Bochum/Herne. Im Prozess um die Tötung einer Frau in Herne wird der Angeklagte schwer belastet. Seine Stieftochter schildert ein Missbrauchs-Martyrium.
Mit einer hochemotionalen Zeugenaussage ist am Bochumer Schwurgericht der Mordprozess um die mutmaßliche Ermordung einer Frau (53) an der Gräffstraße fortgesetzt worden. Die Tochter der Getöteten erhob schwere Vorwürfe gegen ihren angeklagten Stiefvater. „Er ist ein Mörder und Pädophiler“, sagte die 23-Jährige. Und musste dabei immer wieder mit den Tränen kämpfen.
„Zuerst war alles noch gut“
Als die in Wien lebende Zeugin am Mittwoch, 10. Januar, den Gerichtssaal betrat, duckte sich der schluchzende Angeklagte weg, hielt sich sofort schamvoll eine Hand vor das Gesicht. Auf einen möglichen Ausschluss der Öffentlichkeit vor ihrer Aussage verzichtete die Tochter. „Jeder soll wissen, was er gemacht hat“, sagte sie.
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Als sie vier Jahre alt war, sei der Angeklagte bei ihrer Mutter in eine Wohnung im 15. Bezirk in Wien eingezogen. „Zuerst war noch alles gut“, erinnerte sich die Zeugin. Als sie neun Jahre alt war, habe ihr Stiefvater plötzlich immer häufiger die Hand auf ihre Oberschenkel gelegt, sei später damit auch weitergewandert. „Zuerst habe ich mir nichts dabei gedacht. Ich war ein Kind und er war mein Ersatzvater“, hieß es. Im Laufe der Monate sei ihr das Ganze dann aber doch „komisch“ vorgekommen. Fortan habe ihr Stiefvater mehrfach nachts in ihrem Kinderzimmer sexuell angefasst. „Er hat immer gesagt, es ist nur ein Spiel“. Auch eine versuchte Vergewaltigung sei passiert, so die Zeugin. Für den Fall, dass sie auch nur einen Ton weitersage, soll der Stiefvater gedroht haben, alle umzubringen. „Das hat mich psychisch fertig gemacht“, so die 23-Jährige.
„Keiner hat mir geglaubt“
In ihrer Familie war die Tochter mit ihren Anschuldigungen jahrelang isoliert: „Keiner hat mir geglaubt.“ Sogar angespuckt worden sei sie. Erst nachdem sie 2021 Strafanzeige erstattet habe, habe sich das Blatt gewendet. Ihre zwischenzeitlich nach Herne umgezogenen Mutter sei auf ihre Seite gewechselt, habe ihr anvertraut, auch vom Angeklagten vergewaltigt worden zu sein. Die Mutter habe den Mann rausgeworfen, wollte sich scheiden lassen, zurück nach Wien ziehen. Das habe der Stiefvater aber partout nicht akzeptieren wollen. „Er hat meine Mutter umgebracht, weil ich es gesagt habe“, ist die Zeugin überzeugt.
Laut Anklage ermordete der 50-Jährige seine Frau am 9. April 2023, um sie für die beabsichtigte Trennung zu bestrafen. Der Angeklagte hat die Tötung zugegeben, will aber angeblich zuerst mit dem Messer verletzt worden sein. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der 50-Jährige sich Stich- und Schnittverletzungen absichtlich selbst zugefügt, als Ablenkmanöver sogar das Tatmesser in die Hand der Leiche gelegt hat.