Herne. Ein lebensgefährlich verletzter Herner (66) ist Opfer eines Verbrechens geworden. Die Mordkommission schließt zwei Theorien nun aus.
Nach einer knappen Woche Ermittlungsarbeit sind Polizei und Staatsanwaltschaft jetzt sicher, dass der in Herne verstümmelte 66-Jährige Opfer eines Verbrechens geworden ist. Polizeibeamte hatten am frühen Dienstagmorgen (27. Februar) im Stadtteil Eickel einen lebensgefährlich verletzten Mann in seiner Wohnung gefunden. Dem Herner war sein Penis abgetrennt worden. Das Genital bleibt spurlos verschwunden.
„Die Staatsanwaltschaft geht von einem Fremdverschulden aus“, sagt Polizeisprecher Marco Bischoff auf Nachfrage. Zu Details äußern sich die Ermittler aktuell nicht. Damit spielt die zunächst ernsthaft untersuchte Theorie einer Selbstverstümmelung in der Ermittlung keine Rolle mehr. Die Ermittler hatten auch untersucht, ob der Hund des Mannes für die Verstümmelung und den Verbleib des Körperteils verantwortlich sein könnte, dies aber schnell für unwahrscheinlich gehalten.
Der Mann war bei dem Vorfall lebensgefährlich verletzt worden. Er liegt im Koma. Wer den Mann verstümmelt hat, ist weiter Gegenstand der Ermittlungen.
Update: So laufen die Ermittlungen – Dackel war wohl einziger Zeuge +++
Polizei hört schmerzvolle Stöhngeräusche aus dem Haus
So hatten wir zunächst berichtet:
„Ich habe Bellen gehört“, sagt der direkte Nachbar aus dem historischen Doppelhaus. Dann habe er die Polizei alarmiert, weil ihm das komisch vorkam. Der Nachbar zeigt sich schockiert, was Wand an Wand in dem Denkmal passierte. Der 66-Jährige soll alleine in der Haushälfte gewohnt haben. Das Grundstück ist anders als viele der Häuser hier schlechter gepflegt, das Opfer soll in dem Gebäude aber selbst einem eher angesehenen Beruf nachgegangen sein. Zur Nachbarschaft soll er kaum Kontakt gepflegt haben.
Tatort ist ein Einfamilienhaus an der Magdeburger Straße zwischen Koloniestraße und der Straße Sassenburg. Die Siedlung gilt als eher ruhig und bürgerlich. Die Polizei habe „aufgrund von Stöhngeräuschen aus dem Haus“ davon ausgehen müssen, dass ein Mensch auf Hilfe angewiesen war, sagt Polizeisprecher Frank Lemanis, und dann das Haus zusammen mit der Feuerwehr betreten.
In dem Haus sei der 66-jährige Hausbesitzer schwer verletzt aufgefunden worden. Was die Einsatzkräfte schockte: Der nicht-ansprechbare Mann habe keinen Penis mehr gehabt. Er sei so schwer verletzt gewesen, dass Lebensgefahr festgestellt wurde. Rettungskräfte der Feuerwehr hätten den Schwerverletzten versorgt und diesen anschließend ins Krankenhaus gebracht, heißt es. Laut Polizei soll sich der Gesundheitszustand des 66-jährigen Herners mittlerweile stabilisiert haben. Auch andere Nachbarn schildern ein furchtbares Szenario in der Nacht. „Es war schrecklich.“ Der direkte Nachbar zeigt sich froh, dass er die Polizei gerufen hat. „Ich habe ihm so wahrscheinlich das Leben gerettet.“
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Hund mit im Haus: Sieht die Polizei Zusammenhänge?
Was vor allem Rätsel aufgibt: Der Penis des 66-Jährigen bleibt verschwunden. Es sei auch keine Tatwaffe mit entsprechender Spurenlage entdeckt worden, sodass man darüber auch keine Rückschlüsse ziehen könne, erklärt Lemanis auf Nachfrage. Eine Selbstverstümmelung mit sexuellem Hintergrund sei auch nicht klar erkennbar, da neben dem Schwerverletzten kein Werkzeug gefunden wurde, das zu diesen Verletzungen hätte führen können. Auch der Hund, der sich mit dem Mann im Haus befand, schied direkt als Verursacher sehr wahrscheinlich aus. Dass dieser den Penis – nach welchem Szenario auch immer – gefressen haben könnte, hielten die Ermittler auf WAZ-Nachfrage für wahrscheinlich ausgeschlossen. Es soll sich nach WAZ-Informationen zudem um einen eher kleinen Dackel handeln. Grundsätzlich, das betonte die Polizei zunächst, schließe man aber nichts aus.
Als möglich gilt unter anderem, dass eine noch unbekannte Person den Mann überfallen und ihn so zugerichtet hat. Warum dann aber der Penis verschwunden ist, ist offen. In der Nachbarschaft hängen zahlreiche Überwachungskameras, die aber offensichtlich keine Verdächtigen aufgezeichnet haben, erfuhr die Redaktion. Wegen der Lage am Waldrand unmittelbar an der Stadtgrenze zu Bochum haben sich viele Nachbarn bereits gegen Einbruch und Überfälle gesichert.
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Was steckt hinter dem mysteriösen Fall?
Was steckt hinter dem mysteriösen Fall? „Die Mordkommission hat alle möglichen Szenarien durchgespielt“, sagt Frank Lemanis. Man halte aus Ermittlersicht aktuell alles für möglich und schließe quasi nichts aus. Wegen der massiven Verletzungen und der unklaren Ausgangslage hatte die Polizei noch in der Nacht eine Mordkommission unter der Sachleitung von Oberstaatsanwalt Andreas Bachmann von der Staatsanwaltschaft Bochum eingerichtet.
Trotz der pikanten Verletzungen habe sich die Staatsanwaltschaft gemeinsam mit der Polizei nun entschieden, den Fall mit zwei Tagen Verzögerung öffentlich zu machen, um nach weiteren Hinweisen zu suchen. Das könne ein Hinweis auf Besucher des Hauses sein, aber auch ein Kontakt zu dem 66-Jährigen. Das Opfer selbst konnte sich bislang nicht äußern. „Wir haben die Hoffnung, dass er selbst bald so stabil ist, dass er etwas dazu sagen kann.“
Die Mordkommission bittet um Hinweise, die zur Aufklärung des Geschehens beitragen, unter der Rufnummer 0234 909-4106 oder -4441 (Kriminalwache).
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