).